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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Die Studenten zu Heidelberg werden abge-
theilt in Seminaristen, Juristen und Sapienzkna-
ster. Seminaristen sind katholische Theologen,
meist Kinder armer Eltern: denn wer Geld hat, und
geistlich werden will, den schnappen die Kuttenpfaf-
fen (so heissen die Mönche in der Pfalz) weg, und
machen einen Heiligen aus ihm. Sie, die Semi-
naristen, werden von Exjesuiten und Piaristen unter-
richtet, lernen Jesuitische Theologie kennen, und se-
tzen das liebliche System des Jesuitismus fort, wenn
sie mit der Zeit Pfarreien erhalten. Unter dem
Namen Juristen begreift man alle würklich Jura
Studirende, sodann die Mediciner und Protestanti-
sche Theologen. Diese sind eigentlich der Kern der
Universität, und alleinige Inhaber des Komments.
Sapienzknaster endlich heissen diejenigen armen
reformirten Theologen, welche auf der sogenann-
ten Sapienz, einem mit Einkünften, zur Erhaltung
dürftiger Studenten, errichteten Kollegium woh-
nen, und also von der Gnade des Hrn. Kirchen-
raths leben müssen. Diese Sapienzknaster sind sehr
verachtet, und dürfen sich nirgends sehen lassen,
wo Juristen hinwandern: sonst bekommen sie Na-
senstüber. In den Kollegien wird ihnen Musik ge-
macht, und wer des Nachts bei der Sapienz vorbei
geht, der schreiet: heraus ihr lumpigen Sapienz-
knaster! pereant!


Die Studenten zu Heidelberg werden abge-
theilt in Seminariſten, Juriſten und Sapienzkna-
ſter. Seminariſten ſind katholiſche Theologen,
meiſt Kinder armer Eltern: denn wer Geld hat, und
geiſtlich werden will, den ſchnappen die Kuttenpfaf-
fen (ſo heiſſen die Moͤnche in der Pfalz) weg, und
machen einen Heiligen aus ihm. Sie, die Semi-
nariſten, werden von Exjeſuiten und Piariſten unter-
richtet, lernen Jeſuitiſche Theologie kennen, und ſe-
tzen das liebliche Syſtem des Jeſuitismus fort, wenn
ſie mit der Zeit Pfarreien erhalten. Unter dem
Namen Juriſten begreift man alle wuͤrklich Jura
Studirende, ſodann die Mediciner und Proteſtanti-
ſche Theologen. Dieſe ſind eigentlich der Kern der
Univerſitaͤt, und alleinige Inhaber des Komments.
Sapienzknaſter endlich heiſſen diejenigen armen
reformirten Theologen, welche auf der ſogenann-
ten Sapienz, einem mit Einkuͤnften, zur Erhaltung
duͤrftiger Studenten, errichteten Kollegium woh-
nen, und alſo von der Gnade des Hrn. Kirchen-
raths leben muͤſſen. Dieſe Sapienzknaſter ſind ſehr
verachtet, und duͤrfen ſich nirgends ſehen laſſen,
wo Juriſten hinwandern: ſonſt bekommen ſie Na-
ſenſtuͤber. In den Kollegien wird ihnen Muſik ge-
macht, und wer des Nachts bei der Sapienz vorbei
geht, der ſchreiet: heraus ihr lumpigen Sapienz-
knaſter! pereant!


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[296/0310] Die Studenten zu Heidelberg werden abge- theilt in Seminariſten, Juriſten und Sapienzkna- ſter. Seminariſten ſind katholiſche Theologen, meiſt Kinder armer Eltern: denn wer Geld hat, und geiſtlich werden will, den ſchnappen die Kuttenpfaf- fen (ſo heiſſen die Moͤnche in der Pfalz) weg, und machen einen Heiligen aus ihm. Sie, die Semi- nariſten, werden von Exjeſuiten und Piariſten unter- richtet, lernen Jeſuitiſche Theologie kennen, und ſe- tzen das liebliche Syſtem des Jeſuitismus fort, wenn ſie mit der Zeit Pfarreien erhalten. Unter dem Namen Juriſten begreift man alle wuͤrklich Jura Studirende, ſodann die Mediciner und Proteſtanti- ſche Theologen. Dieſe ſind eigentlich der Kern der Univerſitaͤt, und alleinige Inhaber des Komments. Sapienzknaſter endlich heiſſen diejenigen armen reformirten Theologen, welche auf der ſogenann- ten Sapienz, einem mit Einkuͤnften, zur Erhaltung duͤrftiger Studenten, errichteten Kollegium woh- nen, und alſo von der Gnade des Hrn. Kirchen- raths leben muͤſſen. Dieſe Sapienzknaſter ſind ſehr verachtet, und duͤrfen ſich nirgends ſehen laſſen, wo Juriſten hinwandern: ſonſt bekommen ſie Na- ſenſtuͤber. In den Kollegien wird ihnen Muſik ge- macht, und wer des Nachts bei der Sapienz vorbei geht, der ſchreiet: heraus ihr lumpigen Sapienz- knaſter! pereant!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/310>, abgerufen am 24.04.2024.