Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölftes Kapitel.

Leider auch ich ward burschikos!



Ich fand zu Gießen einige Landsleute, welche mich
zustutzten und mit dem Kommang, so wie ich ihn
hier beschrieben habe, vertraut machten. Ich sah
die Bursche, ich bewunderte sie und machte so recht
affenartig alles nach, was mir an ihnen als heroisch
auffiel. Da ich bemerkte, daß die meisten den Hut
queer trugen; so trug ich meinen auch so, und gefiel.
Zum Unglück war gleich nach der Abreise meines Va-
ters in Wiesek ein Kommers: ich wohnte demselben
bei, mußte über zehn Maaß Bier zur Strafe aus-
leeren, weil ich die Kommerslieder nicht auswendig
wußte, und erwarb über dreißig Dutzbrüder! Wer
war froher als ich! Dreißig honorige Bursche, die
ich von dem Augenblick an Du heißen durfte!
Calvin mag sich kaum so gefreut haben, über die
Quaalen des braven Servets in den Flammen, als
ich mich freuete, da ich den Degen am Balken be-
trachtete, woran die Hüte und mit ihnen die Brü-
derschaften angespießt waren! Ich sahe mich nun
mit ganz andern Augen an, als zuvor, und ward
um so eifriger in dem edlen Vorsatz, ein recht hono-
riger Bursch zu werden.


Zwoͤlftes Kapitel.

Leider auch ich ward burſchikos!



Ich fand zu Gießen einige Landsleute, welche mich
zuſtutzten und mit dem Kommang, ſo wie ich ihn
hier beſchrieben habe, vertraut machten. Ich ſah
die Burſche, ich bewunderte ſie und machte ſo recht
affenartig alles nach, was mir an ihnen als heroiſch
auffiel. Da ich bemerkte, daß die meiſten den Hut
queer trugen; ſo trug ich meinen auch ſo, und gefiel.
Zum Ungluͤck war gleich nach der Abreiſe meines Va-
ters in Wieſek ein Kommers: ich wohnte demſelben
bei, mußte uͤber zehn Maaß Bier zur Strafe aus-
leeren, weil ich die Kommerslieder nicht auswendig
wußte, und erwarb uͤber dreißig Dutzbruͤder! Wer
war froher als ich! Dreißig honorige Burſche, die
ich von dem Augenblick an Du heißen durfte!
Calvin mag ſich kaum ſo gefreut haben, uͤber die
Quaalen des braven Servets in den Flammen, als
ich mich freuete, da ich den Degen am Balken be-
trachtete, woran die Huͤte und mit ihnen die Bruͤ-
derſchaften angeſpießt waren! Ich ſahe mich nun
mit ganz andern Augen an, als zuvor, und ward
um ſo eifriger in dem edlen Vorſatz, ein recht hono-
riger Burſch zu werden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0118" n="104"/>
      <div n="1">
        <head>Zwo&#x0364;lftes Kapitel.</head><lb/>
        <p>Leider auch ich ward bur&#x017F;chikos!</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>ch fand zu Gießen einige Landsleute, welche mich<lb/>
zu&#x017F;tutzten und mit dem Kommang, &#x017F;o wie ich ihn<lb/>
hier be&#x017F;chrieben habe, vertraut machten. Ich &#x017F;ah<lb/>
die Bur&#x017F;che, ich bewunderte &#x017F;ie und machte &#x017F;o recht<lb/>
affenartig alles nach, was mir an ihnen als heroi&#x017F;ch<lb/>
auffiel. Da ich bemerkte, daß die mei&#x017F;ten den Hut<lb/>
queer trugen; &#x017F;o trug ich meinen auch &#x017F;o, und gefiel.<lb/>
Zum Unglu&#x0364;ck war gleich nach der Abrei&#x017F;e meines Va-<lb/>
ters in Wie&#x017F;ek ein Kommers: ich wohnte dem&#x017F;elben<lb/>
bei, mußte u&#x0364;ber zehn Maaß Bier zur Strafe aus-<lb/>
leeren, weil ich die Kommerslieder nicht auswendig<lb/>
wußte, und erwarb u&#x0364;ber dreißig Dutzbru&#x0364;der! Wer<lb/>
war froher als ich! Dreißig honorige Bur&#x017F;che, die<lb/>
ich von dem Augenblick an <hi rendition="#g">Du</hi> heißen durfte!<lb/><hi rendition="#g">Calvin</hi> mag &#x017F;ich kaum &#x017F;o gefreut haben, u&#x0364;ber die<lb/>
Quaalen des braven Servets in den Flammen, als<lb/>
ich mich freuete, da ich den Degen am Balken be-<lb/>
trachtete, woran die Hu&#x0364;te und mit ihnen die Bru&#x0364;-<lb/>
der&#x017F;chaften ange&#x017F;pießt waren! Ich &#x017F;ahe mich nun<lb/>
mit ganz andern Augen an, als zuvor, und ward<lb/>
um &#x017F;o eifriger in dem edlen Vor&#x017F;atz, ein recht hono-<lb/>
riger Bur&#x017F;ch zu werden.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0118] Zwoͤlftes Kapitel. Leider auch ich ward burſchikos! Ich fand zu Gießen einige Landsleute, welche mich zuſtutzten und mit dem Kommang, ſo wie ich ihn hier beſchrieben habe, vertraut machten. Ich ſah die Burſche, ich bewunderte ſie und machte ſo recht affenartig alles nach, was mir an ihnen als heroiſch auffiel. Da ich bemerkte, daß die meiſten den Hut queer trugen; ſo trug ich meinen auch ſo, und gefiel. Zum Ungluͤck war gleich nach der Abreiſe meines Va- ters in Wieſek ein Kommers: ich wohnte demſelben bei, mußte uͤber zehn Maaß Bier zur Strafe aus- leeren, weil ich die Kommerslieder nicht auswendig wußte, und erwarb uͤber dreißig Dutzbruͤder! Wer war froher als ich! Dreißig honorige Burſche, die ich von dem Augenblick an Du heißen durfte! Calvin mag ſich kaum ſo gefreut haben, uͤber die Quaalen des braven Servets in den Flammen, als ich mich freuete, da ich den Degen am Balken be- trachtete, woran die Huͤte und mit ihnen die Bruͤ- derſchaften angeſpießt waren! Ich ſahe mich nun mit ganz andern Augen an, als zuvor, und ward um ſo eifriger in dem edlen Vorſatz, ein recht hono- riger Burſch zu werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/118
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/118>, abgerufen am 19.04.2024.