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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Calpare. Woher wol hättestu zu fürchten Gift und Schlangen?
60
Ambre. Des Glückes Bley-Fuß kommt wie das Thier Ha gegangen;
Das Unglück aber laufft geschwinden Luchsen für.
Calpare. GOtt wende die Gefahr/ und der erhalt dich mir!
Mufti. Ambre. Calpare.
Mufti. Nun werd' ich dich/ mein Kind/ so ehr'n als lieben müssen.
Ambre. Jch werd' in Demuth stets der Eltern Fuß-Pfad küssen.
65
Calpare. Was wächst der Ambre denn für neuwe Würde zu?
Mufti. hr blühet Ehr' und Thron und ewig-fäste Ruh.
Ambre. Wie daß denn Furcht mein Hertz' und Angst den Schlaff betrübet?
Mufti. Der Sultan ist in dich/ mein liebstes Kind/ verliebet/
Und schicket dir hiermit das Zeichen seiner Gunft.

70
Ambre. Hilff Himmel! ich vergeh: Ach! wie sol tolle Brunst
Und reine Keuschheit sich vermähl'n und mischen lassen?
Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben fassen/
Und meiner Adern-Quäll/ für dem Chrystall nicht rein/
Und Schwanen fleckicht sind/ sol ein Gefässe seyn/
75Darein der geile Hengst den Schaum der Unzucht spritze?
Calpare. Was sicht mein Kind dich an? mit was für Aberwitze
Stößt du des Käysers Hold und dein Gelücke weg?
Ambre. Solch Glücke schafft Verderb/ und seine Brunst macht Fleck.
Ach! ich erfahre schon die Deutung meiner Träume!
80Wie dieser Wurm das Gifft der Geilheit auf mich schäume;
Wie dieser Basilisk' in Englischer Gestalt/
Durch falschen Sonnenschein der Liebe mache kalt/
Durch Zucker holder Küß Angst/ Schand und Todt außsckütte.
Frau Mutter/ wo ihr Hertz heg't Mütterlich Geblütte/
85Wo ihre Brust noch Milch der Kinder-Liebe nehrt/
Wo ein fußfällig Kind je ist Erbarmens werth/
Wo meiner Thränen-Saltz nur schlechtem Wasser gleichet/
Das Kiesel hölet aus/ und Marmelstem erweichet/
Wo meiner Seufftzer Geist ihr biß zur Seele klimm't;
90So leide sie: daß ich zum Opfer ihm bestimm't/
Eh als zur Braut ihm werd'/ und daß ich seine Sebel
Eh' als die Lippen küß'/ in dem der Dunst und Nebel
Des Lebens jener Welt/ darinnen weder wohl
Noch übel uns wird seyn/ Mich mehr ergetzen sol/
95Als seines Purpers Glantz. Wil man mir dis versagen/
So wil ich Lebenslang als reine Jungfrau tragen/
Nach der Calender Arth an Ohren Ring' aus Stahl/
Zu Kleidern Pferde: Haar; Ja tausend Angst und Quaal
Geduldig stehen aus; krieg' ich nur diesen Segen:
100.Daß ich mich nimmermehr zum Jbrahim darff legen.
Calpare. Was macht so bitter dir den Liebes-Zucker an?
Ambre. Ach! sie erwege doch: Ob der recht lieben kan/
Und Liebens würdig ist/ der stündlich Lieb' und Brünste
Mit frischem Wechseln kühl't/ der stets durch theure Künste
105Der Geilheit Oel einflöß't/ der ärger bren't und glüh't
Als ein Sardanapal/ als Cajus und Avit;
Die Greuel unsrer Lehr'/ und Scheusal' aller Zeiten.
Ja man laß uns vergnügt' ins Sultans Bette schreiten/
Der Armuth Westen-Wind auf unsren Brüsten spiel'n;
110Laß' unsre Seele gar der Aepfel Vorschmack fühln/
Die zweyfach nach dem Bruch im Paradise blühen;
So mögen wir doch nicht dem Hertzeleid entfliehen:
Daß ich für Grimm und Tod nur Kinder kan gebehrn/
Die auf die Schlachtbanck pflegt der Blutt-Durst zu gewehrn
115Der Brüder/ wo sie noch der Väter Rach entrinnen.
Er selbst/ Herr Vater/ wird sich unschwer noch entsinnen/
Aufs dritten Machmets Grimm und grause Mörderthat;
Der mit den Elt'sten Sohn auch dessen Mutter hat
Aus schlüpfrichem Verdacht recht-henckrisch aufgerieben;
120.So süsse Früchte träg't der Groß-Herrn grosses Lieben!
