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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, dreyzehntes Jahr,
§. 9.
1210

Nachdem aber die Deutschen aus dem Felde wieder nach Riga kamen,
sandte der Bischof über Esthland seinen Priester Salomon nach Saccala,
ihnen das Wort der Predigt zu ertheilen, und das Sacrament der Taufe, die
sie anzunehmen schon längst angelobet hatten, feierlich zu volziehen. Er kam auch
nach dem Schlosse Viliende, wo er von einigen angenommen und wilkommen
geheissen ward; doch nur mit dem Grusse des Mundes und nicht des Herzens, wie
Judas Jscharioth den HErrn JEsum grüste. Er predigte ihnen das Wort
des Heils und taufte auch ihrer etliche. Allein die von Saccala und Ungan-
nien
hörten, daß eine Rußische Armee in Esthland sey, und versamleten eben-
fals ein Heer aus allen ihren Provinzen. Da nun der Priester Salomon von
ihrer Zusammenkunft Nachricht erhielt, machte er sich mit den Seinen aus dem
Schlosse weg, und gedachte nach Liefland zu kehren. Aber Lembit von Sac-
cala
nahm einen Schwarm Esthen zu sich, setzte dem Priester nach, holte ihn
ein, und tödtete ihn des Nachts, wie auch Dietrichen und Philippen seine
Dolmetscher s), nebst einigen andern, die alle um des Glaubens an Christum
willen ihr Leben eingebüsset, und, wie wir hoffen, zur Gemeinschaft der Märtyrer
gelanget sind. Es war dieser Philipp ein Lette *) von Nation, in dem Hause
des Bischofs erzogen, und so gläubig geworden, daß er als Dolmetscher andere
Völker zu belehren geschickt ward, und gleichwie er des Martyrthums theilhaftig
geworden, so hat er auch verdienet ein Erbe der ewigen Seligkeit zu werden.

s) Oben not. k) haben wir gesehen, daß Alexander der III. dem Fulco, als er die Esthen
zu lehren ausgesandt worden, einen gewissen Mönch zugeordnet, der aus der Esthni-
schen
Nation herstamte; welches um keiner andern Ursache willen geschehen zu seyn
scheinet, als daß der Bischof Fulco, weil er kein Esthnisch verstand, einen der Spra-
che kundigen Dolmetscher hätte. Selbst die vom Römischen Hofe in andre Reiche ab-
gefertigten Gesandten, hatten einen der die Landessprache wohl inne hatte allezeit unent-
behrlich von nöthen. Wie Pabst Jnnocentius IIII. 1251 einen solchen in Deutschland
hielte, um gewisse Befehle an die Fürsten zu bestellen, so schrieb er an ihn: Wir er-
mahnen dich, daß du den Bruder Dietrich zu dir nimst, den Heermeister des Deut-
schen
Hauses in Preussen, der der deutschen Sprache kundig ist, wenn du zu den Her-
zogen, Marggrafen und Grafen des Reichs hingehest, sie zum Gehorsam der Kirche
wieder nöthigest, und dich bemühest, sie ernstlich anzuhalten, doß sie dem König Wil-
helm
huldigen - - - Raynald ums Jahr 1251 n. 7. Die ausländischen Priester pre-
digten also auch in Liefland durch Dolmetscher vor dem Volke, bis sie die Landesspra-
che erlernten. Vielleicht nach dem Exempel jenes Bruno, von dem Helmold handelt,
Chron. Slav. l. 1. c. 38. n. 18. Sie hatten ihre Predigten in Slavischen (Lieflän-
dischen
) Worten aufgeschrieben, die sie nachher bey Gelegenheit den Leuten vorlasen.
§. 10.

Lembit aber kehrte nach Hinrichtung dieser frommen Männer nach seinem
Heere, und indem die Russen in Esthland stunden, gingen diese indessen in
Rußland, drungen in die Stadt Plescekowe, fingen an alles aus dem Pöbel
nieder zu machen, und da einiger Lerm entstand, kehrten sie nebst etlichen wieder
flüchtig nach Ungannien; die Russen hingegen fanden bey ihrer Rückkunft ihre
Stadt geplündert.

§. 11.

Hierauf wurden die Liven, Letten und Esthen, wegen anhaltender Pest
und Hungersnoth, des Kriegesungemaches überdrüßig, und schickten sich unter
einander Boten zu, machten Friede mit Ausschliessung der Rigischen. So bald
der Krieg aufhörte, ließ auch der Hunger und das Sterben der Menschen nach.

§. 12.

