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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Sterngruppen und Nebelmassen des Himmels.

§. 226. (Einzelne sternreiche Gegenden des Himmels.) Selbst
der erste Anblick des Himmels, mit unbewaffneten Augen, zeigt
uns schon, daß die Sterne, mit welchen er bedeckt ist keineswegs
gleichförmig auf ihm vertheilt sind. Wer kennt nicht die schöne
Gruppe von Sternen am Halse des Stiers, die unter dem Namen
der Pleiaden oder der Gluckhenne bezeichnet wird. Das Haar
der Berenice, die Krippe im Krebse u. f. sind ähnliche dichtge-
drängte Sammlungen von Fixsternen, die zu sehr von den anderen
in ihrer Nähe verschieden sind, als daß man sie nicht als zusam-
men gehörend und gleichsam für ein familienweise verbundenes,
für sich abgeschlossenes System von Himmelskörpern zu halten
veranlaßt werden sollte.

§. 227. (Die Milchstraße.) Was sollen wir aber erst von
der bereits oben betrachteten Milchstraße sagen, von jenem schö-
nen, hellen Bogen, der in der Gestalt eines größten Kreises durch
den Himmel zieht? Einzelne Theile dieser lichten Zone sind durch
einen ganz besonders hellen Glanz ausgezeichnet, in anderen Ge-
genden derselben aber sieht man gleichsam dunkle Oeffnungen und
Spalten und seitwärts auslaufende Aeste. Schon mäßige Fern-
röhre lösen uns die hellsten Gegenden dieser Zone in unzählige
kleine, dichtgedrängte Fixsterne auf und mit guten Telescopen sieht
man, daß diese Stellen immer desto sternreicher sind, je heller sie
dem bloßen Auge erscheinen, zum Beweise, daß das Licht dieser
Straße bloß von den in ihr gehäuften und dicht gedrängten Ster-
nen kommt, obschon in der That mehrere Stellen derselben auch
durch unsere besten Instrumente sich nicht mehr in einzelnen Ster-
nen auflösen lassen, wahrscheinlich, weil sie dort zu entfernt von
uns und zu nahe neben einander stehen, um noch einzeln von uns
erkannt zu werden.

§. 228. (Gestalt der Milchstraße.) Der ganze regelmäßige
Bau dieser wunderbaren Zone von wahrhaft unzähligen Sternen
zeigt uns, daß sie ein isolirtes System von Sonnen am Himmel
bildet, ein System, zu welchem auch unsere eigene Sonne als
ein zwar kleiner, aber doch integrirender Theil desselben gehört.
Wahrscheinlich sind wir nicht eben weit von dem Mittelpunkte
dieses ungeheuern Sonnengebäudes entfernt, weil wir sonst,

Sterngruppen und Nebelmaſſen des Himmels.

§. 226. (Einzelne ſternreiche Gegenden des Himmels.) Selbſt
der erſte Anblick des Himmels, mit unbewaffneten Augen, zeigt
uns ſchon, daß die Sterne, mit welchen er bedeckt iſt keineswegs
gleichförmig auf ihm vertheilt ſind. Wer kennt nicht die ſchöne
Gruppe von Sternen am Halſe des Stiers, die unter dem Namen
der Pleiaden oder der Gluckhenne bezeichnet wird. Das Haar
der Berenice, die Krippe im Krebſe u. f. ſind ähnliche dichtge-
drängte Sammlungen von Fixſternen, die zu ſehr von den anderen
in ihrer Nähe verſchieden ſind, als daß man ſie nicht als zuſam-
men gehörend und gleichſam für ein familienweiſe verbundenes,
für ſich abgeſchloſſenes Syſtem von Himmelskörpern zu halten
veranlaßt werden ſollte.

