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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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auf Wohlstand -- erleichterten. Das garstige,
oder wüste Gesicht war eine Larve von scheuslichem
Ansehen, welche an einem Bündel zusammengeroll-
ter Lappen auf einer hohen Stange befestiget ward.
Diese Larve nahm ein Student -- ich selbst hab
eine dergleichen gehabt -- trat des Abends spät
vor ein Haus, wo die Leute, wies in Gießen sehr
gewöhnlich ist, wegen der Feuchtigkeit, im zweiten
Stock logirten, und klingelte oder klopfte. Kam
nun jemand ans Fenster, um zu sehen, wer da
wäre; so hielt man ihm das wüste Gesicht vor, wor-
über dann die guten Leute zu Tode erschracken. Wir
gaudirten uns aber baß darüber. Schusterjungen
sind heutzutage delikater und gesetzter!

Ich gerieth diesen Winter in starke Schulden,
ob ich gleich nicht sehr fideel lebte. Es ging aber
ganz natürlich zu. Ich hatte in den Herbstferien
eine Reise nach Oppenheim gemacht, wo meines Va-
ters Bruder Prediger war, der mich noch einmal
vor seinem Tode zu sehen wünschte. Auf dieser Rei-
se empfing ich mein Geld zu Frankfurt am Main,
und brachte, besonders in Mainz, wo ich und Herr
Lony, der von Jena gekommen war, und nach Hau-
se reisete, den Komment einführten, eine ziemliche
Summe durch. Ich muß doch meinen Lesern diese
Komments-Schnurre mittheilen.


auf Wohlſtand — erleichterten. Das garſtige,
oder wuͤſte Geſicht war eine Larve von ſcheuslichem
Anſehen, welche an einem Buͤndel zuſammengeroll-
ter Lappen auf einer hohen Stange befeſtiget ward.
Dieſe Larve nahm ein Student — ich ſelbſt hab
eine dergleichen gehabt — trat des Abends ſpaͤt
vor ein Haus, wo die Leute, wies in Gießen ſehr
gewoͤhnlich iſt, wegen der Feuchtigkeit, im zweiten
Stock logirten, und klingelte oder klopfte. Kam
nun jemand ans Fenſter, um zu ſehen, wer da
waͤre; ſo hielt man ihm das wuͤſte Geſicht vor, wor-
uͤber dann die guten Leute zu Tode erſchracken. Wir
gaudirten uns aber baß daruͤber. Schuſterjungen
ſind heutzutage delikater und geſetzter!

Ich gerieth dieſen Winter in ſtarke Schulden,
ob ich gleich nicht ſehr fideel lebte. Es ging aber
ganz natuͤrlich zu. Ich hatte in den Herbſtferien
eine Reiſe nach Oppenheim gemacht, wo meines Va-
ters Bruder Prediger war, der mich noch einmal
vor ſeinem Tode zu ſehen wuͤnſchte. Auf dieſer Rei-
ſe empfing ich mein Geld zu Frankfurt am Main,
und brachte, beſonders in Mainz, wo ich und Herr
Lony, der von Jena gekommen war, und nach Hau-
ſe reiſete, den Komment einfuͤhrten, eine ziemliche
Summe durch. Ich muß doch meinen Leſern dieſe
Komments-Schnurre mittheilen.


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[218/0232] auf Wohlſtand — erleichterten. Das garſtige, oder wuͤſte Geſicht war eine Larve von ſcheuslichem Anſehen, welche an einem Buͤndel zuſammengeroll- ter Lappen auf einer hohen Stange befeſtiget ward. Dieſe Larve nahm ein Student — ich ſelbſt hab eine dergleichen gehabt — trat des Abends ſpaͤt vor ein Haus, wo die Leute, wies in Gießen ſehr gewoͤhnlich iſt, wegen der Feuchtigkeit, im zweiten Stock logirten, und klingelte oder klopfte. Kam nun jemand ans Fenſter, um zu ſehen, wer da waͤre; ſo hielt man ihm das wuͤſte Geſicht vor, wor- uͤber dann die guten Leute zu Tode erſchracken. Wir gaudirten uns aber baß daruͤber. Schuſterjungen ſind heutzutage delikater und geſetzter! Ich gerieth dieſen Winter in ſtarke Schulden, ob ich gleich nicht ſehr fideel lebte. Es ging aber ganz natuͤrlich zu. Ich hatte in den Herbſtferien eine Reiſe nach Oppenheim gemacht, wo meines Va- ters Bruder Prediger war, der mich noch einmal vor ſeinem Tode zu ſehen wuͤnſchte. Auf dieſer Rei- ſe empfing ich mein Geld zu Frankfurt am Main, und brachte, beſonders in Mainz, wo ich und Herr Lony, der von Jena gekommen war, und nach Hau- ſe reiſete, den Komment einfuͤhrten, eine ziemliche Summe durch. Ich muß doch meinen Leſern dieſe Komments-Schnurre mittheilen.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/232>, abgerufen am 23.04.2024.