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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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und hielt die Kirche nicht so oft, als er doch sollte:
kaum hörten sie in ihrem Dorfe alle vierzeh[ - 1 Zeichen fehlt] Tage
eine Predigt: aber der liebe Gott sey auch ein star-
ker eifriger Gott, und habe schon vor einigen Jah-
ren die seinem Dienst widerfahrne Geringschätzung
gerächt, indem er die schreckliche Feuersbrunst ver-
anstaltet habe, wodurch das ganze Dorf beynahe
zu Grunde ging.

"Meynt sie dann, Frau Wirthin, sagte ich,
daß der liebe Gott ein Mordbrenner sey?"

Sie. Herr Jehmineses, lieber Herr, wie
schwätzen Sie doch? Der liebe Herr Gott ein Mord-
brenner?

Ich. Allerdings ist er ein Mordbrenner, wenn
Sie Recht hat.

Sie. Ich will doch nicht hoffen, daß Sie so
gottlos denken!

Ich. Bewahre! Ich weiß, daß das wohlthä-
tigste Wesen seinen Creaturen nichts Böses thut.
Aber wie Sie spricht, Frau Wirthin, thut uns
Gott Böses.

Sie. Wie dann so, daß Gott erbarme.

Ich. Sie sagt ja, der liebe Gott habe die
Feuersbrunst hier veranstaltet, um seinen Schimpf
zu rächen. Wenn das wahr ist, so muß er ja einen
Gefallen an derselben gehabt haben; da aber doch
der Brand sehr viele Leute ins Verderben stürzte,

so

und hielt die Kirche nicht ſo oft, als er doch ſollte:
kaum hoͤrten ſie in ihrem Dorfe alle vierzeh[ – 1 Zeichen fehlt] Tage
eine Predigt: aber der liebe Gott ſey auch ein ſtar-
ker eifriger Gott, und habe ſchon vor einigen Jah-
ren die ſeinem Dienſt widerfahrne Geringſchaͤtzung
geraͤcht, indem er die ſchreckliche Feuersbrunſt ver-
anſtaltet habe, wodurch das ganze Dorf beynahe
zu Grunde ging.

„Meynt ſie dann, Frau Wirthin, ſagte ich,
daß der liebe Gott ein Mordbrenner ſey?“

Sie. Herr Jehmineſes, lieber Herr, wie
ſchwaͤtzen Sie doch? Der liebe Herr Gott ein Mord-
brenner?

Ich. Allerdings iſt er ein Mordbrenner, wenn
Sie Recht hat.

Sie. Ich will doch nicht hoffen, daß Sie ſo
gottlos denken!

Ich. Bewahre! Ich weiß, daß das wohlthaͤ-
tigſte Weſen ſeinen Creaturen nichts Boͤſes thut.
Aber wie Sie ſpricht, Frau Wirthin, thut uns
Gott Boͤſes.

Sie. Wie dann ſo, daß Gott erbarme.

Ich. Sie ſagt ja, der liebe Gott habe die
Feuersbrunſt hier veranſtaltet, um ſeinen Schimpf
zu raͤchen. Wenn das wahr iſt, ſo muß er ja einen
Gefallen an derſelben gehabt haben; da aber doch
der Brand ſehr viele Leute ins Verderben ſtuͤrzte,

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[192/0200] und hielt die Kirche nicht ſo oft, als er doch ſollte: kaum hoͤrten ſie in ihrem Dorfe alle vierzeh_ Tage eine Predigt: aber der liebe Gott ſey auch ein ſtar- ker eifriger Gott, und habe ſchon vor einigen Jah- ren die ſeinem Dienſt widerfahrne Geringſchaͤtzung geraͤcht, indem er die ſchreckliche Feuersbrunſt ver- anſtaltet habe, wodurch das ganze Dorf beynahe zu Grunde ging. „Meynt ſie dann, Frau Wirthin, ſagte ich, daß der liebe Gott ein Mordbrenner ſey?“ Sie. Herr Jehmineſes, lieber Herr, wie ſchwaͤtzen Sie doch? Der liebe Herr Gott ein Mord- brenner? Ich. Allerdings iſt er ein Mordbrenner, wenn Sie Recht hat. Sie. Ich will doch nicht hoffen, daß Sie ſo gottlos denken! Ich. Bewahre! Ich weiß, daß das wohlthaͤ- tigſte Weſen ſeinen Creaturen nichts Boͤſes thut. Aber wie Sie ſpricht, Frau Wirthin, thut uns Gott Boͤſes. Sie. Wie dann ſo, daß Gott erbarme. Ich. Sie ſagt ja, der liebe Gott habe die Feuersbrunſt hier veranſtaltet, um ſeinen Schimpf zu raͤchen. Wenn das wahr iſt, ſo muß er ja einen Gefallen an derſelben gehabt haben; da aber doch der Brand ſehr viele Leute ins Verderben ſtuͤrzte, ſo

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/200>, abgerufen am 18.04.2024.