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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Ein Marionettenspieler, Joseph Wieland, brach-
te mich, Tenner und Dern auf den Gedanken,
auch Komödien zu spielen. Aber wie, wo und durch
welche Mittel? das war die Frage. Ich besprach
alles mit dem Herr Professor Schmid. Er erboth
sich gleich, die Direction zu übernehmen, und rieth
mir, einen Aufsatz cirkuliren zu lassen, und Beiträge
von Geld bei den Honoratioren einzusammeln. Ge-
rathen, gethan! Der Tambour Hofmann und der
Karzerknecht Cordanus, mußten kontrolliren, und
in einigen Tagen hatten wir so viel Geld, als nöthig
war, ein Theater zu bauen, und Kulissen nebst andern
Bedürfnissen anzuschaffen. Zum Theater schlug Herr
Schmid das theologische Auditorium vor: denn das
große Juristische war zu Disputationen und Promo-
tionen bestimmt. Ich hielt beim Dekan darum an:
aber der alte D. Benner hielt dies für Entheili-
gung, und schlug das Gesuch ab. Also mußte das
philosophische Auditorium dazu herhalten. Dieses
war seit langer Zeit der Heustall der Pedellen gewe-
sen!! Wir ließen es reinigen, und bauten ein Theater
für 80 Gulden. Kulissen, Vorhang, Lichter zur
ersten Vorstellung und dergleichen kosteten beinahe
eben so viel. So waren wir denn im Stande,
unsre Kunst zu zeigen. Ich war Rollenmeister,
Tenner Aufseher der Kasse, und Dern Theater-
meister: über uns alle war der dux gregis ipse ca-

Ein Marionettenſpieler, Joſeph Wieland, brach-
te mich, Tenner und Dern auf den Gedanken,
auch Komoͤdien zu ſpielen. Aber wie, wo und durch
welche Mittel? das war die Frage. Ich beſprach
alles mit dem Herr Profeſſor Schmid. Er erboth
ſich gleich, die Direction zu uͤbernehmen, und rieth
mir, einen Aufſatz cirkuliren zu laſſen, und Beitraͤge
von Geld bei den Honoratioren einzuſammeln. Ge-
rathen, gethan! Der Tambour Hofmann und der
Karzerknecht Cordanus, mußten kontrolliren, und
in einigen Tagen hatten wir ſo viel Geld, als noͤthig
war, ein Theater zu bauen, und Kuliſſen nebſt andern
Beduͤrfniſſen anzuſchaffen. Zum Theater ſchlug Herr
Schmid das theologiſche Auditorium vor: denn das
große Juriſtiſche war zu Diſputationen und Promo-
tionen beſtimmt. Ich hielt beim Dekan darum an:
aber der alte D. Benner hielt dies fuͤr Entheili-
gung, und ſchlug das Geſuch ab. Alſo mußte das
philoſophiſche Auditorium dazu herhalten. Dieſes
war ſeit langer Zeit der Heuſtall der Pedellen gewe-
ſen!! Wir ließen es reinigen, und bauten ein Theater
fuͤr 80 Gulden. Kuliſſen, Vorhang, Lichter zur
erſten Vorſtellung und dergleichen koſteten beinahe
eben ſo viel. So waren wir denn im Stande,
unſre Kunſt zu zeigen. Ich war Rollenmeiſter,
Tenner Aufſeher der Kaſſe, und Dern Theater-
meiſter: uͤber uns alle war der dux gregis ipſe ca-

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[231/0245] Ein Marionettenſpieler, Joſeph Wieland, brach- te mich, Tenner und Dern auf den Gedanken, auch Komoͤdien zu ſpielen. Aber wie, wo und durch welche Mittel? das war die Frage. Ich beſprach alles mit dem Herr Profeſſor Schmid. Er erboth ſich gleich, die Direction zu uͤbernehmen, und rieth mir, einen Aufſatz cirkuliren zu laſſen, und Beitraͤge von Geld bei den Honoratioren einzuſammeln. Ge- rathen, gethan! Der Tambour Hofmann und der Karzerknecht Cordanus, mußten kontrolliren, und in einigen Tagen hatten wir ſo viel Geld, als noͤthig war, ein Theater zu bauen, und Kuliſſen nebſt andern Beduͤrfniſſen anzuſchaffen. Zum Theater ſchlug Herr Schmid das theologiſche Auditorium vor: denn das große Juriſtiſche war zu Diſputationen und Promo- tionen beſtimmt. Ich hielt beim Dekan darum an: aber der alte D. Benner hielt dies fuͤr Entheili- gung, und ſchlug das Geſuch ab. Alſo mußte das philoſophiſche Auditorium dazu herhalten. Dieſes war ſeit langer Zeit der Heuſtall der Pedellen gewe- ſen!! Wir ließen es reinigen, und bauten ein Theater fuͤr 80 Gulden. Kuliſſen, Vorhang, Lichter zur erſten Vorſtellung und dergleichen koſteten beinahe eben ſo viel. So waren wir denn im Stande, unſre Kunſt zu zeigen. Ich war Rollenmeiſter, Tenner Aufſeher der Kaſſe, und Dern Theater- meiſter: uͤber uns alle war der dux gregis ipſe ca-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/245>, abgerufen am 28.03.2024.