Mufti. Du mein hertzliebstes Kind/ du meiner Augenlust/
Jch lobe deinen Schluß. Mir ist zu wohl bewust
Das Wermuth-bittre Gift/ daß dieser Biesam decket;
Was für ein Drachen-Maul in Engel-Larven stecket.
125Befestige dein Hertz/ auf Zufall/ Tod und Leid.

Ja
Calpare. Woher wol haͤtteſtu zu fuͤrchten Gift und Schlangen?
60
Ambre. Des Gluͤckes Bley-Fuß kommt wie das Thier Ha gegangen;
Das Ungluͤck aber laufft geſchwinden Luchſen fuͤr.
Calpare. GOtt wende die Gefahr/ und der erhalt dich mir!
Mufti. Ambre. Calpare.
Mufti. Nun werd’ ich dich/ mein Kind/ ſo ehr’n als lieben muͤſſen.
Ambre. Jch werd’ in Demuth ſtets der Eltern Fuß-Pfad kuͤſſen.
65
Calpare. Was waͤchſt der Ambre denn fuͤr neuwe Wuͤrde zu?
Mufti. hr bluͤhet Ehr’ und Thron und ewig-faͤſte Ruh.
Ambre. Wie daß denn Furcht mein Hertz’ und Angſt den Schlaff betruͤbet?
Mufti. Der Sultan iſt in dich/ mein liebſtes Kind/ verliebet/
Und ſchicket dir hiermit das Zeichen ſeiner Gunft.

70
Ambre. Hilff Himmel! ich vergeh: Ach! wie ſol tolle Brunſt
Und reine Keuſchheit ſich vermaͤhl’n und miſchen laſſen?
Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben faſſen/
Und meiner Adern-Quaͤll/ fuͤr dem Chryſtall nicht rein/
Und Schwanen fleckicht ſind/ ſol ein Gefaͤſſe ſeyn/
75Darein der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpritze?
Calpare. Was ſicht mein Kind dich an? mit was fuͤr Aberwitze
Stoͤßt du des Kaͤyſers Hold und dein Geluͤcke weg?
Ambre. Solch Gluͤcke ſchafft Verderb/ und ſeine Brunſt macht Fleck.
Ach! ich erfahre ſchon die Deutung meiner Traͤume!
80Wie dieſer Wurm das Gifft der Geilheit auf mich ſchaͤume;
Wie dieſer Baſiliſk’ in Engliſcher Geſtalt/
Durch falſchen Sonnenſchein der Liebe mache kalt/
Durch Zucker holder Kuͤß Angſt/ Schand und Todt außſckuͤtte.
Frau Mutter/ wo ihr Hertz heg’t Muͤtterlich Gebluͤtte/
85Wo ihre Bruſt noch Milch der Kinder-Liebe nehrt/
Wo ein fußfaͤllig Kind je iſt Erbarmens werth/
Wo meiner Thraͤnen-Saltz nur ſchlechtem Waſſer gleichet/
Das Kieſel hoͤlet aus/ und Marmelſtem erweichet/
Wo meiner Seufftzer Geiſt ihr biß zur Seele klimm’t;
90So leide ſie: daß ich zum Opfer ihm beſtimm’t/
Eh als zur Braut ihm werd’/ und daß ich ſeine Sebel
Eh’ als die Lippen kuͤß’/ in dem der Dunſt und Nebel
Des Lebens jener Welt/ darinnen weder wohl
Noch uͤbel uns wird ſeyn/ Mich mehr ergetzen ſol/
95Als ſeines Purpers Glantz. Wil man mir dis verſagen/
So wil ich Lebenslang als reine Jungfrau tragen/
Nach der Calender Arth an Ohren Ring’ aus Stahl/
Zu Kleidern Pferde: Haar; Ja tauſend Angſt und Quaal
Geduldig ſtehen aus; krieg’ ich nur dieſen Segen:
100.Daß ich mich nimmermehr zum Jbrahim darff legen.
Calpare. Was macht ſo bitter dir den Liebes-Zucker an?
Ambre. Ach! ſie erwege doch: Ob der recht lieben kan/
Und Liebens wuͤrdig iſt/ der ſtuͤndlich Lieb’ und Bruͤnſte
Mit friſchem Wechſeln kuͤhl’t/ der ſtets durch theure Kuͤnſte
105Der Geilheit Oel einfloͤß’t/ der aͤrger bren’t und gluͤh’t
Als ein Sardanapal/ als Cajus und Avit;
Die Greuel unſrer Lehr’/ und Scheuſal’ aller Zeiten.
