Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

mein cognomen ist mir entfallen) wären hier, und
wünschten ihn zu sprechen. Dictum factum. Der
Wirth kam zurück und sagte, der geistliche Herr
würde es sich für eine hohe Ehre schätzen, wenn so
vornehme Herren bei ihm einsprechen wollten. Wir
fanden an dem Pfarrer einen Greis, der zwar kein
gelehrter aber doch ein sehr ehrlicher, aufrichtiger
und freundschaftlicher Mann war. Er suchte uns
nach seiner Art so gut als möglich zu bewirthen, mit
warmen Bier und -- Schnaps: denn Wein ist in
dasiger Gegend selten, obgleich er weit wohlfeiler als
in Sachsen ist. Wir zogen den letztern vor.

Der ehrliche Alte, welcher uns beide für Pro-
testanten hielt, kam auf das Kapitel der Katholiken,
und da war des Klagens kein Ende. Er erzählte
mit dem grösten Feuer, wie die Protestanten von
diesen in Franken auf alle Weise geneckt und gedrückt
würden, und wie besonders der Fürstbischof zu Bam-
berg viel Intoleranz ausübe. Ich gab mein Befrem-
den darüber zu erkennen, da ich das Gegentheil gehört
hatte, und der Pfarrer erzahlte mehrere Beispiele
von Neckereien und Unterdrückungen, daß ich meine
vortheilhaften Begriffe von der Religionsduldung
dieses Fürsten fahren ließ. Ich fand, was ich im-
mer erlebte, auch hier bestätigt. Die römischkatho-
lische Religion bleibt immer dieselbe, d. h. immer
intolerant, nur daß sie an diesem oder jenem Orte

mein cognomen iſt mir entfallen) waͤren hier, und
wuͤnſchten ihn zu ſprechen. Dictum factum. Der
Wirth kam zuruͤck und ſagte, der geiſtliche Herr
wuͤrde es ſich fuͤr eine hohe Ehre ſchaͤtzen, wenn ſo
vornehme Herren bei ihm einſprechen wollten. Wir
fanden an dem Pfarrer einen Greis, der zwar kein
gelehrter aber doch ein ſehr ehrlicher, aufrichtiger
und freundſchaftlicher Mann war. Er ſuchte uns
nach ſeiner Art ſo gut als moͤglich zu bewirthen, mit
warmen Bier und — Schnaps: denn Wein iſt in
daſiger Gegend ſelten, obgleich er weit wohlfeiler als
in Sachſen iſt. Wir zogen den letztern vor.