Wie nachher das Eis auf der See und auf der Düne aufging, kehrte der
Bischof von Verden, und der Bischof von Pathelborn mit ihren Pilgern

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*) Das Revelsche Manuscript list, de gente Letthorum an stat Letthonum.
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr,
§. 9.
1210

Nachdem aber die Deutſchen aus dem Felde wieder nach Riga kamen,
ſandte der Biſchof uͤber Eſthland ſeinen Prieſter Salomon nach Saccala,
ihnen das Wort der Predigt zu ertheilen, und das Sacrament der Taufe, die
ſie anzunehmen ſchon laͤngſt angelobet hatten, feierlich zu volziehen. Er kam auch
nach dem Schloſſe Viliende, wo er von einigen angenommen und wilkommen
geheiſſen ward; doch nur mit dem Gruſſe des Mundes und nicht des Herzens, wie
Judas Jſcharioth den HErrn JEſum gruͤſte. Er predigte ihnen das Wort
des Heils und taufte auch ihrer etliche. Allein die von Saccala und Ungan-
nien
hoͤrten, daß eine Rußiſche Armee in Eſthland ſey, und verſamleten eben-
fals ein Heer aus allen ihren Provinzen. Da nun der Prieſter Salomon von
ihrer Zuſammenkunft Nachricht erhielt, machte er ſich mit den Seinen aus dem
Schloſſe weg, und gedachte nach Liefland zu kehren. Aber Lembit von Sac-
cala
nahm einen Schwarm Eſthen zu ſich, ſetzte dem Prieſter nach, holte ihn
ein, und toͤdtete ihn des Nachts, wie auch Dietrichen und Philippen ſeine
Dolmetſcher s), nebſt einigen andern, die alle um des Glaubens an Chriſtum
willen ihr Leben eingebuͤſſet, und, wie wir hoffen, zur Gemeinſchaft der Maͤrtyrer
gelanget ſind. Es war dieſer Philipp ein Lette *) von Nation, in dem Hauſe
des Biſchofs erzogen, und ſo glaͤubig geworden, daß er als Dolmetſcher andere
Voͤlker zu belehren geſchickt ward, und gleichwie er des Martyrthums theilhaftig
geworden, ſo hat er auch verdienet ein Erbe der ewigen Seligkeit zu werden.

s) Oben not. k) haben wir geſehen, daß Alexander der III. dem Fulco, als er die Eſthen
zu lehren ausgeſandt worden, einen gewiſſen Moͤnch zugeordnet, der aus der Eſthni-
ſchen
Nation herſtamte; welches um keiner andern Urſache willen geſchehen zu ſeyn
ſcheinet, als daß der Biſchof Fulco, weil er kein Eſthniſch verſtand, einen der Spra-
che kundigen Dolmetſcher haͤtte. Selbſt die vom Roͤmiſchen Hofe in andre Reiche ab-
gefertigten Geſandten, hatten einen der die Landesſprache wohl inne hatte allezeit unent-
behrlich von noͤthen. Wie Pabſt Jnnocentius IIII. 1251 einen ſolchen in Deutſchland
hielte, um gewiſſe Befehle an die Fuͤrſten zu beſtellen, ſo ſchrieb er an ihn: Wir er-
mahnen dich, daß du den Bruder Dietrich zu dir nimſt, den Heermeiſter des Deut-
ſchen
Hauſes in Preuſſen, der der deutſchen Sprache kundig iſt, wenn du zu den Her-
zogen, Marggrafen und Grafen des Reichs hingeheſt, ſie zum Gehorſam der Kirche
wieder noͤthigeſt, und dich bemuͤheſt, ſie ernſtlich anzuhalten, doß ſie dem Koͤnig Wil-
helm
huldigen ‒ ‒ ‒ Raynald ums Jahr 1251 n. 7. Die auslaͤndiſchen Prieſter pre-
digten alſo auch in Liefland durch Dolmetſcher vor dem Volke, bis ſie die Landesſpra-
che erlernten. Vielleicht nach dem Exempel jenes Bruno, von dem Helmold handelt,
Chron. Slav. l. 1. c. 38. n. 18. Sie hatten ihre Predigten in Slaviſchen (Lieflaͤn-
diſchen
) Worten aufgeſchrieben, die ſie nachher bey Gelegenheit den Leuten vorlaſen.
§. 10.

Lembit aber kehrte nach Hinrichtung dieſer frommen Maͤnner nach ſeinem
Heere, und indem die Ruſſen in Eſthland ſtunden, gingen dieſe indeſſen in
Rußland, drungen in die Stadt Pleſcekowe, fingen an alles aus dem Poͤbel
nieder zu machen, und da einiger Lerm entſtand, kehrten ſie nebſt etlichen wieder
fluͤchtig nach Ungannien; die Ruſſen hingegen fanden bey ihrer Ruͤckkunft ihre
Stadt gepluͤndert.

§. 11.

Hierauf wurden die Liven, Letten und Eſthen, wegen anhaltender Peſt
und Hungersnoth, des Kriegesungemaches uͤberdruͤßig, und ſchickten ſich unter
einander Boten zu, machten Friede mit Ausſchlieſſung der Rigiſchen. So bald
der Krieg aufhoͤrte, ließ auch der Hunger und das Sterben der Menſchen nach.

§. 12.

