Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Um hierüber ein Urteil zu gewinnen, muss man den Luft-
widerstand der ebenen Fläche bei schräger Bewegung kennen,
und da das Vorwärtsfliegen der eigentliche Zweck des Flie-
gens ist, so haben die hierbei auftretenden Luftwiderstands-
erscheinungen eine erhöhte Wichtigkeit für die Flugtechnik.

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 13.

Die technischen Handbücher weisen jedoch über diese
Art von Luftwiderstand solche Formeln auf, welche grossen-
teils aus theoretischen Betrachtungen hervorgegangen sind,
und auf Voraussetzungen basieren, welche in Wirklichkeit
nicht erfüllt werden können.

Wie schon früher angedeutet, war dieser Mangel für die
gewöhnlichen Bedürfnisse der Technik nicht sehr einschnei-
dend; denn es hingen nicht gerade Möglichkeiten und Un-
möglichkeiten von der Richtigkeit der genannten Formeln ab.

Für die Praxis des Fliegens sind dagegen nur solche An-
gaben über Luftwiderstand verwendbar, welche, aus Versuchen
sich ergebend, auch den Unvollkommenheiten Rechnung tra-
gen, welche die Ausführbarkeit wirklicher Flügel mit sich
bringt. Wir können nun einmal keine unendlich dünnen,
unendlich glatten Flügel herstellen, wie die Theorie sie vor-
aussetzt, ebensowenig wie die Natur dies vermag, und so stellt
sich bei derartigen Versuchen ein beträchtlicher Unterschied
in den Luftwiderstandserscheinungen gegen das theoretisch
Entwickelte ein. Dies gilt namentlich auch für die Richtung
des Luftwiderstandes zur bewegten Fläche. Diese Richtung
steht nach der einfach theoretischen Anschauung senkrecht

Um hierüber ein Urteil zu gewinnen, muſs man den Luft-
widerstand der ebenen Fläche bei schräger Bewegung kennen,
und da das Vorwärtsfliegen der eigentliche Zweck des Flie-
gens ist, so haben die hierbei auftretenden Luftwiderstands-
erscheinungen eine erhöhte Wichtigkeit für die Flugtechnik.

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 13.

Die technischen Handbücher weisen jedoch über diese
Art von Luftwiderstand solche Formeln auf, welche groſsen-
teils aus theoretischen Betrachtungen hervorgegangen sind,
und auf Voraussetzungen basieren, welche in Wirklichkeit
nicht erfüllt werden können.

Wie schon früher angedeutet, war dieser Mangel für die
gewöhnlichen Bedürfnisse der Technik nicht sehr einschnei-
dend; denn es hingen nicht gerade Möglichkeiten und Un-
möglichkeiten von der Richtigkeit der genannten Formeln ab.

Für die Praxis des Fliegens sind dagegen nur solche An-
gaben über Luftwiderstand verwendbar, welche, aus Versuchen
sich ergebend, auch den Unvollkommenheiten Rechnung tra-
gen, welche die Ausführbarkeit wirklicher Flügel mit sich
bringt. Wir können nun einmal keine unendlich dünnen,
unendlich glatten Flügel herstellen, wie die Theorie sie vor-
aussetzt, ebensowenig wie die Natur dies vermag, und so stellt
sich bei derartigen Versuchen ein beträchtlicher Unterschied
in den Luftwiderstandserscheinungen gegen das theoretisch
Entwickelte ein. Dies gilt namentlich auch für die Richtung
des Luftwiderstandes zur bewegten Fläche. Diese Richtung
steht nach der einfach theoretischen Anschauung senkrecht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0075" n="59"/>
        <p>Um hierüber ein Urteil zu gewinnen, mu&#x017F;s man den Luft-<lb/>
widerstand der ebenen Fläche bei schräger Bewegung kennen,<lb/>
und da das Vorwärtsfliegen der eigentliche Zweck des Flie-<lb/>
gens ist, so haben die hierbei auftretenden Luftwiderstands-<lb/>
erscheinungen eine erhöhte Wichtigkeit für die Flugtechnik.</p><lb/>
        <figure/>
        <figure>
          <head>Fig. 13.</head>
        </figure><lb/>
        <p>Die technischen Handbücher weisen jedoch über diese<lb/>
Art von Luftwiderstand solche Formeln auf, welche gro&#x017F;sen-<lb/>
teils aus theoretischen Betrachtungen hervorgegangen sind,<lb/>
und auf Voraussetzungen basieren, welche in Wirklichkeit<lb/>
nicht erfüllt werden können.</p><lb/>
        <p>Wie schon früher angedeutet, war dieser Mangel für die<lb/>
gewöhnlichen Bedürfnisse der Technik nicht sehr einschnei-<lb/>
dend; denn es hingen nicht gerade Möglichkeiten und Un-<lb/>
möglichkeiten von der Richtigkeit der genannten Formeln ab.</p><lb/>
        <p>Für die Praxis des Fliegens sind dagegen nur solche An-<lb/>
gaben über Luftwiderstand verwendbar, welche, aus Versuchen<lb/>
sich ergebend, auch den Unvollkommenheiten Rechnung tra-<lb/>
gen, welche die Ausführbarkeit wirklicher Flügel mit sich<lb/>
bringt. Wir können nun einmal keine unendlich dünnen,<lb/>
unendlich glatten Flügel herstellen, wie die Theorie sie vor-<lb/>
aussetzt, ebensowenig wie die Natur dies vermag, und so stellt<lb/>
sich bei derartigen Versuchen ein beträchtlicher Unterschied<lb/>
in den Luftwiderstandserscheinungen gegen das theoretisch<lb/>
Entwickelte ein. Dies gilt namentlich auch für die Richtung<lb/>
des Luftwiderstandes zur bewegten Fläche. Diese Richtung<lb/>
steht nach der einfach theoretischen Anschauung senkrecht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0075] Um hierüber ein Urteil zu gewinnen, muſs man den Luft- widerstand der ebenen Fläche bei schräger Bewegung kennen, und da das Vorwärtsfliegen der eigentliche Zweck des Flie- gens ist, so haben die hierbei auftretenden Luftwiderstands- erscheinungen eine erhöhte Wichtigkeit für die Flugtechnik. [Abbildung] [Abbildung Fig. 13.] Die technischen Handbücher weisen jedoch über diese Art von Luftwiderstand solche Formeln auf, welche groſsen- teils aus theoretischen Betrachtungen hervorgegangen sind, und auf Voraussetzungen basieren, welche in Wirklichkeit nicht erfüllt werden können. Wie schon früher angedeutet, war dieser Mangel für die gewöhnlichen Bedürfnisse der Technik nicht sehr einschnei- dend; denn es hingen nicht gerade Möglichkeiten und Un- möglichkeiten von der Richtigkeit der genannten Formeln ab. Für die Praxis des Fliegens sind dagegen nur solche An- gaben über Luftwiderstand verwendbar, welche, aus Versuchen sich ergebend, auch den Unvollkommenheiten Rechnung tra- gen, welche die Ausführbarkeit wirklicher Flügel mit sich bringt. Wir können nun einmal keine unendlich dünnen, unendlich glatten Flügel herstellen, wie die Theorie sie vor- aussetzt, ebensowenig wie die Natur dies vermag, und so stellt sich bei derartigen Versuchen ein beträchtlicher Unterschied in den Luftwiderstandserscheinungen gegen das theoretisch Entwickelte ein. Dies gilt namentlich auch für die Richtung des Luftwiderstandes zur bewegten Fläche. Diese Richtung steht nach der einfach theoretischen Anschauung senkrecht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/75
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/75>, abgerufen am 29.03.2024.