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Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.

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b. Declination der Pronomina.

Auf diese Weise bekommen wir für die obliquen Casus des Singulars zwei
scheinbare Stämme

mani-, tavi-, savi-,
mane-, tave-, save-.

Dabei bleibt der gen. manes, taves, saves unerklärt, denn er lässt sich auf keinen
dieser Stämme beziehen.

Für den Plural ergeben sich analog zunächst die Stämme

musi-, jusi- (in musyje),

hier wird aber die Sache viel bunter: dat. und instr.

mumus, mumis -- jumus, jumis

sehen aus wie von Stämmen mu-, ju- mit den gewöhnlichen nominalen Casus-
endungen gebildet. Die Genitive musu, jusu, d. i. munsu, junsu, würden, wenn
in nominaler Weise -u Suffix ist, auf muns-, juns- zu beruhen scheinen, wenn -su
in pronominaler (auf -sam beruhend), auf mun-, jun-. Die Accusative mus, jus
können sowohl acc. eines a- wie u-stammes sein (vilkus, sunus), da wir aber im
nom. plur. I. mes a-vocal finden, geht mus auf * mans zurück und damit auch
der gen. plur. auf * mansu; und da im nom. plur. II. jus steht, so ist der acc.
= * juns anzusetzen. So erhalten wir die Stämme ma-, ju-, also alles zusammen-
gefasst für den Plural die scheinbaren Stämme:

[Tabelle]
dual. noch va-

Dass diese Stämme in der That den Formen nicht so zu Grunde liegen, d. h.
nicht ursprünglich so gestaltet waren, versteht sich von selbst, man muss aber
diese Analyse vornehmen, um herauszufinden, ob sich entsprechendes anderswo
findet und welche Analogien für etwaige Neubildungen massgebend gewesen sind.

Es ist nun höchst auffallend, ein wie ganz anderes Bild die preussischen
Formen liefern (der gen. sing. ist, wie schon oben ausgeführt, der des Possessiv-
pronomens):

[Tabelle]

In Betreff der Orthographie ist zu bemerken, dass ou (auch oa) nur urspr. u
bedeutet, es wird auch z. B. iamans geschrieben (vgl. soans = lit. sunus), und

b. Declination der Pronomina.

Auf diese Weise bekommen wir für die obliquen Casus des Singulars zwei
scheinbare Stämme

mani-, tavi-, savi-,
manė-, tavė-, savė-.

Dabei bleibt der gen. manę́s, tavę́s, savę́s unerklärt, denn er lässt sich auf keinen
dieser Stämme beziehen.

Für den Plural ergeben sich analog zunächst die Stämme

mūsi-, jūsi- (in musyjè),

hier wird aber die Sache viel bunter: dat. und instr.

mùmus, mumìs — jùmus, jumìs

sehen aus wie von Stämmen mu-, ju- mit den gewöhnlichen nominalen Casus-
endungen gebildet. Die Genitive mū́su, jū́su, d. i. munsu, junsu, würden, wenn
in nominaler Weise -u Suffix ist, auf muns-, juns- zu beruhen scheinen, wenn -su
in pronominaler (auf -sām beruhend), auf mun-, jun-. Die Accusative mùs, jùs
können sowohl acc. eines a- wie u-stammes sein (vilkus, sūnus), da wir aber im
nom. plur. I. més a-vocal finden, geht mùs auf * mans zurück und damit auch
der gen. plur. auf * mansu; und da im nom. plur. II. jús steht, so ist der acc.
= * juns anzusetzen. So erhalten wir die Stämme ma-, ju-, also alles zusammen-
gefasst für den Plural die scheinbaren Stämme:

[Tabelle]
dual. noch va-

Dass diese Stämme in der That den Formen nicht so zu Grunde liegen, d. h.
nicht ursprünglich so gestaltet waren, versteht sich von selbst, man muss aber
diese Analyse vornehmen, um herauszufinden, ob sich entsprechendes anderswo
findet und welche Analogien für etwaige Neubildungen massgebend gewesen sind.

Es ist nun höchst auffallend, ein wie ganz anderes Bild die preussischen
Formen liefern (der gen. sing. ist, wie schon oben ausgeführt, der des Possessiv-
pronomens):

[Tabelle]

In Betreff der Orthographie ist zu bemerken, dass ou (auch ) nur urspr. ū
bedeutet, es wird auch z. B. iǻmans geschrieben (vgl. soǻns = lit. sūnùs), und

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[142/0178] b. Declination der Pronomina. Auf diese Weise bekommen wir für die obliquen Casus des Singulars zwei scheinbare Stämme mani-, tavi-, savi-, manė-, tavė-, savė-. Dabei bleibt der gen. manę́s, tavę́s, savę́s unerklärt, denn er lässt sich auf keinen dieser Stämme beziehen. Für den Plural ergeben sich analog zunächst die Stämme mūsi-, jūsi- (in musyjè), hier wird aber die Sache viel bunter: dat. und instr. mùmus, mumìs — jùmus, jumìs sehen aus wie von Stämmen mu-, ju- mit den gewöhnlichen nominalen Casus- endungen gebildet. Die Genitive mū́su, jū́su, d. i. munsu, junsu, würden, wenn in nominaler Weise -u Suffix ist, auf muns-, juns- zu beruhen scheinen, wenn -su in pronominaler (auf -sām beruhend), auf mun-, jun-. Die Accusative mùs, jùs können sowohl acc. eines a- wie u-stammes sein (vilkus, sūnus), da wir aber im nom. plur. I. més a-vocal finden, geht mùs auf * mans zurück und damit auch der gen. plur. auf * mansu; und da im nom. plur. II. jús steht, so ist der acc. = * juns anzusetzen. So erhalten wir die Stämme ma-, ju-, also alles zusammen- gefasst für den Plural die scheinbaren Stämme: dual. noch va- Dass diese Stämme in der That den Formen nicht so zu Grunde liegen, d. h. nicht ursprünglich so gestaltet waren, versteht sich von selbst, man muss aber diese Analyse vornehmen, um herauszufinden, ob sich entsprechendes anderswo findet und welche Analogien für etwaige Neubildungen massgebend gewesen sind. Es ist nun höchst auffallend, ein wie ganz anderes Bild die preussischen Formen liefern (der gen. sing. ist, wie schon oben ausgeführt, der des Possessiv- pronomens): In Betreff der Orthographie ist zu bemerken, dass ou (auch oǻ) nur urspr. ū bedeutet, es wird auch z. B. iǻmans geschrieben (vgl. soǻns = lit. sūnùs), und

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Zitationshilfe: Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876/178>, abgerufen am 28.04.2024.