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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
de, und dieses giebt mir ein unstreitiges Recht,
mich dieser geplagten Leute anzunehmen, und die-
selbe so nachdrücklich, als es mir immer möglich
ist, wider ihre Verfolger zu vertheidigen. Vor
mir hat hieran kein Mensch gedacht, und wofern
ich die Welt recht kenne, so wird sich, wenn ich
meinen Mund nicht aufthue, wohl keiner des Scha-
dens Josephs annehmen.

Man muß gestehen, man will oder will nicht,
daß es in der Welt gantz verkehrt zugehe. Wenn
irgend ein wahrhaftig guter Scribent von unver-
ständigen und neidischen Leuten angegriffen wird,
so findet sich gleich ein tapferer Ritter, der vor ei-
nen solchen Mann einen Speer bricht: Aber dem
Jammer der elenden Scribenten siehet man mit
Lachen zu. Niemand eilet ihnen in ihrer Noth zu
Hülfe. Und es ist doch gewiß, daß die elenden Scri-
benten, eben darum weil sie elende Scribenten,
und ihre Verdienste und Vollkommenheiten nicht
so sichtbar sind, einer Vertheidigung vor andern
bedürfen; Hergegen ein unstreitig guter Scribent
durch seine eigene, und in die Sinnen fallende Ver-
dienste wider den Angrif seiner Neider hinlänglich
beschützet wird. Solche Leute brauchen keiner
Vertheidigung, und Bayle würde doch wohl
Bayle bleiben, wenn man gleich einen eigensinni-
gen Crousaz, zu seiner eigenen Schande, wider ihn
wüten liesse.

Jndessen nimmt man sich der guten Scriben-
ten an, und spottet der elenden, wenn sie verfol-
get werden. Jch finde darinn keine Billigkeit:
Aber ich wundere mich doch über dieses unförm-

liche

(o)
de, und dieſes giebt mir ein unſtreitiges Recht,
mich dieſer geplagten Leute anzunehmen, und die-
ſelbe ſo nachdruͤcklich, als es mir immer moͤglich
iſt, wider ihre Verfolger zu vertheidigen. Vor
mir hat hieran kein Menſch gedacht, und wofern
ich die Welt recht kenne, ſo wird ſich, wenn ich
meinen Mund nicht aufthue, wohl keiner des Scha-
dens Joſephs annehmen.

Man muß geſtehen, man will oder will nicht,
daß es in der Welt gantz verkehrt zugehe. Wenn
irgend ein wahrhaftig guter Scribent von unver-
ſtaͤndigen und neidiſchen Leuten angegriffen wird,
ſo findet ſich gleich ein tapferer Ritter, der vor ei-
nen ſolchen Mann einen Speer bricht: Aber dem
Jammer der elenden Scribenten ſiehet man mit
Lachen zu. Niemand eilet ihnen in ihrer Noth zu
Huͤlfe. Und es iſt doch gewiß, daß die elenden Scri-
benten, eben darum weil ſie elende Scribenten,
und ihre Verdienſte und Vollkommenheiten nicht
ſo ſichtbar ſind, einer Vertheidigung vor andern
beduͤrfen; Hergegen ein unſtreitig guter Scribent
durch ſeine eigene, und in die Sinnen fallende Ver-
dienſte wider den Angrif ſeiner Neider hinlaͤnglich
beſchuͤtzet wird. Solche Leute brauchen keiner
Vertheidigung, und Bayle wuͤrde doch wohl
Bayle bleiben, wenn man gleich einen eigenſinni-
gen Crouſaz, zu ſeiner eigenen Schande, wider ihn
wuͤten lieſſe.

Jndeſſen nimmt man ſich der guten Scriben-
ten an, und ſpottet der elenden, wenn ſie verfol-
get werden. Jch finde darinn keine Billigkeit:
Aber ich wundere mich doch uͤber dieſes unfoͤrm-

liche
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[475/0567] (o) de, und dieſes giebt mir ein unſtreitiges Recht, mich dieſer geplagten Leute anzunehmen, und die- ſelbe ſo nachdruͤcklich, als es mir immer moͤglich iſt, wider ihre Verfolger zu vertheidigen. Vor mir hat hieran kein Menſch gedacht, und wofern ich die Welt recht kenne, ſo wird ſich, wenn ich meinen Mund nicht aufthue, wohl keiner des Scha- dens Joſephs annehmen. Man muß geſtehen, man will oder will nicht, daß es in der Welt gantz verkehrt zugehe. Wenn irgend ein wahrhaftig guter Scribent von unver- ſtaͤndigen und neidiſchen Leuten angegriffen wird, ſo findet ſich gleich ein tapferer Ritter, der vor ei- nen ſolchen Mann einen Speer bricht: Aber dem Jammer der elenden Scribenten ſiehet man mit Lachen zu. Niemand eilet ihnen in ihrer Noth zu Huͤlfe. Und es iſt doch gewiß, daß die elenden Scri- benten, eben darum weil ſie elende Scribenten, und ihre Verdienſte und Vollkommenheiten nicht ſo ſichtbar ſind, einer Vertheidigung vor andern beduͤrfen; Hergegen ein unſtreitig guter Scribent durch ſeine eigene, und in die Sinnen fallende Ver- dienſte wider den Angrif ſeiner Neider hinlaͤnglich beſchuͤtzet wird. Solche Leute brauchen keiner Vertheidigung, und Bayle wuͤrde doch wohl Bayle bleiben, wenn man gleich einen eigenſinni- gen Crouſaz, zu ſeiner eigenen Schande, wider ihn wuͤten lieſſe. Jndeſſen nimmt man ſich der guten Scriben- ten an, und ſpottet der elenden, wenn ſie verfol- get werden. Jch finde darinn keine Billigkeit: Aber ich wundere mich doch uͤber dieſes unfoͤrm- liche

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/567>, abgerufen am 28.03.2024.