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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Die Libe.
Du güldnes Licht und Auge diser Welt/
Der Monde borg't sein Silber zwar von dir;
Du aber Gold; Saffier des Himmels-Zelt/
330.Die Sternen Oel/ die Erde Geist von mir/
Die Schnecke Blutt/ die See Perl' und Korallen/
Die Kräuter Safft/ die Felsen Berg-Chrystallen.
Lern't nun/ was ich für eine Göttin bin/
Mein Tempel ist Lufft/ Himmel/ Erde/ Flutt.
325.Ja die Natur selbst ist die Pristerin/
Die Schönheit Zunder/ die Begierde Glutt/
Der Anmuth Blitz steck't die geweyhten Kertzen/
Der Sinnen an/ das Opffer sind die Hertzen.
Mein Saame wird geflö'ßt den Seelen ein/
330.Eh als in Mund der Brüste Milch-Kwäll rin't.
Mein Brand erweich't der Hertzen Kiselstein/
Wo Zeit und Tod zu stumpffe Feilen sind.
Wer widerspricht nun? Daß man mir mit Rechte.
Die Lorberzweig' umb meine Myrten flechte?
Die Zeit. Der Tod.
335.Die Libe miß't ihr hoch-vermässen bey/
Der Gottheit Krafft/ den Zepter aller Welt.
Die Zeit/ der Tod bricht alles morsch entzwey/
Was die Natur/ was Liben in sich hält;
Vom Abgrund an biß über's Monden Gräntzen
340.Sih't man der Zeit/ des Todes Sichel gläntzen.
Die Liebe.
Brauch't/ wir ihr woll't/ die Armen eurer Krafft
Laß't euren Zorn an morschen Wipffeln seh'n.
Genung! Daß ihr nichts an den Zedern schafft/
Die nur durch mich wol eingewurtzelt steh'n.
Denn nichts nicht/ was mein Lorber-Schatten decket/
Wird durch den Blitz durch Zeit und Tod erschrecket.
Die Zeit.
Die
Die Libe.
Du guͤldnes Licht und Auge diſer Welt/
Der Monde borg’t ſein Silber zwar von dir;
Du aber Gold; Saffier des Himmels-Zelt/
330.Die Sternen Oel/ die Erde Geiſt von mir/
Die Schnecke Blutt/ die See Perl’ und Korallen/
Die Kraͤuter Safft/ die Felſen Berg-Chryſtallen.
Lern’t nun/ was ich fuͤr eine Goͤttin bin/
Mein Tempel iſt Lufft/ Himmel/ Erde/ Flutt.
325.Ja die Natur ſelbſt iſt die Priſterin/
Die Schoͤnheit Zunder/ die Begierde Glutt/
Der Anmuth Blitz ſteck’t die geweyhten Kertzen/
Der Sinnen an/ das Opffer ſind die Hertzen.
Mein Saame wird gefloͤ’ßt den Seelen ein/
330.Eh als in Mund der Bruͤſte Milch-Kwaͤll rin’t.
Mein Brand erweich’t der Hertzen Kiſelſtein/
Wo Zeit und Tod zu ſtumpffe Feilen ſind.
Wer widerſpricht nun? Daß man mir mit Rechte.
Die Lorberzweig’ umb meine Myrten flechte?
Die Zeit. Der Tod.
335.Die Libe miß’t ihr hoch-vermaͤſſen bey/
Der Gottheit Krafft/ den Zepter aller Welt.
Die Zeit/ der Tod bricht alles morſch entzwey/
Was die Natur/ was Liben in ſich haͤlt;
Vom Abgrund an biß uͤber’s Monden Graͤntzen
340.Sih’t man der Zeit/ des Todes Sichel glaͤntzen.
Die Liebe.
Brauch’t/ wir ihr woll’t/ die Armen eurer Krafft
Laß’t euren Zorn an morſchen Wipffeln ſeh’n.
Genung! Daß ihr nichts an den Zedern ſchafft/
Die nur durch mich wol eingewurtzelt ſteh’n.
Denn nichts nicht/ was mein Lorber-Schatten decket/
Wird durch den Blitz durch Zeit und Tod erſchrecket.
Die Zeit.
Die
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[78./0096] Die Libe. Du guͤldnes Licht und Auge diſer Welt/ Der Monde borg’t ſein Silber zwar von dir; Du aber Gold; Saffier des Himmels-Zelt/ Die Sternen Oel/ die Erde Geiſt von mir/ Die Schnecke Blutt/ die See Perl’ und Korallen/ Die Kraͤuter Safft/ die Felſen Berg-Chryſtallen. Lern’t nun/ was ich fuͤr eine Goͤttin bin/ Mein Tempel iſt Lufft/ Himmel/ Erde/ Flutt. Ja die Natur ſelbſt iſt die Priſterin/ Die Schoͤnheit Zunder/ die Begierde Glutt/ Der Anmuth Blitz ſteck’t die geweyhten Kertzen/ Der Sinnen an/ das Opffer ſind die Hertzen. Mein Saame wird gefloͤ’ßt den Seelen ein/ Eh als in Mund der Bruͤſte Milch-Kwaͤll rin’t. Mein Brand erweich’t der Hertzen Kiſelſtein/ Wo Zeit und Tod zu ſtumpffe Feilen ſind. Wer widerſpricht nun? Daß man mir mit Rechte. Die Lorberzweig’ umb meine Myrten flechte? Die Zeit. Der Tod. Die Libe miß’t ihr hoch-vermaͤſſen bey/ Der Gottheit Krafft/ den Zepter aller Welt. Die Zeit/ der Tod bricht alles morſch entzwey/ Was die Natur/ was Liben in ſich haͤlt; Vom Abgrund an biß uͤber’s Monden Graͤntzen Sih’t man der Zeit/ des Todes Sichel glaͤntzen. Die Liebe. Brauch’t/ wir ihr woll’t/ die Armen eurer Krafft Laß’t euren Zorn an morſchen Wipffeln ſeh’n. Genung! Daß ihr nichts an den Zedern ſchafft/ Die nur durch mich wol eingewurtzelt ſteh’n. Denn nichts nicht/ was mein Lorber-Schatten decket/ Wird durch den Blitz durch Zeit und Tod erſchrecket. Die Zeit. Die

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 78.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/96>, abgerufen am 28.03.2024.