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Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

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neben den Männern erfolgreich und oftmals die Gesammtbildung fördernd, wirken zu sehen. Welches also sind die Bereiche, die den Frauen im Interesse des Gemeinwohls und ihrer eigenen Würde, nach der Ansicht derjenigen verschlossen bleiben müssen, von denen die unbedingte Emancipation der Frauen zur Arbeit, denn an diese habe ich vorläufig hier zunächst gedacht, als eine Ungehörigkeit betrachtet wird? -- Oder welche Eigenschaften der Frauen sind es, die durch eine gründliche Bildung, durch ernste Beschäftigung mit ernsthaften Dingen gefährdet werden könnten, während Bildung und ernstes wissenschaftliches Bestreben die Eigenschaften des Mannes schön entwickeln?

Man ist mir auf diese Fragen die Antwort in der Regel schuldig geblieben; denn es stehen doch nicht viele verständige Leute mehr auf dem Standpunkte jenes protestantischen Pfarrers, der einem unserer ausgezeichnetsten mir befreundeten Physiologen, neulich hier in allem Ernste die Frage vorlegte, "ob denn mit mir wirklich gut zu verkehren sei, da der Herr diejenigen Frauen, welche er mit gewissen Talenten ausstatte, meist mit Unliebenswürdigkeiten dafür zu strafen pflege!" -- Welch eine Vorstellung von dem Wesen, das sie den Gerechten nennen! Zu solcher Höhe der Bildung und Erkenntniß wird sich freilich nicht jede weibliche Intelligenz emporzuschwingen vermögen! Aber ich breche für heute ab, um in dem nächsten Briefe diese Erörterungen weiter fortzusetzen.


neben den Männern erfolgreich und oftmals die Gesammtbildung fördernd, wirken zu sehen. Welches also sind die Bereiche, die den Frauen im Interesse des Gemeinwohls und ihrer eigenen Würde, nach der Ansicht derjenigen verschlossen bleiben müssen, von denen die unbedingte Emancipation der Frauen zur Arbeit, denn an diese habe ich vorläufig hier zunächst gedacht, als eine Ungehörigkeit betrachtet wird? — Oder welche Eigenschaften der Frauen sind es, die durch eine gründliche Bildung, durch ernste Beschäftigung mit ernsthaften Dingen gefährdet werden könnten, während Bildung und ernstes wissenschaftliches Bestreben die Eigenschaften des Mannes schön entwickeln?

Man ist mir auf diese Fragen die Antwort in der Regel schuldig geblieben; denn es stehen doch nicht viele verständige Leute mehr auf dem Standpunkte jenes protestantischen Pfarrers, der einem unserer ausgezeichnetsten mir befreundeten Physiologen, neulich hier in allem Ernste die Frage vorlegte, »ob denn mit mir wirklich gut zu verkehren sei, da der Herr diejenigen Frauen, welche er mit gewissen Talenten ausstatte, meist mit Unliebenswürdigkeiten dafür zu strafen pflege!« — Welch eine Vorstellung von dem Wesen, das sie den Gerechten nennen! Zu solcher Höhe der Bildung und Erkenntniß wird sich freilich nicht jede weibliche Intelligenz emporzuschwingen vermögen! Aber ich breche für heute ab, um in dem nächsten Briefe diese Erörterungen weiter fortzusetzen.


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[100/0110] neben den Männern erfolgreich und oftmals die Gesammtbildung fördernd, wirken zu sehen. Welches also sind die Bereiche, die den Frauen im Interesse des Gemeinwohls und ihrer eigenen Würde, nach der Ansicht derjenigen verschlossen bleiben müssen, von denen die unbedingte Emancipation der Frauen zur Arbeit, denn an diese habe ich vorläufig hier zunächst gedacht, als eine Ungehörigkeit betrachtet wird? — Oder welche Eigenschaften der Frauen sind es, die durch eine gründliche Bildung, durch ernste Beschäftigung mit ernsthaften Dingen gefährdet werden könnten, während Bildung und ernstes wissenschaftliches Bestreben die Eigenschaften des Mannes schön entwickeln? Man ist mir auf diese Fragen die Antwort in der Regel schuldig geblieben; denn es stehen doch nicht viele verständige Leute mehr auf dem Standpunkte jenes protestantischen Pfarrers, der einem unserer ausgezeichnetsten mir befreundeten Physiologen, neulich hier in allem Ernste die Frage vorlegte, »ob denn mit mir wirklich gut zu verkehren sei, da der Herr diejenigen Frauen, welche er mit gewissen Talenten ausstatte, meist mit Unliebenswürdigkeiten dafür zu strafen pflege!« — Welch eine Vorstellung von dem Wesen, das sie den Gerechten nennen! Zu solcher Höhe der Bildung und Erkenntniß wird sich freilich nicht jede weibliche Intelligenz emporzuschwingen vermögen! Aber ich breche für heute ab, um in dem nächsten Briefe diese Erörterungen weiter fortzusetzen.

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/110>, abgerufen am 28.03.2024.