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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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Herz ergiessen kann, -- das sind meine
Kinder.
Caecilia. Und Sie sagten, Sie empfänden
nichts mehr! Warum stellen sich doch die Reichen
so gern arm!

Was haben Sie nicht schon für eine Quelle
von Vergnügen, das aus der Betrachtung eines
schönen Charakters fließt. Jhre Kinder zusam-
men genommen, sind beynahe ein Jdeal der männ-
lichen Vollkommenheit. Das Sanfte Jhres Ju-
lius --
Fürst. Meynst Du das im Ernste, Caecilia?
-- aber auf die Art gewährt mir die weibliche
Vollkommenheit dasselbe Vergnügen. -- Auch Du
bist meine Tochter.
Caecilia. Wenn Sie nicht scherzen, so zeigen
Sie in Absicht meiner, wie die väterliche Liebe,
auch die väterliche Eitelkeit.
Fürst. Wenn nun meine Kinder der einzige
Kanal sind, durch den mir Freuden zufliessen kön-
nen, ist es denn ein Wunder, wenn ich alle in densel-
ben zu leiten suche, und ist die Liebe nicht die
gröste Wonne des Lebens? -- Nicht wie Ruhm
und Reichthum, eine Gabe aus den oft schmuzigen
Händen der Menschen; nein, ein Geschenk, das
die Natur nicht bey ihnen in Verwahrung gab,
das sie jedem mit eigner Hand ertheilt. Die Liebe


Herz ergieſſen kann, — das ſind meine
Kinder.
Caecilia. Und Sie ſagten, Sie empfaͤnden
nichts mehr! Warum ſtellen ſich doch die Reichen
ſo gern arm!

Was haben Sie nicht ſchon fuͤr eine Quelle
von Vergnuͤgen, das aus der Betrachtung eines
ſchoͤnen Charakters fließt. Jhre Kinder zuſam-
men genommen, ſind beynahe ein Jdeal der maͤnn-
lichen Vollkommenheit. Das Sanfte Jhres Ju-
lius —
Fuͤrſt. Meynſt Du das im Ernſte, Caecilia?
— aber auf die Art gewaͤhrt mir die weibliche
Vollkommenheit daſſelbe Vergnuͤgen. — Auch Du
biſt meine Tochter.
Caecilia. Wenn Sie nicht ſcherzen, ſo zeigen
Sie in Abſicht meiner, wie die vaͤterliche Liebe,
auch die vaͤterliche Eitelkeit.
Fuͤrſt. Wenn nun meine Kinder der einzige
Kanal ſind, durch den mir Freuden zuflieſſen koͤn-
nen, iſt es denn ein Wunder, wenn ich alle in denſel-
ben zu leiten ſuche, und iſt die Liebe nicht die
groͤſte Wonne des Lebens? — Nicht wie Ruhm
und Reichthum, eine Gabe aus den oft ſchmuzigen
Haͤnden der Menſchen; nein, ein Geſchenk, das
die Natur nicht bey ihnen in Verwahrung gab,
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[28/0032] Herz ergieſſen kann, — das ſind meine Kinder. Caecilia. Und Sie ſagten, Sie empfaͤnden nichts mehr! Warum ſtellen ſich doch die Reichen ſo gern arm! Was haben Sie nicht ſchon fuͤr eine Quelle von Vergnuͤgen, das aus der Betrachtung eines ſchoͤnen Charakters fließt. Jhre Kinder zuſam- men genommen, ſind beynahe ein Jdeal der maͤnn- lichen Vollkommenheit. Das Sanfte Jhres Ju- lius — Fuͤrſt. Meynſt Du das im Ernſte, Caecilia? — aber auf die Art gewaͤhrt mir die weibliche Vollkommenheit daſſelbe Vergnuͤgen. — Auch Du biſt meine Tochter. Caecilia. Wenn Sie nicht ſcherzen, ſo zeigen Sie in Abſicht meiner, wie die vaͤterliche Liebe, auch die vaͤterliche Eitelkeit. Fuͤrſt. Wenn nun meine Kinder der einzige Kanal ſind, durch den mir Freuden zuflieſſen koͤn- nen, iſt es denn ein Wunder, wenn ich alle in denſel- ben zu leiten ſuche, und iſt die Liebe nicht die groͤſte Wonne des Lebens? — Nicht wie Ruhm und Reichthum, eine Gabe aus den oft ſchmuzigen Haͤnden der Menſchen; nein, ein Geſchenk, das die Natur nicht bey ihnen in Verwahrung gab, das ſie jedem mit eigner Hand ertheilt. Die Liebe

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/32>, abgerufen am 25.04.2024.