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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

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betrübten Herzen zwar, euer geschmeidige
Witz wolle unsern zu dreisten Widerstand ent-
schuldigen. Haben wir uns zu kühn gegen
euch bezeigt, so war eure zu weitgetriebene
Nachsicht schuld daran. Und so lebt wohl,
theurester Prinz, ein betrübtes Herz verstat-
tet keine weitläuftige Sprache, verzeiht mir
also wenn ich an Dank zu kurz komme, da
ich die Ursache dazu so reichlich erhalten.
König. Der äusserste Saum der Zeit
lenkt oft alle Ursachen in der Geschwindigkeit
zu einem Endzweck zusammen und oft ent-
scheidet sie mitten in ihren schnellsten Fluge
Sachen, welchen eine lange Bemühung kei-
nen Ausschlag geben konnte. Und ob-
schon die traurende Stirn einer zärtli-
chen Wayse der Liebe ihre Schmeicheleyen
untersagt: so wag ich es dennoch euch zu
flehen, da einmal unter uns der heilige
Handel der Liebe auf dem Tapet war, laßt
die Wolken der Traurigkeit unser beydersei-
tiges Ziel nicht ganz aus eurem Gesicht ent-
ziehen. Es ist doch kein solcher Gewinn ver-
lohrne Freunde zu beweinen, als sich mit
neu erworbenen zu erfreuen.
Prinzes. Jch versteh euch nicht. Jhr
macht mir meinen Schmerz nur empfind-
licher.
Biron. Plane Worte durchdringen das
Ohr des Schmerzens am behendesten. Hört
mich an schöne Prinzeßin! Wir haben mit
unsern


betruͤbten Herzen zwar, euer geſchmeidige
Witz wolle unſern zu dreiſten Widerſtand ent-
ſchuldigen. Haben wir uns zu kuͤhn gegen
euch bezeigt, ſo war eure zu weitgetriebene
Nachſicht ſchuld daran. Und ſo lebt wohl,
theureſter Prinz, ein betruͤbtes Herz verſtat-
tet keine weitlaͤuftige Sprache, verzeiht mir
alſo wenn ich an Dank zu kurz komme, da
ich die Urſache dazu ſo reichlich erhalten.
Koͤnig. Der aͤuſſerſte Saum der Zeit
lenkt oft alle Urſachen in der Geſchwindigkeit
zu einem Endzweck zuſammen und oft ent-
ſcheidet ſie mitten in ihren ſchnellſten Fluge
Sachen, welchen eine lange Bemuͤhung kei-
nen Ausſchlag geben konnte. Und ob-
ſchon die traurende Stirn einer zaͤrtli-
chen Wayſe der Liebe ihre Schmeicheleyen
unterſagt: ſo wag ich es dennoch euch zu
flehen, da einmal unter uns der heilige
Handel der Liebe auf dem Tapet war, laßt
die Wolken der Traurigkeit unſer beyderſei-
tiges Ziel nicht ganz aus eurem Geſicht ent-
ziehen. Es iſt doch kein ſolcher Gewinn ver-
lohrne Freunde zu beweinen, als ſich mit
neu erworbenen zu erfreuen.
Prinzeſ. Jch verſteh euch nicht. Jhr
macht mir meinen Schmerz nur empfind-
licher.
Biron. Plane Worte durchdringen das
Ohr des Schmerzens am behendeſten. Hoͤrt
mich an ſchoͤne Prinzeßin! Wir haben mit
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[155/0161] betruͤbten Herzen zwar, euer geſchmeidige Witz wolle unſern zu dreiſten Widerſtand ent- ſchuldigen. Haben wir uns zu kuͤhn gegen euch bezeigt, ſo war eure zu weitgetriebene Nachſicht ſchuld daran. Und ſo lebt wohl, theureſter Prinz, ein betruͤbtes Herz verſtat- tet keine weitlaͤuftige Sprache, verzeiht mir alſo wenn ich an Dank zu kurz komme, da ich die Urſache dazu ſo reichlich erhalten. Koͤnig. Der aͤuſſerſte Saum der Zeit lenkt oft alle Urſachen in der Geſchwindigkeit zu einem Endzweck zuſammen und oft ent- ſcheidet ſie mitten in ihren ſchnellſten Fluge Sachen, welchen eine lange Bemuͤhung kei- nen Ausſchlag geben konnte. Und ob- ſchon die traurende Stirn einer zaͤrtli- chen Wayſe der Liebe ihre Schmeicheleyen unterſagt: ſo wag ich es dennoch euch zu flehen, da einmal unter uns der heilige Handel der Liebe auf dem Tapet war, laßt die Wolken der Traurigkeit unſer beyderſei- tiges Ziel nicht ganz aus eurem Geſicht ent- ziehen. Es iſt doch kein ſolcher Gewinn ver- lohrne Freunde zu beweinen, als ſich mit neu erworbenen zu erfreuen. Prinzeſ. Jch verſteh euch nicht. Jhr macht mir meinen Schmerz nur empfind- licher. Biron. Plane Worte durchdringen das Ohr des Schmerzens am behendeſten. Hoͤrt mich an ſchoͤne Prinzeßin! Wir haben mit unſern

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/161>, abgerufen am 05.10.2024.