Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
XXIII.
Das Schaf.

Als Jupiter das Fest seiner Vermählung feyerte,
und alle Thiere ihm Geschenke brachten, vermißte
Juno das Schaf.

Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Wa-
rum versäumt das fromme Schaf, uns sein wohl-
meinendes Geschenk zu bringen?

Und der Hund nahm das Wort und sprach:
Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch
heute gesehen; es war sehr betrübt, und jammerte
laut.

Und warum jammerte das Schaf? fragte die
schon gerührte Göttin.

Ich ärmste! so sprach es. Ich habe itzt weder
Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter
schenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm er-
scheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hir-
ten bitten, daß er mich ihm opfere!

Indem
XXIII.
Das Schaf.

Als Jupiter das Feſt ſeiner Vermählung feyerte,
und alle Thiere ihm Geſchenke brachten, vermißte
Juno das Schaf.

Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Wa-
rum verſäumt das fromme Schaf, uns ſein wohl-
meinendes Geſchenk zu bringen?

Und der Hund nahm das Wort und ſprach:
Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch
heute geſehen; es war ſehr betrübt, und jammerte
laut.

Und warum jammerte das Schaf? fragte die
ſchon gerührte Göttin.

Ich ärmſte! ſo ſprach es. Ich habe itzt weder
Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter
ſchenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm er-
ſcheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hir-
ten bitten, daß er mich ihm opfere!

Indem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0083" n="63"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXIII.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Das <hi rendition="#fr">Schaf.</hi></hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>ls Jupiter das Fe&#x017F;t &#x017F;einer Vermählung feyerte,<lb/>
und alle Thiere ihm Ge&#x017F;chenke brachten, vermißte<lb/>
Juno das Schaf.</p><lb/>
          <p>Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Wa-<lb/>
rum ver&#x017F;äumt das fromme Schaf, uns &#x017F;ein wohl-<lb/>
meinendes Ge&#x017F;chenk zu bringen?</p><lb/>
          <p>Und der Hund nahm das Wort und &#x017F;prach:<lb/>
Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch<lb/>
heute ge&#x017F;ehen; es war &#x017F;ehr betrübt, und jammerte<lb/>
laut.</p><lb/>
          <p>Und warum jammerte das Schaf? fragte die<lb/>
&#x017F;chon gerührte Göttin.</p><lb/>
          <p>Ich ärm&#x017F;te! &#x017F;o &#x017F;prach es. Ich habe itzt weder<lb/>
Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter<lb/>
&#x017F;chenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm er-<lb/>
&#x017F;cheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hir-<lb/>
ten bitten, daß er mich ihm opfere!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Indem</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0083] XXIII. Das Schaf. Als Jupiter das Feſt ſeiner Vermählung feyerte, und alle Thiere ihm Geſchenke brachten, vermißte Juno das Schaf. Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Wa- rum verſäumt das fromme Schaf, uns ſein wohl- meinendes Geſchenk zu bringen? Und der Hund nahm das Wort und ſprach: Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch heute geſehen; es war ſehr betrübt, und jammerte laut. Und warum jammerte das Schaf? fragte die ſchon gerührte Göttin. Ich ärmſte! ſo ſprach es. Ich habe itzt weder Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter ſchenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm er- ſcheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hir- ten bitten, daß er mich ihm opfere! Indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/83
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/83>, abgerufen am 28.03.2024.