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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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ses seit meiner Zeit besser geworden ist. Auf dem
Keller waren die Mädchen recht fideel: man hieß sie
schlechtweg die Kellermenscher.

In Jena hat der Bursch seine sogenannte
Scharmante: das ist ein gemeines Mädchen, mit
welcher er so lange umgeht, als er da ist, und das
er dann, wenn er abzieht, einem andern überläßt.
In Göttingen hingegen sucht der Student, der's
zwingen kann, das heißt, der Geld hat, bei einem
vornehmern Frauenzimmer anzukommen, und macht
dem seinen Hof. Gemeiniglich bleibt es beim Hof-
machen, und hat keine weiteren Folgen, als daß dem
Galan der Beutel tüchtig ausgeleert wird. Man-
chesmal geht das Ding freilich weiter, und es folgen
lebendige Zeugen der Vertraulichkeit, die eine Rit-
terstochter oft eben so bezaubernd fesselt, als eine ge-
fällige busenreiche Aufwärterin.

Man hat es als einen Vorzug der Göttinger
Universität angesehen, daß daselbst der Student Ge-
legenheit habe, in Umgang mit Familien zu kom-
men. Man hat gesagt, das wäre ein Mittel, wo-
durch er die Roheit der Sitten ablegen, und sich
verfeinern könnte. Ich weiß aber einmal nicht, ob
der Familienton in Göttingen so fein sey, daß sich
ein junger Mensch daran auspoliren könne: und
dann steht gewöhnlich nur da die Thür auf, wo man
gern auf Unkosten der Studenten sich vergnügen

ſes ſeit meiner Zeit beſſer geworden iſt. Auf dem
Keller waren die Maͤdchen recht fideel: man hieß ſie
ſchlechtweg die Kellermenſcher.

In Jena hat der Burſch ſeine ſogenannte
Scharmante: das iſt ein gemeines Maͤdchen, mit
welcher er ſo lange umgeht, als er da iſt, und das
er dann, wenn er abzieht, einem andern uͤberlaͤßt.
In Goͤttingen hingegen ſucht der Student, der's
zwingen kann, das heißt, der Geld hat, bei einem
vornehmern Frauenzimmer anzukommen, und macht
dem ſeinen Hof. Gemeiniglich bleibt es beim Hof-
machen, und hat keine weiteren Folgen, als daß dem
Galan der Beutel tuͤchtig ausgeleert wird. Man-
chesmal geht das Ding freilich weiter, und es folgen
lebendige Zeugen der Vertraulichkeit, die eine Rit-
terstochter oft eben ſo bezaubernd feſſelt, als eine ge-
faͤllige buſenreiche Aufwaͤrterin.

Man hat es als einen Vorzug der Goͤttinger
Univerſitaͤt angeſehen, daß daſelbſt der Student Ge-
legenheit habe, in Umgang mit Familien zu kom-
men. Man hat geſagt, das waͤre ein Mittel, wo-
durch er die Roheit der Sitten ablegen, und ſich
verfeinern koͤnnte. Ich weiß aber einmal nicht, ob
der Familienton in Goͤttingen ſo fein ſey, daß ſich
ein junger Menſch daran auspoliren koͤnne: und
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[265/0279] ſes ſeit meiner Zeit beſſer geworden iſt. Auf dem Keller waren die Maͤdchen recht fideel: man hieß ſie ſchlechtweg die Kellermenſcher. In Jena hat der Burſch ſeine ſogenannte Scharmante: das iſt ein gemeines Maͤdchen, mit welcher er ſo lange umgeht, als er da iſt, und das er dann, wenn er abzieht, einem andern uͤberlaͤßt. In Goͤttingen hingegen ſucht der Student, der's zwingen kann, das heißt, der Geld hat, bei einem vornehmern Frauenzimmer anzukommen, und macht dem ſeinen Hof. Gemeiniglich bleibt es beim Hof- machen, und hat keine weiteren Folgen, als daß dem Galan der Beutel tuͤchtig ausgeleert wird. Man- chesmal geht das Ding freilich weiter, und es folgen lebendige Zeugen der Vertraulichkeit, die eine Rit- terstochter oft eben ſo bezaubernd feſſelt, als eine ge- faͤllige buſenreiche Aufwaͤrterin. Man hat es als einen Vorzug der Goͤttinger Univerſitaͤt angeſehen, daß daſelbſt der Student Ge- legenheit habe, in Umgang mit Familien zu kom- men. Man hat geſagt, das waͤre ein Mittel, wo- durch er die Roheit der Sitten ablegen, und ſich verfeinern koͤnnte. Ich weiß aber einmal nicht, ob der Familienton in Goͤttingen ſo fein ſey, daß ſich ein junger Menſch daran auspoliren koͤnne: und dann ſteht gewoͤhnlich nur da die Thuͤr auf, wo man gern auf Unkoſten der Studenten ſich vergnuͤgen

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/279>, abgerufen am 25.04.2024.