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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Achtzehntes Kapitel.

Censur-Angelegenheiten. Gelehrte Unternehmungen.
Ungeschliffenheit.



Ich wollte auf Ostern meine Vorlesungen anfangen
und hatte die Anzeige davon gehörigen Orts einge-
reicht. Zu gleicher Zeit hatte ein hiesiger Buchdru-
cker meinen Roman, den Baldrian Weitmaul,
der Censur übergeben. Unglücklicher Weise enthielt
dies Buch einige Stellen, die auf eine versteckte
Art eben den Mann betrafen, dem es zur Censur
mitgetheilt war. Als Censor strich er also diese
Stellen, und untersagte den Abdruck des Buches
gänzlich. Er theilte mir diese Nachricht selbst mit,
und als ich hierauf meine Handschrift in Schutz neh-
men wollte, fügte er hinzu: er habe sie bei der Fa-
kultät cirkuliren lassen, und die vota der Herren Fa-
kultisten gingen einstimmig dahin, den Abdruck der-
selben zu verbiethen, ja, Einige beständen sogar
darauf, daß man mir das Collegienlesen verbiethen
sollte -- eben wegen meines Romans.

Ich machte große Augen über diese Aeußerun-
gen meines Herrn Censors, aber noch größere, als
er mir obendrein zu verstehen gab: daß in Halle

Achtzehntes Kapitel.

Cenſur-Angelegenheiten. Gelehrte Unternehmungen.
Ungeſchliffenheit.



Ich wollte auf Oſtern meine Vorleſungen anfangen
und hatte die Anzeige davon gehoͤrigen Orts einge-
reicht. Zu gleicher Zeit hatte ein hieſiger Buchdru-
cker meinen Roman, den Baldrian Weitmaul,
der Cenſur uͤbergeben. Ungluͤcklicher Weiſe enthielt
dies Buch einige Stellen, die auf eine verſteckte
Art eben den Mann betrafen, dem es zur Cenſur
mitgetheilt war. Als Cenſor ſtrich er alſo dieſe
Stellen, und unterſagte den Abdruck des Buches
gaͤnzlich. Er theilte mir dieſe Nachricht ſelbſt mit,
und als ich hierauf meine Handſchrift in Schutz neh-
men wollte, fuͤgte er hinzu: er habe ſie bei der Fa-
kultaͤt cirkuliren laſſen, und die vota der Herren Fa-
kultiſten gingen einſtimmig dahin, den Abdruck der-
ſelben zu verbiethen, ja, Einige beſtaͤnden ſogar
darauf, daß man mir das Collegienleſen verbiethen
ſollte — eben wegen meines Romans.

Ich machte große Augen uͤber dieſe Aeußerun-
gen meines Herrn Cenſors, aber noch groͤßere, als
er mir obendrein zu verſtehen gab: daß in Halle

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[203/0205] Achtzehntes Kapitel. Cenſur-Angelegenheiten. Gelehrte Unternehmungen. Ungeſchliffenheit. Ich wollte auf Oſtern meine Vorleſungen anfangen und hatte die Anzeige davon gehoͤrigen Orts einge- reicht. Zu gleicher Zeit hatte ein hieſiger Buchdru- cker meinen Roman, den Baldrian Weitmaul, der Cenſur uͤbergeben. Ungluͤcklicher Weiſe enthielt dies Buch einige Stellen, die auf eine verſteckte Art eben den Mann betrafen, dem es zur Cenſur mitgetheilt war. Als Cenſor ſtrich er alſo dieſe Stellen, und unterſagte den Abdruck des Buches gaͤnzlich. Er theilte mir dieſe Nachricht ſelbſt mit, und als ich hierauf meine Handſchrift in Schutz neh- men wollte, fuͤgte er hinzu: er habe ſie bei der Fa- kultaͤt cirkuliren laſſen, und die vota der Herren Fa- kultiſten gingen einſtimmig dahin, den Abdruck der- ſelben zu verbiethen, ja, Einige beſtaͤnden ſogar darauf, daß man mir das Collegienleſen verbiethen ſollte — eben wegen meines Romans. Ich machte große Augen uͤber dieſe Aeußerun- gen meines Herrn Cenſors, aber noch groͤßere, als er mir obendrein zu verſtehen gab: daß in Halle

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/205>, abgerufen am 29.03.2024.