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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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zufrieden seyn. Er muthmaßete ein Nebeninteresse
von meiner Seite, und fragte mich geradezu: ob
ich reine Absichten bei meiner vorhabenden Bekeh-
rung hätte? -- Ich stutzte: doch antwortete ich
ihm: daß mir nichts näher am Herzen läge, als die
Wahrheit. Darauf erklärte er mir den Ausspruch
Christi: wer Vater oder Mutter mehr liebt, als
mich, der ist mein nicht werth. Er stellte mir bei
der Auslegung dieser Stelle vor, daß ich bei dem Be-
kenntniß der Wahrheit auf meine Eltern keine Rück-
sicht nehmen dürfte: daß der liebe Gott ein solches
Opfer für sehr verdienstlich ansähe, und folglich ge-
wiß auch für mich sorgen würde, u. d. gl. Diese
Rede des Hrn. Pastors erbaute mich gar sehr, und
ich schied zufrieden von dannen.

Inzwischen besuchte ich wieder einmal den alten
Amtmann, und fand seine Gesinnungen gegen mich
besser, als das letztemal. Ich erzählte ihm, daß ich
jetzt die Religio prudentum studierte, und beinahe
von der Wahrheit der katholischen Religion überzeugt
wäre. Er fiel mir ins Wort, und sagte, daß er
um mein gutes Geschäfte schon wüßte, und zwar
durch den Capuziner, Pater Hermenegild von
Alzey
, der es vom Pfarrer Neuner gehört hätte.
Uebrigens dürfte ich nicht fürchten, verrathen zu
werden, indem niemanden die Sache bekannt wäre,
der Vortheil davon haben könnte, sie auszuschwaz-

zufrieden ſeyn. Er muthmaßete ein Nebenintereſſe
von meiner Seite, und fragte mich geradezu: ob
ich reine Abſichten bei meiner vorhabenden Bekeh-
rung haͤtte? — Ich ſtutzte: doch antwortete ich
ihm: daß mir nichts naͤher am Herzen laͤge, als die
Wahrheit. Darauf erklaͤrte er mir den Ausſpruch
Chriſti: wer Vater oder Mutter mehr liebt, als
mich, der iſt mein nicht werth. Er ſtellte mir bei
der Auslegung dieſer Stelle vor, daß ich bei dem Be-
kenntniß der Wahrheit auf meine Eltern keine Ruͤck-
ſicht nehmen duͤrfte: daß der liebe Gott ein ſolches
Opfer fuͤr ſehr verdienſtlich anſaͤhe, und folglich ge-
wiß auch fuͤr mich ſorgen wuͤrde, u. d. gl. Dieſe
Rede des Hrn. Paſtors erbaute mich gar ſehr, und
ich ſchied zufrieden von dannen.

Inzwiſchen beſuchte ich wieder einmal den alten
Amtmann, und fand ſeine Geſinnungen gegen mich
beſſer, als das letztemal. Ich erzaͤhlte ihm, daß ich
jetzt die Religio prudentum ſtudierte, und beinahe
von der Wahrheit der katholiſchen Religion uͤberzeugt
waͤre. Er fiel mir ins Wort, und ſagte, daß er
um mein gutes Geſchaͤfte ſchon wuͤßte, und zwar
durch den Capuziner, Pater Hermenegild von
Alzey
, der es vom Pfarrer Neuner gehoͤrt haͤtte.
Uebrigens duͤrfte ich nicht fuͤrchten, verrathen zu
werden, indem niemanden die Sache bekannt waͤre,
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[55/0069] zufrieden ſeyn. Er muthmaßete ein Nebenintereſſe von meiner Seite, und fragte mich geradezu: ob ich reine Abſichten bei meiner vorhabenden Bekeh- rung haͤtte? — Ich ſtutzte: doch antwortete ich ihm: daß mir nichts naͤher am Herzen laͤge, als die Wahrheit. Darauf erklaͤrte er mir den Ausſpruch Chriſti: wer Vater oder Mutter mehr liebt, als mich, der iſt mein nicht werth. Er ſtellte mir bei der Auslegung dieſer Stelle vor, daß ich bei dem Be- kenntniß der Wahrheit auf meine Eltern keine Ruͤck- ſicht nehmen duͤrfte: daß der liebe Gott ein ſolches Opfer fuͤr ſehr verdienſtlich anſaͤhe, und folglich ge- wiß auch fuͤr mich ſorgen wuͤrde, u. d. gl. Dieſe Rede des Hrn. Paſtors erbaute mich gar ſehr, und ich ſchied zufrieden von dannen. Inzwiſchen beſuchte ich wieder einmal den alten Amtmann, und fand ſeine Geſinnungen gegen mich beſſer, als das letztemal. Ich erzaͤhlte ihm, daß ich jetzt die Religio prudentum ſtudierte, und beinahe von der Wahrheit der katholiſchen Religion uͤberzeugt waͤre. Er fiel mir ins Wort, und ſagte, daß er um mein gutes Geſchaͤfte ſchon wuͤßte, und zwar durch den Capuziner, Pater Hermenegild von Alzey, der es vom Pfarrer Neuner gehoͤrt haͤtte. Uebrigens duͤrfte ich nicht fuͤrchten, verrathen zu werden, indem niemanden die Sache bekannt waͤre, der Vortheil davon haben koͤnnte, ſie auszuſchwaz-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/69>, abgerufen am 23.04.2024.