Wie nachher das Eis auf der See und auf der Duͤne aufging, kehrte der
Biſchof von Verden, und der Biſchof von Pathelborn mit ihren Pilgern

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*) Das Revelſche Manuſcript liſt, de gente Letthorum an ſtat Letthonum.
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[96/0128] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr, §. 9. Nachdem aber die Deutſchen aus dem Felde wieder nach Riga kamen, ſandte der Biſchof uͤber Eſthland ſeinen Prieſter Salomon nach Saccala, ihnen das Wort der Predigt zu ertheilen, und das Sacrament der Taufe, die ſie anzunehmen ſchon laͤngſt angelobet hatten, feierlich zu volziehen. Er kam auch nach dem Schloſſe Viliende, wo er von einigen angenommen und wilkommen geheiſſen ward; doch nur mit dem Gruſſe des Mundes und nicht des Herzens, wie Judas Jſcharioth den HErrn JEſum gruͤſte. Er predigte ihnen das Wort des Heils und taufte auch ihrer etliche. Allein die von Saccala und Ungan- nien hoͤrten, daß eine Rußiſche Armee in Eſthland ſey, und verſamleten eben- fals ein Heer aus allen ihren Provinzen. Da nun der Prieſter Salomon von ihrer Zuſammenkunft Nachricht erhielt, machte er ſich mit den Seinen aus dem Schloſſe weg, und gedachte nach Liefland zu kehren. Aber Lembit von Sac- cala nahm einen Schwarm Eſthen zu ſich, ſetzte dem Prieſter nach, holte ihn ein, und toͤdtete ihn des Nachts, wie auch Dietrichen und Philippen ſeine Dolmetſcher s⁾ , nebſt einigen andern, die alle um des Glaubens an Chriſtum willen ihr Leben eingebuͤſſet, und, wie wir hoffen, zur Gemeinſchaft der Maͤrtyrer gelanget ſind. Es war dieſer Philipp ein Lette *) von Nation, in dem Hauſe des Biſchofs erzogen, und ſo glaͤubig geworden, daß er als Dolmetſcher andere Voͤlker zu belehren geſchickt ward, und gleichwie er des Martyrthums theilhaftig geworden, ſo hat er auch verdienet ein Erbe der ewigen Seligkeit zu werden. s⁾ Oben not. k) haben wir geſehen, daß Alexander der III. dem Fulco, als er die Eſthen zu lehren ausgeſandt worden, einen gewiſſen Moͤnch zugeordnet, der aus der Eſthni- ſchen Nation herſtamte; welches um keiner andern Urſache willen geſchehen zu ſeyn ſcheinet, als daß der Biſchof Fulco, weil er kein Eſthniſch verſtand, einen der Spra- che kundigen Dolmetſcher haͤtte. Selbſt die vom Roͤmiſchen Hofe in andre Reiche ab- gefertigten Geſandten, hatten einen der die Landesſprache wohl inne hatte allezeit unent- behrlich von noͤthen. Wie Pabſt Jnnocentius IIII. 1251 einen ſolchen in Deutſchland hielte, um gewiſſe Befehle an die Fuͤrſten zu beſtellen, ſo ſchrieb er an ihn: Wir er- mahnen dich, daß du den Bruder Dietrich zu dir nimſt, den Heermeiſter des Deut- ſchen Hauſes in Preuſſen, der der deutſchen Sprache kundig iſt, wenn du zu den Her- zogen, Marggrafen und Grafen des Reichs hingeheſt, ſie zum Gehorſam der Kirche wieder noͤthigeſt, und dich bemuͤheſt, ſie ernſtlich anzuhalten, doß ſie dem Koͤnig Wil- helm huldigen ‒ ‒ ‒ Raynald ums Jahr 1251 n. 7. Die auslaͤndiſchen Prieſter pre- digten alſo auch in Liefland durch Dolmetſcher vor dem Volke, bis ſie die Landesſpra- che erlernten. Vielleicht nach dem Exempel jenes Bruno, von dem Helmold handelt, Chron. Slav. l. 1. c. 38. n. 18. Sie hatten ihre Predigten in Slaviſchen (Lieflaͤn- diſchen) Worten aufgeſchrieben, die ſie nachher bey Gelegenheit den Leuten vorlaſen. §. 10. Lembit aber kehrte nach Hinrichtung dieſer frommen Maͤnner nach ſeinem Heere, und indem die Ruſſen in Eſthland ſtunden, gingen dieſe indeſſen in Rußland, drungen in die Stadt Pleſcekowe, fingen an alles aus dem Poͤbel nieder zu machen, und da einiger Lerm entſtand, kehrten ſie nebſt etlichen wieder fluͤchtig nach Ungannien; die Ruſſen hingegen fanden bey ihrer Ruͤckkunft ihre Stadt gepluͤndert. §. 11. Hierauf wurden die Liven, Letten und Eſthen, wegen anhaltender Peſt und Hungersnoth, des Kriegesungemaches uͤberdruͤßig, und ſchickten ſich unter einander Boten zu, machten Friede mit Ausſchlieſſung der Rigiſchen. So bald der Krieg aufhoͤrte, ließ auch der Hunger und das Sterben der Menſchen nach. §. 12. Wie nachher das Eis auf der See und auf der Duͤne aufging, kehrte der Biſchof von Verden, und der Biſchof von Pathelborn mit ihren Pilgern zuruͤck *) Das Revelſche Manuſcript liſt, de gente Letthorum an ſtat Letthonum.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/128>, abgerufen am 28.03.2024.