Der ehrliche Alte, welcher uns beide fuͤr Pro-
teſtanten hielt, kam auf das Kapitel der Katholiken,
und da war des Klagens kein Ende. Er erzaͤhlte
mit dem groͤſten Feuer, wie die Proteſtanten von
dieſen in Franken auf alle Weiſe geneckt und gedruͤckt
wuͤrden, und wie beſonders der Fuͤrſtbiſchof zu Bam-
berg viel Intoleranz ausuͤbe. Ich gab mein Befrem-
den daruͤber zu erkennen, da ich das Gegentheil gehoͤrt
hatte, und der Pfarrer erzahlte mehrere Beiſpiele
von Neckereien und Unterdruͤckungen, daß ich meine
vortheilhaften Begriffe von der Religionsduldung
dieſes Fuͤrſten fahren ließ. Ich fand, was ich im-
mer erlebte, auch hier beſtaͤtigt. Die roͤmiſchkatho-
liſche Religion bleibt immer dieſelbe, d. h. immer
intolerant, nur daß ſie an dieſem oder jenem Orte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0368" n="354"/>
mein <hi rendition="#aq">cognomen</hi> i&#x017F;t mir entfallen) wa&#x0364;ren hier, und<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chten ihn zu &#x017F;prechen. <hi rendition="#aq">Dictum factum</hi>. Der<lb/>
Wirth kam zuru&#x0364;ck und &#x017F;agte, der gei&#x017F;tliche Herr<lb/>
wu&#x0364;rde es &#x017F;ich fu&#x0364;r eine hohe Ehre &#x017F;cha&#x0364;tzen, wenn &#x017F;o<lb/>
vornehme Herren bei ihm ein&#x017F;prechen wollten. Wir<lb/>
fanden an dem Pfarrer einen Greis, der zwar kein<lb/>
gelehrter aber doch ein &#x017F;ehr ehrlicher, aufrichtiger<lb/>
und freund&#x017F;chaftlicher Mann war. Er &#x017F;uchte uns<lb/>
nach &#x017F;einer Art &#x017F;o gut als mo&#x0364;glich zu bewirthen, mit<lb/>
warmen Bier und &#x2014; Schnaps: denn Wein i&#x017F;t in<lb/>
da&#x017F;iger Gegend &#x017F;elten, obgleich er weit wohlfeiler als<lb/>
in Sach&#x017F;en i&#x017F;t. Wir zogen den letztern vor.</p><lb/>
        <p>Der ehrliche Alte, welcher uns beide fu&#x0364;r Pro-<lb/>
te&#x017F;tanten hielt, kam auf das Kapitel der Katholiken,<lb/>
und da war des Klagens kein Ende. Er erza&#x0364;hlte<lb/>
mit dem gro&#x0364;&#x017F;ten Feuer, wie die Prote&#x017F;tanten von<lb/>
die&#x017F;en in Franken auf alle Wei&#x017F;e geneckt und gedru&#x0364;ckt<lb/>
wu&#x0364;rden, und wie be&#x017F;onders der Fu&#x0364;r&#x017F;tbi&#x017F;chof zu Bam-<lb/>
berg viel Intoleranz ausu&#x0364;be. Ich gab mein Befrem-<lb/>
den daru&#x0364;ber zu erkennen, da ich das Gegentheil geho&#x0364;rt<lb/>
hatte, und der Pfarrer erzahlte mehrere Bei&#x017F;piele<lb/>
von Neckereien und Unterdru&#x0364;ckungen, daß ich meine<lb/>
vortheilhaften Begriffe von der Religionsduldung<lb/>
die&#x017F;es Fu&#x0364;r&#x017F;ten fahren ließ. Ich fand, was ich im-<lb/>
mer erlebte, auch hier be&#x017F;ta&#x0364;tigt. Die ro&#x0364;mi&#x017F;chkatho-<lb/>
li&#x017F;che Religion bleibt immer die&#x017F;elbe, d. h. immer<lb/>
intolerant, nur daß &#x017F;ie an die&#x017F;em oder jenem Orte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0368] mein cognomen iſt mir entfallen) waͤren hier, und wuͤnſchten ihn zu ſprechen. Dictum factum. Der Wirth kam zuruͤck und ſagte, der geiſtliche Herr wuͤrde es ſich fuͤr eine hohe Ehre ſchaͤtzen, wenn ſo vornehme Herren bei ihm einſprechen wollten. Wir fanden an dem Pfarrer einen Greis, der zwar kein gelehrter aber doch ein ſehr ehrlicher, aufrichtiger und freundſchaftlicher Mann war. Er ſuchte uns nach ſeiner Art ſo gut als moͤglich zu bewirthen, mit warmen Bier und — Schnaps: denn Wein iſt in daſiger Gegend ſelten, obgleich er weit wohlfeiler als in Sachſen iſt. Wir zogen den letztern vor. Der ehrliche Alte, welcher uns beide fuͤr Pro- teſtanten hielt, kam auf das Kapitel der Katholiken, und da war des Klagens kein Ende. Er erzaͤhlte mit dem groͤſten Feuer, wie die Proteſtanten von dieſen in Franken auf alle Weiſe geneckt und gedruͤckt wuͤrden, und wie beſonders der Fuͤrſtbiſchof zu Bam- berg viel Intoleranz ausuͤbe. Ich gab mein Befrem- den daruͤber zu erkennen, da ich das Gegentheil gehoͤrt hatte, und der Pfarrer erzahlte mehrere Beiſpiele von Neckereien und Unterdruͤckungen, daß ich meine vortheilhaften Begriffe von der Religionsduldung dieſes Fuͤrſten fahren ließ. Ich fand, was ich im- mer erlebte, auch hier beſtaͤtigt. Die roͤmiſchkatho- liſche Religion bleibt immer dieſelbe, d. h. immer intolerant, nur daß ſie an dieſem oder jenem Orte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/368
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/368>, abgerufen am 24.04.2024.