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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Monde der drei äußersten Planeten.
Lichtes bemerkt, indem er immer am stärksten glänzt, wenn er
weiter als Jupiter von der Erde entfernt ist, und am schwächsten,
wenn er für uns diesseits seines Hauptplaneten steht, so daß er
uns dort seine hellere, hier aber seine dunklere Seite zuzuwenden
scheint. Man hat daraus den Schluß gezogen, daß auch diese
Monde, so wie der der Erde, in derselben Zeit sich um ihren
Hauptplaneten bewegen, in welcher sie sich um ihre Axe drehen.
Spätere Beobachtungen haben dieß bei diesen vier Monden so-
wohl, als auch selbst bei einigen Monden Saturns vollkommen
bestätiget. (Vergl. I. S. 340). Diese Gleichheit der Revolution
und Rotation soll schon Hartsöker i. J. 1706 gemuthmaßt haben,
und wenn er gleich die Gründe davon nicht angeben konnte, so
war es doch gut, uns durch die Bekanntmachung seiner Meinung
auf die Sache aufmerksam gemacht zu haben. Es ist allerdings
viel leichter zu muthmaßen, als zu beweisen oder zu erfinden, und
wir haben, besonders in der Astronomie, Beispiele genug, die
dieß bestätigen. Aber auch jene ersten Muthmaßungen haben oft
ihren hohen Werth, und es ist nicht Jedermanns Sache, mit Glück
solche aufzustellen, die oft erst spät nachher durch unmittelbare
Beobachtungen wahr befunden werden, und die oft selbst den
Beobachter auf den richtigen Weg geleitet und die eigentliche
Erfindung vorbereitet haben. Man sollte es daher Niemand, der
sich dazu aufgelegt fühlt, verargen, Muthmaßungen, selbst gewagte,
aufzustellen, und mit Hypothesen zu experimentiren, da diese Spiele,
denn mehr sind sie gewöhnlich anfangs nicht, unschuldige Opera-
tionen sind, die später sehr nützlich werden können, wenn sie in
die rechten Hände fallen, obschon sie übrigens, man muß es ge-
stehen, auch schon Unheil genug angerichtet haben. Diese Dinge
lassen sich mit dem Feuer vergleichen, von dem man zu sagen
pflegt, es sey ein vortrefflicher Diener, aber ein sehr gefährlicher
Herr.

Da übrigens dieser periodische Lichtwechsel und jene dunklen
Flecken auf der Oberfläche des Satelliten nicht bei jedem Umlaufe
desselben um seinen Hauptplaneten sichtbar sind, so scheinen auf
dieser Oberfläche öfter bedeutende Umwälzungen vor sich zu gehen,
da sie selbst in der großen Entfernung dieser Himmelskörper von

Littrow's Himmel u. s. Wunder. II. 14

Die Monde der drei äußerſten Planeten.
Lichtes bemerkt, indem er immer am ſtärkſten glänzt, wenn er
weiter als Jupiter von der Erde entfernt iſt, und am ſchwächſten,
wenn er für uns diesſeits ſeines Hauptplaneten ſteht, ſo daß er
uns dort ſeine hellere, hier aber ſeine dunklere Seite zuzuwenden
ſcheint. Man hat daraus den Schluß gezogen, daß auch dieſe
Monde, ſo wie der der Erde, in derſelben Zeit ſich um ihren
Hauptplaneten bewegen, in welcher ſie ſich um ihre Axe drehen.
Spätere Beobachtungen haben dieß bei dieſen vier Monden ſo-
wohl, als auch ſelbſt bei einigen Monden Saturns vollkommen
beſtätiget. (Vergl. I. S. 340). Dieſe Gleichheit der Revolution
und Rotation ſoll ſchon Hartſöker i. J. 1706 gemuthmaßt haben,
und wenn er gleich die Gründe davon nicht angeben konnte, ſo
war es doch gut, uns durch die Bekanntmachung ſeiner Meinung
auf die Sache aufmerkſam gemacht zu haben. Es iſt allerdings
viel leichter zu muthmaßen, als zu beweiſen oder zu erfinden, und
wir haben, beſonders in der Aſtronomie, Beiſpiele genug, die
dieß beſtätigen. Aber auch jene erſten Muthmaßungen haben oft
ihren hohen Werth, und es iſt nicht Jedermanns Sache, mit Glück
ſolche aufzuſtellen, die oft erſt ſpät nachher durch unmittelbare
Beobachtungen wahr befunden werden, und die oft ſelbſt den
Beobachter auf den richtigen Weg geleitet und die eigentliche
Erfindung vorbereitet haben. Man ſollte es daher Niemand, der
ſich dazu aufgelegt fühlt, verargen, Muthmaßungen, ſelbſt gewagte,
aufzuſtellen, und mit Hypotheſen zu experimentiren, da dieſe Spiele,
denn mehr ſind ſie gewöhnlich anfangs nicht, unſchuldige Opera-
tionen ſind, die ſpäter ſehr nützlich werden können, wenn ſie in
die rechten Hände fallen, obſchon ſie übrigens, man muß es ge-
ſtehen, auch ſchon Unheil genug angerichtet haben. Dieſe Dinge
laſſen ſich mit dem Feuer vergleichen, von dem man zu ſagen
pflegt, es ſey ein vortrefflicher Diener, aber ein ſehr gefährlicher
Herr.

