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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Hierzu zeigte sich auch bald Gelegenheit. Es
studirte ein gewisser von Avemann in Gießen, ein
Erzrenommist und Schläger, vor dem man gewissen
Respekt äußerte, ob er gleich an Liederlichkeit seines
gleichen nicht mehr hatte. Es schien ihm sogar
der gesunde Menschenverstand zu fehlen. Dieser
Avemann nannte oder schalt mich einst auf dem
Schießhaus -- Fuchs. Ich nahm das Wort
häßl[ - 1 Zeichen fehlt]ch auf: denn meine Kameraden hatten mir auf-
gebunden, mich durchaus nicht Fuchs, krassen
Kerl
u. s. w. nennen zu lassen. Also trat ich zu
ihm, und verbath mir den Ehrentitel. Avemann
lachte mir ins Gesicht, worüber ich so erboßte, daß
ich ihn einen dummen Jungen nannte. Hierauf
hob er die Hand auf, um mich zu maulschelliren.
Meine Freunde hielten ihn zurück, und erklärten dem
Großsprecher, daß er Desavantage sey, und daher
von mir Satisfaktion fordern müßte. Avemann
ergrimmte schrecklich: denn nichts konnte ihm em-
pfindlicher seyn, als daß er, ein Erzrenommist, von
einem Fuchs Genugthuung fordern sollte. Aber es
mußte einmal so seyn! Der übermorgige Tag wurde
also zur Balgerei festgesetzt. Ich hatte mich zwar
schon vorhin etwas im Fechten geübt; jetzt aber ga-
ben sich meine Freunde alle Mühe, mich ein wenig
mehr einzuschustern in diese edle Kunst, um doch
nicht ganz als Naturalist aufzutreten.


Hierzu zeigte ſich auch bald Gelegenheit. Es
ſtudirte ein gewiſſer von Avemann in Gießen, ein
Erzrenommiſt und Schlaͤger, vor dem man gewiſſen
Reſpekt aͤußerte, ob er gleich an Liederlichkeit ſeines
gleichen nicht mehr hatte. Es ſchien ihm ſogar
der geſunde Menſchenverſtand zu fehlen. Dieſer
Avemann nannte oder ſchalt mich einſt auf dem
Schießhaus — Fuchs. Ich nahm das Wort
haͤßl[ – 1 Zeichen fehlt]ch auf: denn meine Kameraden hatten mir auf-
gebunden, mich durchaus nicht Fuchs, kraſſen
Kerl
u. ſ. w. nennen zu laſſen. Alſo trat ich zu
ihm, und verbath mir den Ehrentitel. Avemann
lachte mir ins Geſicht, woruͤber ich ſo erboßte, daß
ich ihn einen dummen Jungen nannte. Hierauf
hob er die Hand auf, um mich zu maulſchelliren.
Meine Freunde hielten ihn zuruͤck, und erklaͤrten dem
Großſprecher, daß er Desavantage ſey, und daher
von mir Satisfaktion fordern muͤßte. Avemann
ergrimmte ſchrecklich: denn nichts konnte ihm em-
pfindlicher ſeyn, als daß er, ein Erzrenommiſt, von
einem Fuchs Genugthuung fordern ſollte. Aber es
mußte einmal ſo ſeyn! Der uͤbermorgige Tag wurde
alſo zur Balgerei feſtgeſetzt. Ich hatte mich zwar
ſchon vorhin etwas im Fechten geuͤbt; jetzt aber ga-
ben ſich meine Freunde alle Muͤhe, mich ein wenig
mehr einzuſchuſtern in dieſe edle Kunſt, um doch
nicht ganz als Naturaliſt aufzutreten.


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[105/0119] Hierzu zeigte ſich auch bald Gelegenheit. Es ſtudirte ein gewiſſer von Avemann in Gießen, ein Erzrenommiſt und Schlaͤger, vor dem man gewiſſen Reſpekt aͤußerte, ob er gleich an Liederlichkeit ſeines gleichen nicht mehr hatte. Es ſchien ihm ſogar der geſunde Menſchenverſtand zu fehlen. Dieſer Avemann nannte oder ſchalt mich einſt auf dem Schießhaus — Fuchs. Ich nahm das Wort haͤßl_ch auf: denn meine Kameraden hatten mir auf- gebunden, mich durchaus nicht Fuchs, kraſſen Kerl u. ſ. w. nennen zu laſſen. Alſo trat ich zu ihm, und verbath mir den Ehrentitel. Avemann lachte mir ins Geſicht, woruͤber ich ſo erboßte, daß ich ihn einen dummen Jungen nannte. Hierauf hob er die Hand auf, um mich zu maulſchelliren. Meine Freunde hielten ihn zuruͤck, und erklaͤrten dem Großſprecher, daß er Desavantage ſey, und daher von mir Satisfaktion fordern muͤßte. Avemann ergrimmte ſchrecklich: denn nichts konnte ihm em- pfindlicher ſeyn, als daß er, ein Erzrenommiſt, von einem Fuchs Genugthuung fordern ſollte. Aber es mußte einmal ſo ſeyn! Der uͤbermorgige Tag wurde alſo zur Balgerei feſtgeſetzt. Ich hatte mich zwar ſchon vorhin etwas im Fechten geuͤbt; jetzt aber ga- ben ſich meine Freunde alle Muͤhe, mich ein wenig mehr einzuſchuſtern in dieſe edle Kunſt, um doch nicht ganz als Naturaliſt aufzutreten.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/119>, abgerufen am 25.04.2024.