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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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meine Rechnung goß er eine Menge Brantewein,
wie klares Wasser hinein, ohne besoffen zu werden.
Hätte ich damals diesen Schuft so gekannt, wie ich
ihn hernach mit meinem Schaden kennen gelernt ha-
be -- ich würde mehr auf meiner Huth gewesen
seyn. Aber das war von jeher mein Fehler, daß
ich einem jeden gleich traute, und mich immer be-
trügen ließ. Freilich ists besser, betrogen zu wer-
den, als selbst zu betrügen; aber jenes ist doch auch
nicht rühmlich. -- Ich fragte den Halloren nach
einem guten Logis in Halle und er empfahl mir
den -- blauen Hecht!

Auf der Post rieth mir jemand, vier Groschen
zu geben, damit mein Koffer nicht visitirt und mir
nicht alles durcheinander geschmissen würde. Das
sollte so die Mode der meisten Visitatoren seyn: wer
ihnen blecht, sagte man, der wird nicht visitirt, ge-
sezt auch, er habe noch so viel Kontrebande bei sich;
wer ihnen aber nicht blecht, und sich auf seine ge-
rechte Sache verläßt, der muß nicht nur lange war-
ten, und allerlei Impertinenzien einstecken, sondern
seine Sachen auch herumhudeln lassen, als wenns
gestohlnes Gut wäre. Wenn der König haben will,
daß alles visitirt werde, so dürfen die Visitatoren
kein Geld fürs Nichtvisitiren nehmen: und die gro-
ben Reden einiger dieser Meister, und die Beschädi-
gung der Sachen fremder Leute, hat ihnen der Kö-

meine Rechnung goß er eine Menge Brantewein,
wie klares Waſſer hinein, ohne beſoffen zu werden.
Haͤtte ich damals dieſen Schuft ſo gekannt, wie ich
ihn hernach mit meinem Schaden kennen gelernt ha-
be — ich wuͤrde mehr auf meiner Huth geweſen
ſeyn. Aber das war von jeher mein Fehler, daß
ich einem jeden gleich traute, und mich immer be-
truͤgen ließ. Freilich iſts beſſer, betrogen zu wer-
den, als ſelbſt zu betruͤgen; aber jenes iſt doch auch
nicht ruͤhmlich. — Ich fragte den Halloren nach
einem guten Logis in Halle und er empfahl mir
den — blauen Hecht!

Auf der Poſt rieth mir jemand, vier Groſchen
zu geben, damit mein Koffer nicht viſitirt und mir
nicht alles durcheinander geſchmiſſen wuͤrde. Das
ſollte ſo die Mode der meiſten Viſitatoren ſeyn: wer
ihnen blecht, ſagte man, der wird nicht viſitirt, ge-
ſezt auch, er habe noch ſo viel Kontrebande bei ſich;
wer ihnen aber nicht blecht, und ſich auf ſeine ge-
rechte Sache verlaͤßt, der muß nicht nur lange war-
ten, und allerlei Impertinenzien einſtecken, ſondern
ſeine Sachen auch herumhudeln laſſen, als wenns
geſtohlnes Gut waͤre. Wenn der Koͤnig haben will,
daß alles viſitirt werde, ſo duͤrfen die Viſitatoren
kein Geld fuͤrs Nichtviſitiren nehmen: und die gro-
ben Reden einiger dieſer Meiſter, und die Beſchaͤdi-
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[87/0089] meine Rechnung goß er eine Menge Brantewein, wie klares Waſſer hinein, ohne beſoffen zu werden. Haͤtte ich damals dieſen Schuft ſo gekannt, wie ich ihn hernach mit meinem Schaden kennen gelernt ha- be — ich wuͤrde mehr auf meiner Huth geweſen ſeyn. Aber das war von jeher mein Fehler, daß ich einem jeden gleich traute, und mich immer be- truͤgen ließ. Freilich iſts beſſer, betrogen zu wer- den, als ſelbſt zu betruͤgen; aber jenes iſt doch auch nicht ruͤhmlich. — Ich fragte den Halloren nach einem guten Logis in Halle und er empfahl mir den — blauen Hecht! Auf der Poſt rieth mir jemand, vier Groſchen zu geben, damit mein Koffer nicht viſitirt und mir nicht alles durcheinander geſchmiſſen wuͤrde. Das ſollte ſo die Mode der meiſten Viſitatoren ſeyn: wer ihnen blecht, ſagte man, der wird nicht viſitirt, ge- ſezt auch, er habe noch ſo viel Kontrebande bei ſich; wer ihnen aber nicht blecht, und ſich auf ſeine ge- rechte Sache verlaͤßt, der muß nicht nur lange war- ten, und allerlei Impertinenzien einſtecken, ſondern ſeine Sachen auch herumhudeln laſſen, als wenns geſtohlnes Gut waͤre. Wenn der Koͤnig haben will, daß alles viſitirt werde, ſo duͤrfen die Viſitatoren kein Geld fuͤrs Nichtviſitiren nehmen: und die gro- ben Reden einiger dieſer Meiſter, und die Beſchaͤdi- gung der Sachen fremder Leute, hat ihnen der Koͤ-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/89>, abgerufen am 25.04.2024.