Da übrigens dieſer periodiſche Lichtwechſel und jene dunklen
Flecken auf der Oberfläche des Satelliten nicht bei jedem Umlaufe
deſſelben um ſeinen Hauptplaneten ſichtbar ſind, ſo ſcheinen auf
dieſer Oberfläche öfter bedeutende Umwälzungen vor ſich zu gehen,
da ſie ſelbſt in der großen Entfernung dieſer Himmelskörper von

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[209/0219] Die Monde der drei äußerſten Planeten. Lichtes bemerkt, indem er immer am ſtärkſten glänzt, wenn er weiter als Jupiter von der Erde entfernt iſt, und am ſchwächſten, wenn er für uns diesſeits ſeines Hauptplaneten ſteht, ſo daß er uns dort ſeine hellere, hier aber ſeine dunklere Seite zuzuwenden ſcheint. Man hat daraus den Schluß gezogen, daß auch dieſe Monde, ſo wie der der Erde, in derſelben Zeit ſich um ihren Hauptplaneten bewegen, in welcher ſie ſich um ihre Axe drehen. Spätere Beobachtungen haben dieß bei dieſen vier Monden ſo- wohl, als auch ſelbſt bei einigen Monden Saturns vollkommen beſtätiget. (Vergl. I. S. 340). Dieſe Gleichheit der Revolution und Rotation ſoll ſchon Hartſöker i. J. 1706 gemuthmaßt haben, und wenn er gleich die Gründe davon nicht angeben konnte, ſo war es doch gut, uns durch die Bekanntmachung ſeiner Meinung auf die Sache aufmerkſam gemacht zu haben. Es iſt allerdings viel leichter zu muthmaßen, als zu beweiſen oder zu erfinden, und wir haben, beſonders in der Aſtronomie, Beiſpiele genug, die dieß beſtätigen. Aber auch jene erſten Muthmaßungen haben oft ihren hohen Werth, und es iſt nicht Jedermanns Sache, mit Glück ſolche aufzuſtellen, die oft erſt ſpät nachher durch unmittelbare Beobachtungen wahr befunden werden, und die oft ſelbſt den Beobachter auf den richtigen Weg geleitet und die eigentliche Erfindung vorbereitet haben. Man ſollte es daher Niemand, der ſich dazu aufgelegt fühlt, verargen, Muthmaßungen, ſelbſt gewagte, aufzuſtellen, und mit Hypotheſen zu experimentiren, da dieſe Spiele, denn mehr ſind ſie gewöhnlich anfangs nicht, unſchuldige Opera- tionen ſind, die ſpäter ſehr nützlich werden können, wenn ſie in die rechten Hände fallen, obſchon ſie übrigens, man muß es ge- ſtehen, auch ſchon Unheil genug angerichtet haben. Dieſe Dinge laſſen ſich mit dem Feuer vergleichen, von dem man zu ſagen pflegt, es ſey ein vortrefflicher Diener, aber ein ſehr gefährlicher Herr. Da übrigens dieſer periodiſche Lichtwechſel und jene dunklen Flecken auf der Oberfläche des Satelliten nicht bei jedem Umlaufe deſſelben um ſeinen Hauptplaneten ſichtbar ſind, ſo ſcheinen auf dieſer Oberfläche öfter bedeutende Umwälzungen vor ſich zu gehen, da ſie ſelbſt in der großen Entfernung dieſer Himmelskörper von Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 14

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/219>, abgerufen am 19.04.2024.