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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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hete, meinem Vater von solchen läppischen Histo-
rien l) Nachricht zu geben. Ich wäre ihm einmal
empfohlen, sagte er, er müsse also auch ehrlich für
mich sorgen. -- Ich bemäntelte die Sache, und
versprach forthin mehr auf meiner Hut zu seyn: und
damit war er zufrieden.

Semlers Haus sahe den Winter über einem
Traiteur-Hause ähnlich. Moes, Schmitz, Schmid
und ich wohnten bei ihm, und liessen unser Essen
von Pauli holen: darneben kamen noch täglich um
zwölf Uhr neun andre Bekannte, die anderwärts
wohnten, aber mit uns zusammen aßen: und so war
unsre Tischgesellschaft dreizehn Mann stark. Das
Bier gab Semlers Aufwärter für uns alle her, und
seine Tochter holte das Essen. Um ein Uhr jagte ich,
auf den Schlag, alle Gäste aus der Stube, damit ich,
mich auf meine Lectionen vorbereiten könnte, und
diese fuhren dann mit der grösten Eile auf ihren be-
hufeiseten Stiefeln zur Treppe hinab, daß das Haus
erbebte. D. Semler litt diesen Tumult einige Wo-
chen, dann aber ward es ihm zu viel: er ließ mich

l) Semler uannte alles Historie. Wer seine Schrif-
ten verstehen will, muß die Bedeutung vieler Wörter
vorher wissen, welche der große Mann damit verband,
sowol im Lateinischen als im Deutschen: und dahin ge-
hört auch das Wort Historie.

hete, meinem Vater von ſolchen laͤppiſchen Hiſto-
rien l) Nachricht zu geben. Ich waͤre ihm einmal
empfohlen, ſagte er, er muͤſſe alſo auch ehrlich fuͤr
mich ſorgen. — Ich bemaͤntelte die Sache, und
verſprach forthin mehr auf meiner Hut zu ſeyn: und
damit war er zufrieden.

Semlers Haus ſahe den Winter uͤber einem
Traiteur-Hauſe aͤhnlich. Moes, Schmitz, Schmid
und ich wohnten bei ihm, und lieſſen unſer Eſſen
von Pauli holen: darneben kamen noch taͤglich um
zwoͤlf Uhr neun andre Bekannte, die anderwaͤrts
wohnten, aber mit uns zuſammen aßen: und ſo war
unſre Tiſchgeſellſchaft dreizehn Mann ſtark. Das
Bier gab Semlers Aufwaͤrter fuͤr uns alle her, und
ſeine Tochter holte das Eſſen. Um ein Uhr jagte ich,
auf den Schlag, alle Gaͤſte aus der Stube, damit ich,
mich auf meine Lectionen vorbereiten koͤnnte, und
dieſe fuhren dann mit der groͤſten Eile auf ihren be-
hufeiſeten Stiefeln zur Treppe hinab, daß das Haus
erbebte. D. Semler litt dieſen Tumult einige Wo-
chen, dann aber ward es ihm zu viel: er ließ mich

l) Semler uannte alles Hiſtorie. Wer ſeine Schrif-
ten verſtehen will, muß die Bedeutung vieler Woͤrter
vorher wiſſen, welche der große Mann damit verband,
ſowol im Lateiniſchen als im Deutſchen: und dahin ge-
hoͤrt auch das Wort Hiſtorie.
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[162/0164] hete, meinem Vater von ſolchen laͤppiſchen Hiſto- rien l) Nachricht zu geben. Ich waͤre ihm einmal empfohlen, ſagte er, er muͤſſe alſo auch ehrlich fuͤr mich ſorgen. — Ich bemaͤntelte die Sache, und verſprach forthin mehr auf meiner Hut zu ſeyn: und damit war er zufrieden. Semlers Haus ſahe den Winter uͤber einem Traiteur-Hauſe aͤhnlich. Moes, Schmitz, Schmid und ich wohnten bei ihm, und lieſſen unſer Eſſen von Pauli holen: darneben kamen noch taͤglich um zwoͤlf Uhr neun andre Bekannte, die anderwaͤrts wohnten, aber mit uns zuſammen aßen: und ſo war unſre Tiſchgeſellſchaft dreizehn Mann ſtark. Das Bier gab Semlers Aufwaͤrter fuͤr uns alle her, und ſeine Tochter holte das Eſſen. Um ein Uhr jagte ich, auf den Schlag, alle Gaͤſte aus der Stube, damit ich, mich auf meine Lectionen vorbereiten koͤnnte, und dieſe fuhren dann mit der groͤſten Eile auf ihren be- hufeiſeten Stiefeln zur Treppe hinab, daß das Haus erbebte. D. Semler litt dieſen Tumult einige Wo- chen, dann aber ward es ihm zu viel: er ließ mich l) Semler uannte alles Hiſtorie. Wer ſeine Schrif- ten verſtehen will, muß die Bedeutung vieler Woͤrter vorher wiſſen, welche der große Mann damit verband, ſowol im Lateiniſchen als im Deutſchen: und dahin ge- hoͤrt auch das Wort Hiſtorie.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/164>, abgerufen am 25.04.2024.