§. 227. (Die Milchſtraße.) Was ſollen wir aber erſt von
der bereits oben betrachteten Milchſtraße ſagen, von jenem ſchö-
nen, hellen Bogen, der in der Geſtalt eines größten Kreiſes durch
den Himmel zieht? Einzelne Theile dieſer lichten Zone ſind durch
einen ganz beſonders hellen Glanz ausgezeichnet, in anderen Ge-
genden derſelben aber ſieht man gleichſam dunkle Oeffnungen und
Spalten und ſeitwärts auslaufende Aeſte. Schon mäßige Fern-
röhre löſen uns die hellſten Gegenden dieſer Zone in unzählige
kleine, dichtgedrängte Fixſterne auf und mit guten Teleſcopen ſieht
man, daß dieſe Stellen immer deſto ſternreicher ſind, je heller ſie
dem bloßen Auge erſcheinen, zum Beweiſe, daß das Licht dieſer
Straße bloß von den in ihr gehäuften und dicht gedrängten Ster-
nen kommt, obſchon in der That mehrere Stellen derſelben auch
durch unſere beſten Inſtrumente ſich nicht mehr in einzelnen Ster-
nen auflöſen laſſen, wahrſcheinlich, weil ſie dort zu entfernt von
uns und zu nahe neben einander ſtehen, um noch einzeln von uns
erkannt zu werden.

§. 228. (Geſtalt der Milchſtraße.) Der ganze regelmäßige
Bau dieſer wunderbaren Zone von wahrhaft unzähligen Sternen
zeigt uns, daß ſie ein iſolirtes Syſtem von Sonnen am Himmel
bildet, ein Syſtem, zu welchem auch unſere eigene Sonne als
ein zwar kleiner, aber doch integrirender Theil deſſelben gehört.
Wahrſcheinlich ſind wir nicht eben weit von dem Mittelpunkte
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[357/0367] Sterngruppen und Nebelmaſſen des Himmels. §. 226. (Einzelne ſternreiche Gegenden des Himmels.) Selbſt der erſte Anblick des Himmels, mit unbewaffneten Augen, zeigt uns ſchon, daß die Sterne, mit welchen er bedeckt iſt keineswegs gleichförmig auf ihm vertheilt ſind. Wer kennt nicht die ſchöne Gruppe von Sternen am Halſe des Stiers, die unter dem Namen der Pleiaden oder der Gluckhenne bezeichnet wird. Das Haar der Berenice, die Krippe im Krebſe u. f. ſind ähnliche dichtge- drängte Sammlungen von Fixſternen, die zu ſehr von den anderen in ihrer Nähe verſchieden ſind, als daß man ſie nicht als zuſam- men gehörend und gleichſam für ein familienweiſe verbundenes, für ſich abgeſchloſſenes Syſtem von Himmelskörpern zu halten veranlaßt werden ſollte. §. 227. (Die Milchſtraße.) Was ſollen wir aber erſt von der bereits oben betrachteten Milchſtraße ſagen, von jenem ſchö- nen, hellen Bogen, der in der Geſtalt eines größten Kreiſes durch den Himmel zieht? Einzelne Theile dieſer lichten Zone ſind durch einen ganz beſonders hellen Glanz ausgezeichnet, in anderen Ge- genden derſelben aber ſieht man gleichſam dunkle Oeffnungen und Spalten und ſeitwärts auslaufende Aeſte. Schon mäßige Fern- röhre löſen uns die hellſten Gegenden dieſer Zone in unzählige kleine, dichtgedrängte Fixſterne auf und mit guten Teleſcopen ſieht man, daß dieſe Stellen immer deſto ſternreicher ſind, je heller ſie dem bloßen Auge erſcheinen, zum Beweiſe, daß das Licht dieſer Straße bloß von den in ihr gehäuften und dicht gedrängten Ster- nen kommt, obſchon in der That mehrere Stellen derſelben auch durch unſere beſten Inſtrumente ſich nicht mehr in einzelnen Ster- nen auflöſen laſſen, wahrſcheinlich, weil ſie dort zu entfernt von uns und zu nahe neben einander ſtehen, um noch einzeln von uns erkannt zu werden. §. 228. (Geſtalt der Milchſtraße.) Der ganze regelmäßige Bau dieſer wunderbaren Zone von wahrhaft unzähligen Sternen zeigt uns, daß ſie ein iſolirtes Syſtem von Sonnen am Himmel bildet, ein Syſtem, zu welchem auch unſere eigene Sonne als ein zwar kleiner, aber doch integrirender Theil deſſelben gehört. Wahrſcheinlich ſind wir nicht eben weit von dem Mittelpunkte dieſes ungeheuern Sonnengebäudes entfernt, weil wir ſonſt,

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/367>, abgerufen am 19.04.2024.