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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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sind, nicht immer die Freiheit haben, vom Magdalenium auszutreten, aber wenn ihre Stellung so ist, daß sie nur durch ihren Willen gekommen sind, so hindert man auch keine, versteht sich nach empfangenen Ermahnungen, zu gehen, ein freieres Dasein zu erwählen, oder allenfalls auch davonzulaufen, was dann aber auch manchmal eine freiwillige Rückkehr und eine Bitte zur Wiederaufnahme zur Folge hat. Wir haben Magdalenen von sehr verschiedenem Stande und - note bene - wir respectiren Stand- und Lebensverhältnisse und verlangen ebenso wenig, daß eine vornehme Gefallene, als daß eine kranke und schwache Gefallene am Waschfaß und aus Methode in der völligen Lebensgleichheit steht. Eine jede wird behandelt, je nachdem man es für sie für angemeßen hält und wir rechnen das zu unsrer lutherisch pastoralen Richtung. Wir haben auch sonstige große Verschiedenheiten des Lebens nicht vermieden, haben blöde und geisteskranke Magdalenen und zuweilen sogar mitten unter wirklichen Magdalenen solche Leute behalten, die blöde oder närrisch, aber gar keine Magdalenen waren, so daß die Gemeinschaft eine ziemlich bunte ist, die auch dem Seelsorger die mannigfachste Rücksicht auferlegt und von ihm fordert. Dabei dürfen wir nicht vergeßen, daß trotzdem daß wir Brüder haben, deren Beruf es verlangt, frei mit den Magdalenen zu verkehren, noch nicht ein Mal der Fall einer Versuchung für diese oder von diesen auf Magdalenen vorgekommen ist, und daß bisher Alles in den Schranken der Sitte verlaufen ist. Der Name "Magdalena" ist ein Schutz für diese selbst und für andere.

Es ist bekannt, was für eine schreckliche Sache für gewesene Wollüstlinge aller Stände das Recidiv ist, und die verschiedenen Erscheinungen desselben haben auch wir schon mannigfaltig zu erfahren bekommen, aber wir behandeln es ganz offen, wie eine wieder ausbrechende geistige und geistliche

sind, nicht immer die Freiheit haben, vom Magdalenium auszutreten, aber wenn ihre Stellung so ist, daß sie nur durch ihren Willen gekommen sind, so hindert man auch keine, versteht sich nach empfangenen Ermahnungen, zu gehen, ein freieres Dasein zu erwählen, oder allenfalls auch davonzulaufen, was dann aber auch manchmal eine freiwillige Rückkehr und eine Bitte zur Wiederaufnahme zur Folge hat. Wir haben Magdalenen von sehr verschiedenem Stande und – note bene – wir respectiren Stand– und Lebensverhältnisse und verlangen ebenso wenig, daß eine vornehme Gefallene, als daß eine kranke und schwache Gefallene am Waschfaß und aus Methode in der völligen Lebensgleichheit steht. Eine jede wird behandelt, je nachdem man es für sie für angemeßen hält und wir rechnen das zu unsrer lutherisch pastoralen Richtung. Wir haben auch sonstige große Verschiedenheiten des Lebens nicht vermieden, haben blöde und geisteskranke Magdalenen und zuweilen sogar mitten unter wirklichen Magdalenen solche Leute behalten, die blöde oder närrisch, aber gar keine Magdalenen waren, so daß die Gemeinschaft eine ziemlich bunte ist, die auch dem Seelsorger die mannigfachste Rücksicht auferlegt und von ihm fordert. Dabei dürfen wir nicht vergeßen, daß trotzdem daß wir Brüder haben, deren Beruf es verlangt, frei mit den Magdalenen zu verkehren, noch nicht ein Mal der Fall einer Versuchung für diese oder von diesen auf Magdalenen vorgekommen ist, und daß bisher Alles in den Schranken der Sitte verlaufen ist. Der Name „Magdalena“ ist ein Schutz für diese selbst und für andere.

Es ist bekannt, was für eine schreckliche Sache für gewesene Wollüstlinge aller Stände das Recidiv ist, und die verschiedenen Erscheinungen desselben haben auch wir schon mannigfaltig zu erfahren bekommen, aber wir behandeln es ganz offen, wie eine wieder ausbrechende geistige und geistliche

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[111/0111] sind, nicht immer die Freiheit haben, vom Magdalenium auszutreten, aber wenn ihre Stellung so ist, daß sie nur durch ihren Willen gekommen sind, so hindert man auch keine, versteht sich nach empfangenen Ermahnungen, zu gehen, ein freieres Dasein zu erwählen, oder allenfalls auch davonzulaufen, was dann aber auch manchmal eine freiwillige Rückkehr und eine Bitte zur Wiederaufnahme zur Folge hat. Wir haben Magdalenen von sehr verschiedenem Stande und – note bene – wir respectiren Stand– und Lebensverhältnisse und verlangen ebenso wenig, daß eine vornehme Gefallene, als daß eine kranke und schwache Gefallene am Waschfaß und aus Methode in der völligen Lebensgleichheit steht. Eine jede wird behandelt, je nachdem man es für sie für angemeßen hält und wir rechnen das zu unsrer lutherisch pastoralen Richtung. Wir haben auch sonstige große Verschiedenheiten des Lebens nicht vermieden, haben blöde und geisteskranke Magdalenen und zuweilen sogar mitten unter wirklichen Magdalenen solche Leute behalten, die blöde oder närrisch, aber gar keine Magdalenen waren, so daß die Gemeinschaft eine ziemlich bunte ist, die auch dem Seelsorger die mannigfachste Rücksicht auferlegt und von ihm fordert. Dabei dürfen wir nicht vergeßen, daß trotzdem daß wir Brüder haben, deren Beruf es verlangt, frei mit den Magdalenen zu verkehren, noch nicht ein Mal der Fall einer Versuchung für diese oder von diesen auf Magdalenen vorgekommen ist, und daß bisher Alles in den Schranken der Sitte verlaufen ist. Der Name „Magdalena“ ist ein Schutz für diese selbst und für andere. Es ist bekannt, was für eine schreckliche Sache für gewesene Wollüstlinge aller Stände das Recidiv ist, und die verschiedenen Erscheinungen desselben haben auch wir schon mannigfaltig zu erfahren bekommen, aber wir behandeln es ganz offen, wie eine wieder ausbrechende geistige und geistliche

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/111>, abgerufen am 23.04.2024.