Strasburger Universität, Pfafferei, Kontroverspredigten und andere Raritäten.
Strasburg hat vor Zeiten in allen Fächern große Männer gehabt. Die Litteraturgeschichte nennt uns die Namen derer, welche in den ältern Zeiten den Wissenschaften dort Ehre und Wachsthum verschaft haben. Aber leider hat sich heut zu Tage dieser Ruhm nur in der einzigen medicinischen Facultät noch erhalten: denn wer kennt die Namen eines Spiel- manns und Lobsteins nicht? In der Theologie, in der Juristerei und Philosophie sieht es gräulich aus. Die Ursachen dieses Uebelstandes sind nicht sch[w]er zu entdecken. Die Lehrstellen werden hier noch weit ärger besezt, als in Giessen oder Heidelberg. Da ists doch nur hergebracht, daß man blos Landes- kinder zu Professoren befördert; in Strasburg aber ist das gesezlich. Alle Lehrer dieser theuren Univer- sität sind folglich lauter Strasburger Grüzköpfe, vorzüglich bei den Protestanten.
Zu meiner Zeit waren Lorenz und Beykert die Matadors in der Theologie: zwei erzunwissende Phantasten und äußerst intolerante Köpfe. Man lese folgendes! Ein halb heller Prediger, Stober,
Viertes Kapitel.
Strasburger Univerſitaͤt, Pfafferei, Kontroverspredigten und andere Raritaͤten.
Strasburg hat vor Zeiten in allen Faͤchern große Maͤnner gehabt. Die Litteraturgeſchichte nennt uns die Namen derer, welche in den aͤltern Zeiten den Wiſſenſchaften dort Ehre und Wachsthum verſchaft haben. Aber leider hat ſich heut zu Tage dieſer Ruhm nur in der einzigen mediciniſchen Facultaͤt noch erhalten: denn wer kennt die Namen eines Spiel- manns und Lobſteins nicht? In der Theologie, in der Juriſterei und Philoſophie ſieht es graͤulich aus. Die Urſachen dieſes Uebelſtandes ſind nicht ſch[w]er zu entdecken. Die Lehrſtellen werden hier noch weit aͤrger beſezt, als in Gieſſen oder Heidelberg. Da iſts doch nur hergebracht, daß man blos Landes- kinder zu Profeſſoren befoͤrdert; in Strasburg aber iſt das geſezlich. Alle Lehrer dieſer theuren Univer- ſitaͤt ſind folglich lauter Strasburger Gruͤzkoͤpfe, vorzuͤglich bei den Proteſtanten.
Zu meiner Zeit waren Lorenz und Beykert die Matadors in der Theologie: zwei erzunwiſſende Phantaſten und aͤußerſt intolerante Koͤpfe. Man leſe folgendes! Ein halb heller Prediger, Stober,
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Viertes Kapitel.
Strasburger Univerſitaͤt, Pfafferei, Kontroverspredigten
und andere Raritaͤten.
Strasburg hat vor Zeiten in allen Faͤchern große
Maͤnner gehabt. Die Litteraturgeſchichte nennt uns
die Namen derer, welche in den aͤltern Zeiten den
Wiſſenſchaften dort Ehre und Wachsthum verſchaft
haben. Aber leider hat ſich heut zu Tage dieſer
Ruhm nur in der einzigen mediciniſchen Facultaͤt noch
erhalten: denn wer kennt die Namen eines Spiel-
manns und Lobſteins nicht? In der Theologie,
in der Juriſterei und Philoſophie ſieht es graͤulich
aus. Die Urſachen dieſes Uebelſtandes ſind nicht
ſchwer zu entdecken. Die Lehrſtellen werden hier
noch weit aͤrger beſezt, als in Gieſſen oder Heidelberg.
Da iſts doch nur hergebracht, daß man blos Landes-
kinder zu Profeſſoren befoͤrdert; in Strasburg aber
iſt das geſezlich. Alle Lehrer dieſer theuren Univer-
ſitaͤt ſind folglich lauter Strasburger Gruͤzkoͤpfe,
vorzuͤglich bei den Proteſtanten.
Zu meiner Zeit waren Lorenz und Beykert
die Matadors in der Theologie: zwei erzunwiſſende
Phantaſten und aͤußerſt intolerante Koͤpfe. Man
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/37>, abgerufen am 30.11.2023.
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