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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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einigermaßen meinen Unmuth und Langeweile zu
vertreiben, fast täglich spatzieren, durchstrich die da-
siege Gegend, und stiftete endlich wieder eine Art
von Liebesverständniß mit der Tochter eines Refor-
mirten Pfarres: dies Liebesbündniß hab ich selbst
noch von Halle aus fortgesetzt und bei meiner Nachhaus-
reise vor fünf Jahren sogar wieder erneuert.

So wenig Wahrscheinlichkeit auch daseyn mochte,
daß die Sache zu Stande kommen würde, so betrach-
tete sich doch Mamsell Katharinchen schon als meine
wirkliche Braut, und verlangte daher, eifersüchtig
wie alle alte Jungfern, von allen meinen Tritten
und Schritten genaue Rede und Antwort, spürte
ihnen nach, und siehe, sie witterte meine Gänge zu
dem Reformirten Pfarrer. Sie hörte, daß da hüb-
sche Mädchen wären: daß ich mit Karolinchen fidel
umginge u. s. w., und nun hatt' ich meine liebe
Noth. Ich mochte sagen, was ich wollte, mochte
schwören, so hoch ich wollte, und meine arme Seele
auch neun und neunzig mal in den Abgrund der Hölle
verfluchen, es half alles nichts: sie kiff und schmollte,
daß es eine Art hatte. Und wollt' ich sie ja gut
machen; so mußt' ich sie auf den Schooß nehmen, sie
necken, drücken und küssen, und alle Thorheiten
treiben, die der allerverliebteste Junge mit seinem
Mädchen nur treiben kann.


einigermaßen meinen Unmuth und Langeweile zu
vertreiben, fast taͤglich ſpatzieren, durchſtrich die da-
ſiege Gegend, und ſtiftete endlich wieder eine Art
von Liebesverſtaͤndniß mit der Tochter eines Refor-
mirten Pfarres: dies Liebesbuͤndniß hab ich ſelbſt
noch von Halle aus fortgeſetzt und bei meiner Nachhaus-
reiſe vor fuͤnf Jahren ſogar wieder erneuert.

So wenig Wahrſcheinlichkeit auch daſeyn mochte,
daß die Sache zu Stande kommen wuͤrde, ſo betrach-
tete ſich doch Mamſell Katharinchen ſchon als meine
wirkliche Braut, und verlangte daher, eiferſuͤchtig
wie alle alte Jungfern, von allen meinen Tritten
und Schritten genaue Rede und Antwort, ſpuͤrte
ihnen nach, und ſiehe, ſie witterte meine Gaͤnge zu
dem Reformirten Pfarrer. Sie hoͤrte, daß da huͤb-
ſche Maͤdchen waͤren: daß ich mit Karolinchen fidel
umginge u. ſ. w., und nun hatt' ich meine liebe
Noth. Ich mochte ſagen, was ich wollte, mochte
ſchwoͤren, ſo hoch ich wollte, und meine arme Seele
auch neun und neunzig mal in den Abgrund der Hoͤlle
verfluchen, es half alles nichts: ſie kiff und ſchmollte,
daß es eine Art hatte. Und wollt' ich ſie ja gut
machen; ſo mußt' ich ſie auf den Schooß nehmen, ſie
necken, druͤcken und kuͤſſen, und alle Thorheiten
treiben, die der allerverliebteſte Junge mit ſeinem
Maͤdchen nur treiben kann.


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[373/0387] einigermaßen meinen Unmuth und Langeweile zu vertreiben, fast taͤglich ſpatzieren, durchſtrich die da- ſiege Gegend, und ſtiftete endlich wieder eine Art von Liebesverſtaͤndniß mit der Tochter eines Refor- mirten Pfarres: dies Liebesbuͤndniß hab ich ſelbſt noch von Halle aus fortgeſetzt und bei meiner Nachhaus- reiſe vor fuͤnf Jahren ſogar wieder erneuert. So wenig Wahrſcheinlichkeit auch daſeyn mochte, daß die Sache zu Stande kommen wuͤrde, ſo betrach- tete ſich doch Mamſell Katharinchen ſchon als meine wirkliche Braut, und verlangte daher, eiferſuͤchtig wie alle alte Jungfern, von allen meinen Tritten und Schritten genaue Rede und Antwort, ſpuͤrte ihnen nach, und ſiehe, ſie witterte meine Gaͤnge zu dem Reformirten Pfarrer. Sie hoͤrte, daß da huͤb- ſche Maͤdchen waͤren: daß ich mit Karolinchen fidel umginge u. ſ. w., und nun hatt' ich meine liebe Noth. Ich mochte ſagen, was ich wollte, mochte ſchwoͤren, ſo hoch ich wollte, und meine arme Seele auch neun und neunzig mal in den Abgrund der Hoͤlle verfluchen, es half alles nichts: ſie kiff und ſchmollte, daß es eine Art hatte. Und wollt' ich ſie ja gut machen; ſo mußt' ich ſie auf den Schooß nehmen, ſie necken, druͤcken und kuͤſſen, und alle Thorheiten treiben, die der allerverliebteſte Junge mit ſeinem Maͤdchen nur treiben kann.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/387>, abgerufen am 24.04.2024.