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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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und Katholiken. Letztere sehen den Kaiser, als den
obersten Beschützer ihres Glaubens an, sind ihm da-
her mit Leib und Seele gewogen, und gönnen dem
Könige von Preussen, als einem Ketzer, Niederlage
und Unglück, ob sie gleich in seinem Lande Schutz
und Brod finden und geniessen. Es ist doch eine
wunderbare Sache mit dem Religionswesen, vorzüg-
lich von Seiten der katholischen: diese ist immer
egoistisch, immer rechthaberisch, immer despotisch. --
"Der Protestant darf dem ächten Katholiken nie
trauen!" sagte Friedrich V. König von Däne-
mark, als sich ein vornehmer Katholik bei ihm zu
einer Officierstelle beim Seewesen meldete. "Ich
bin ein Ketzer, und Sie müssen mich schon nach den
Grundsätzen Ihrer Kirche hassen: wie sollten Sie
also im Stande seyn, mein Interesse gegen den aller-
christlichsten oder gegen irgend einen katholischen Kö-
nig zu vertheidigen?" Sehr wahr r).

r) Dies vorausgesetzt und ein wenig hobbesich-psycho-
logisch nachgedacht, muß der Erfolg es lehren: ob die
Feldherren in dem Heerzuge gegen die Neufranken,
durch militärische Disciplin und Politik, es werden da-
hin bringen können, daß der Katholik und der Prote-
stant, der Oestreicher und der Preusse, ihre innere sich
entgegenarbeitende Seelen-Maschinerie -- durch Reli-
gion und manch bitteres Andenken aus dem siebenjäh-
rigen Kriege geschärft -- so bändigen, daß beide mit

und Katholiken. Letztere ſehen den Kaiſer, als den
oberſten Beſchuͤtzer ihres Glaubens an, ſind ihm da-
her mit Leib und Seele gewogen, und goͤnnen dem
Koͤnige von Preuſſen, als einem Ketzer, Niederlage
und Ungluͤck, ob ſie gleich in ſeinem Lande Schutz
und Brod finden und genieſſen. Es iſt doch eine
wunderbare Sache mit dem Religionsweſen, vorzuͤg-
lich von Seiten der katholiſchen: dieſe iſt immer
egoiſtiſch, immer rechthaberiſch, immer despotiſch. —
„Der Proteſtant darf dem aͤchten Katholiken nie
trauen!“ ſagte Friedrich V. Koͤnig von Daͤne-
mark, als ſich ein vornehmer Katholik bei ihm zu
einer Officierſtelle beim Seeweſen meldete. „Ich
bin ein Ketzer, und Sie muͤſſen mich ſchon nach den
Grundſaͤtzen Ihrer Kirche haſſen: wie ſollten Sie
alſo im Stande ſeyn, mein Intereſſe gegen den aller-
chriſtlichſten oder gegen irgend einen katholiſchen Koͤ-
nig zu vertheidigen?“ Sehr wahr r).

r) Dies vorausgeſetzt und ein wenig hobbeſich-pſycho-
logiſch nachgedacht, muß der Erfolg es lehren: ob die
Feldherren in dem Heerzuge gegen die Neufranken,
durch militaͤriſche Diſciplin und Politik, es werden da-
hin bringen koͤnnen, daß der Katholik und der Prote-
ſtant, der Oeſtreicher und der Preuſſe, ihre innere ſich
entgegenarbeitende Seelen-Maſchinerie — durch Reli-
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[393[395]/0397] und Katholiken. Letztere ſehen den Kaiſer, als den oberſten Beſchuͤtzer ihres Glaubens an, ſind ihm da- her mit Leib und Seele gewogen, und goͤnnen dem Koͤnige von Preuſſen, als einem Ketzer, Niederlage und Ungluͤck, ob ſie gleich in ſeinem Lande Schutz und Brod finden und genieſſen. Es iſt doch eine wunderbare Sache mit dem Religionsweſen, vorzuͤg- lich von Seiten der katholiſchen: dieſe iſt immer egoiſtiſch, immer rechthaberiſch, immer despotiſch. — „Der Proteſtant darf dem aͤchten Katholiken nie trauen!“ ſagte Friedrich V. Koͤnig von Daͤne- mark, als ſich ein vornehmer Katholik bei ihm zu einer Officierſtelle beim Seeweſen meldete. „Ich bin ein Ketzer, und Sie muͤſſen mich ſchon nach den Grundſaͤtzen Ihrer Kirche haſſen: wie ſollten Sie alſo im Stande ſeyn, mein Intereſſe gegen den aller- chriſtlichſten oder gegen irgend einen katholiſchen Koͤ- nig zu vertheidigen?“ Sehr wahr r). r) Dies vorausgeſetzt und ein wenig hobbeſich-pſycho- logiſch nachgedacht, muß der Erfolg es lehren: ob die Feldherren in dem Heerzuge gegen die Neufranken, durch militaͤriſche Diſciplin und Politik, es werden da- hin bringen koͤnnen, daß der Katholik und der Prote- ſtant, der Oeſtreicher und der Preuſſe, ihre innere ſich entgegenarbeitende Seelen-Maſchinerie — durch Reli- gion und manch bitteres Andenken aus dem ſiebenjaͤh- rigen Kriege geſchaͤrft — ſo baͤndigen, daß beide mit

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 393[395]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/397>, abgerufen am 25.04.2024.