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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
"tan ist ein gelehrter Gauckler, der bey seiner vorge-
"gebenen Wissenschaft viel lächerliches an sich hat,
"das er selbst nicht davor erkennet (p. 35.) und ver-
"spricht p. 37. die Charlatanerie nach D. Swifts
"Lehr-Art in Form einer Wissenschaft vorzutragen."
Es ist zu wünschen, daß er sein Versprechen halten
möge; denn seine Lehr-Sätze von der Charlatanerie
werden vortreflich, und, in ihrem Geschlechte,
eben so kräftig seyn, als die Lehren eines wiederge-
bohrnen Predigers, weil er sie unstreitig mit seinem
Exempel unterstützen wird. Die Uebersetzung der
Oration pro Quintio ist eben so schön, als diejeni-
ge, so er neulich von denen Maximen der Marquise
de Sable
herausgegeben. Der Herr Prof. Philip-
pi hält es sich vor schimpflich, einen Wortklauber
abzugeben, und, nach Art der gemeinen Uebersetzer,
den Sinn seines Originals genau auszudrücken. Er
übersetzet heroisch und männlich, und daher findet
man in seiner Uebersetzung unterschiedene Stellen, die
zwar an sich vortreflich, aber doch gantz was anders
sagen, als Cicero sagen wollen, und daher manchem
Anlaß geben können, zu dencken, der Hr. Prof. Philip-
pi verstehe kein Latein. Denn so übersetzet er zum
Ex. p. 61. die Worte: ad me ventum est, qui, ut
summa haberem cetera
, temporis quidem certe
vix satis habui, ut rem tantam, tot controver-
siis implicatam, possem cognoscere,
also: "und
"ist also diese Sache an mich gekommen, der ich,
"nun andere wichtige Angelegenheiten ab-
"zuwatren,
in Wahrheit kaum so viel Zeit übrig
"gehabt u. s. w." Da doch ein jeder leicht siehet,
daß Cicero mit den Worten: ut summa haberem

cetera,

(o)
„tan iſt ein gelehrter Gauckler, der bey ſeiner vorge-
„gebenen Wiſſenſchaft viel laͤcherliches an ſich hat,
„das er ſelbſt nicht davor erkennet (p. 35.) und ver-
„ſpricht p. 37. die Charlatanerie nach D. Swifts
„Lehr-Art in Form einer Wiſſenſchaft vorzutragen.‟
Es iſt zu wuͤnſchen, daß er ſein Verſprechen halten
moͤge; denn ſeine Lehr-Saͤtze von der Charlatanerie
werden vortreflich, und, in ihrem Geſchlechte,
eben ſo kraͤftig ſeyn, als die Lehren eines wiederge-
bohrnen Predigers, weil er ſie unſtreitig mit ſeinem
Exempel unterſtuͤtzen wird. Die Ueberſetzung der
Oration pro Quintio iſt eben ſo ſchoͤn, als diejeni-
ge, ſo er neulich von denen Maximen der Marquiſe
de Sablé
herausgegeben. Der Herr Prof. Philip-
pi haͤlt es ſich vor ſchimpflich, einen Wortklauber
abzugeben, und, nach Art der gemeinen Ueberſetzer,
den Sinn ſeines Originals genau auszudruͤcken. Er
uͤberſetzet heroiſch und maͤnnlich, und daher findet
man in ſeiner Ueberſetzung unterſchiedene Stellen, die
zwar an ſich vortreflich, aber doch gantz was anders
ſagen, als Cicero ſagen wollen, und daher manchem
Anlaß geben koͤnnen, zu dencken, der Hr. Prof. Philip-
pi verſtehe kein Latein. Denn ſo uͤberſetzet er zum
Ex. p. 61. die Worte: ad me ventum eſt, qui, ut
ſumma haberem cetera
, temporis quidem certe
vix ſatis habui, ut rem tantam, tot controver-
ſiis implicatam, poſſem cognoſcere,
alſo: „und
„iſt alſo dieſe Sache an mich gekommen, der ich,
nun andere wichtige Angelegenheiten ab-
„zuwatren,
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„gehabt u. ſ. w.‟ Da doch ein jeder leicht ſiehet,
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[852/0944] (o) „tan iſt ein gelehrter Gauckler, der bey ſeiner vorge- „gebenen Wiſſenſchaft viel laͤcherliches an ſich hat, „das er ſelbſt nicht davor erkennet (p. 35.) und ver- „ſpricht p. 37. die Charlatanerie nach D. Swifts „Lehr-Art in Form einer Wiſſenſchaft vorzutragen.‟ Es iſt zu wuͤnſchen, daß er ſein Verſprechen halten moͤge; denn ſeine Lehr-Saͤtze von der Charlatanerie werden vortreflich, und, in ihrem Geſchlechte, eben ſo kraͤftig ſeyn, als die Lehren eines wiederge- bohrnen Predigers, weil er ſie unſtreitig mit ſeinem Exempel unterſtuͤtzen wird. Die Ueberſetzung der Oration pro Quintio iſt eben ſo ſchoͤn, als diejeni- ge, ſo er neulich von denen Maximen der Marquiſe de Sablé herausgegeben. Der Herr Prof. Philip- pi haͤlt es ſich vor ſchimpflich, einen Wortklauber abzugeben, und, nach Art der gemeinen Ueberſetzer, den Sinn ſeines Originals genau auszudruͤcken. Er uͤberſetzet heroiſch und maͤnnlich, und daher findet man in ſeiner Ueberſetzung unterſchiedene Stellen, die zwar an ſich vortreflich, aber doch gantz was anders ſagen, als Cicero ſagen wollen, und daher manchem Anlaß geben koͤnnen, zu dencken, der Hr. Prof. Philip- pi verſtehe kein Latein. Denn ſo uͤberſetzet er zum Ex. p. 61. die Worte: ad me ventum eſt, qui, ut ſumma haberem cetera, temporis quidem certe vix ſatis habui, ut rem tantam, tot controver- ſiis implicatam, poſſem cognoſcere, alſo: „und „iſt alſo dieſe Sache an mich gekommen, der ich, „nun andere wichtige Angelegenheiten ab- „zuwatren, in Wahrheit kaum ſo viel Zeit uͤbrig „gehabt u. ſ. w.‟ Da doch ein jeder leicht ſiehet, daß Cicero mit den Worten: ut ſumma haberem cetera,

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/944>, abgerufen am 28.03.2024.