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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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handeln sich, als hätten sie alle die höchste Achtung
gegen alle. Das Dutzen ist unter ihnen nicht ge-
bräuchlich: es scheint auch gegen das Genie der fran-
zösischen Sprache zu seyn: und Raillerie muß sehr
fein getrieben werden, wenn sie Statt haben soll.
Neckereien und Aufziehereien, oder gar grobe Wor-
te, würden augenblicklich Händel erregen; deswegen
werden sie gar nicht gehört.

Von Statur sind diese Herren alle gut gebil-
det: kleine unansehnliche Leute findet man unter
ihnen nicht.

Die Religion der französischen Officire ist --
Freigeisterei und zwar voltärische. In ihren Zir-
keln wird derb über alles gespöttelt, was beim Pö-
bel und bei Pfaffenfreunden für heilig gilt. Sie hö-
ren indeß doch Messe, wenn sie katholisch sind g).
Die Protestanten besuchen gar keine Kirche. Ich
fragte einmal einen katholischen Officier: warum er

g) Die jesuitische Intoleranz, welche in den lezten Jah-
ren Ludwigs XIII. und XIV. und unter der ganzen
schwachköpfigen Regierung Ludwigs XV. Frankreich ge-
plagt hat, konnte sich niemals über die Armee erstre-
cken. Da hat zu allenzeiten Religionsfreiheit statt ge-
habt; und viele Protestanten haben da ansehnliche Po-
sten bekleidet. Ganz anders wars in Spanien, Por-
tugal und Sardinien, wie auch auch sonst in Oester-
reich und noch jezt in -- Baiern.
Zweiter Theil. C

handeln ſich, als haͤtten ſie alle die hoͤchſte Achtung
gegen alle. Das Dutzen iſt unter ihnen nicht ge-
braͤuchlich: es ſcheint auch gegen das Genie der fran-
zoͤſiſchen Sprache zu ſeyn: und Raillerie muß ſehr
fein getrieben werden, wenn ſie Statt haben ſoll.
Neckereien und Aufziehereien, oder gar grobe Wor-
te, wuͤrden augenblicklich Haͤndel erregen; deswegen
werden ſie gar nicht gehoͤrt.

Von Statur ſind dieſe Herren alle gut gebil-
det: kleine unanſehnliche Leute findet man unter
ihnen nicht.

Die Religion der franzoͤſiſchen Officire iſt —
Freigeiſterei und zwar voltaͤriſche. In ihren Zir-
keln wird derb uͤber alles geſpoͤttelt, was beim Poͤ-
bel und bei Pfaffenfreunden fuͤr heilig gilt. Sie hoͤ-
ren indeß doch Meſſe, wenn ſie katholiſch ſind g).
Die Proteſtanten beſuchen gar keine Kirche. Ich
fragte einmal einen katholiſchen Officier: warum er

g) Die jeſuitiſche Intoleranz, welche in den lezten Jah-
ren Ludwigs XIII. und XIV. und unter der ganzen
ſchwachkoͤpfigen Regierung Ludwigs XV. Frankreich ge-
plagt hat, konnte ſich niemals uͤber die Armee erſtre-
cken. Da hat zu allenzeiten Religionsfreiheit ſtatt ge-
habt; und viele Proteſtanten haben da anſehnliche Po-
ſten bekleidet. Ganz anders wars in Spanien, Por-
tugal und Sardinien, wie auch auch ſonſt in Oeſter-
reich und noch jezt in — Baiern.
Zweiter Theil. C
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[33/0035] handeln ſich, als haͤtten ſie alle die hoͤchſte Achtung gegen alle. Das Dutzen iſt unter ihnen nicht ge- braͤuchlich: es ſcheint auch gegen das Genie der fran- zoͤſiſchen Sprache zu ſeyn: und Raillerie muß ſehr fein getrieben werden, wenn ſie Statt haben ſoll. Neckereien und Aufziehereien, oder gar grobe Wor- te, wuͤrden augenblicklich Haͤndel erregen; deswegen werden ſie gar nicht gehoͤrt. Von Statur ſind dieſe Herren alle gut gebil- det: kleine unanſehnliche Leute findet man unter ihnen nicht. Die Religion der franzoͤſiſchen Officire iſt — Freigeiſterei und zwar voltaͤriſche. In ihren Zir- keln wird derb uͤber alles geſpoͤttelt, was beim Poͤ- bel und bei Pfaffenfreunden fuͤr heilig gilt. Sie hoͤ- ren indeß doch Meſſe, wenn ſie katholiſch ſind g). Die Proteſtanten beſuchen gar keine Kirche. Ich fragte einmal einen katholiſchen Officier: warum er g) Die jeſuitiſche Intoleranz, welche in den lezten Jah- ren Ludwigs XIII. und XIV. und unter der ganzen ſchwachkoͤpfigen Regierung Ludwigs XV. Frankreich ge- plagt hat, konnte ſich niemals uͤber die Armee erſtre- cken. Da hat zu allenzeiten Religionsfreiheit ſtatt ge- habt; und viele Proteſtanten haben da anſehnliche Po- ſten bekleidet. Ganz anders wars in Spanien, Por- tugal und Sardinien, wie auch auch ſonſt in Oeſter- reich und noch jezt in — Baiern. Zweiter Theil. C

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/35>, abgerufen am 29.03.2024.