Ja man laß uns vergnuͤgt’ ins Sultans Bette ſchreiten/
Der Armuth Weſten-Wind auf unſren Bruͤſten ſpiel’n;
110Laß’ unſre Seele gar der Aepfel Vorſchmack fuͤhln/
Die zweyfach nach dem Bruch im Paradiſe bluͤhen;
So moͤgen wir doch nicht dem Hertzeleid entfliehen:
Daß ich fuͤr Grimm und Tod nur Kinder kan gebehrn/
Die auf die Schlachtbanck pflegt der Blutt-Durſt zu gewehrn
115Der Bruͤder/ wo ſie noch der Vaͤter Rach entrinnen.
Er ſelbſt/ Herr Vater/ wird ſich unſchwer noch entſinnen/
Aufs dritten Machmets Grimm und grauſe Moͤrderthat;
Der mit den Elt’ſten Sohn auch deſſen Mutter hat
Aus ſchluͤpfrichem Verdacht recht-henckriſch aufgerieben;
120.So ſuͤſſe Fruͤchte traͤg’t der Groß-Herrn groſſes Lieben!
Mufti. Du mein hertzliebſtes Kind/ du meiner Augenluſt/
Jch lobe deinen Schluß. Mir iſt zu wohl bewuſt
Das Wermuth-bittre Gift/ daß dieſer Bieſam decket;
Was fuͤr ein Drachen-Maul in Engel-Larven ſtecket.
125Befeſtige dein Hertz/ auf Zufall/ Tod und Leid.

Ja
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[16/0034] Calpare. Woher wol haͤtteſtu zu fuͤrchten Gift und Schlangen? Ambre. Des Gluͤckes Bley-Fuß kommt wie das Thier Ha gegangen; Das Ungluͤck aber laufft geſchwinden Luchſen fuͤr. Calpare. GOtt wende die Gefahr/ und der erhalt dich mir! Mufti. Ambre. Calpare. Mufti. Nun werd’ ich dich/ mein Kind/ ſo ehr’n als lieben muͤſſen. Ambre. Jch werd’ in Demuth ſtets der Eltern Fuß-Pfad kuͤſſen. Calpare. Was waͤchſt der Ambre denn fuͤr neuwe Wuͤrde zu? Mufti. hr bluͤhet Ehr’ und Thron und ewig-faͤſte Ruh. Ambre. Wie daß denn Furcht mein Hertz’ und Angſt den Schlaff betruͤbet? Mufti. Der Sultan iſt in dich/ mein liebſtes Kind/ verliebet/ Und ſchicket dir hiermit das Zeichen ſeiner Gunft. Ambre. Hilff Himmel! ich vergeh: Ach! wie ſol tolle Brunſt Und reine Keuſchheit ſich vermaͤhl’n und miſchen laſſen? Jn Tenos wil ein Brunn nicht Safft auß Reben faſſen/ Und meiner Adern-Quaͤll/ fuͤr dem Chryſtall nicht rein/ Und Schwanen fleckicht ſind/ ſol ein Gefaͤſſe ſeyn/ Darein der geile Hengſt den Schaum der Unzucht ſpritze? Calpare. Was ſicht mein Kind dich an? mit was fuͤr Aberwitze Stoͤßt du des Kaͤyſers Hold und dein Geluͤcke weg? Ambre. Solch Gluͤcke ſchafft Verderb/ und ſeine Brunſt macht Fleck. Ach! ich erfahre ſchon die Deutung meiner Traͤume! Wie dieſer Wurm das Gifft der Geilheit auf mich ſchaͤume; Wie dieſer Baſiliſk’ in Engliſcher Geſtalt/ Durch falſchen Sonnenſchein der Liebe mache kalt/ Durch Zucker holder Kuͤß Angſt/ Schand und Todt außſckuͤtte. Frau Mutter/ wo ihr Hertz heg’t Muͤtterlich Gebluͤtte/ Wo ihre Bruſt noch Milch der Kinder-Liebe nehrt/ Wo ein fußfaͤllig Kind je iſt Erbarmens werth/ Wo meiner Thraͤnen-Saltz nur ſchlechtem Waſſer gleichet/ Das Kieſel hoͤlet aus/ und Marmelſtem erweichet/ Wo meiner Seufftzer Geiſt ihr biß zur Seele klimm’t; So leide ſie: daß ich zum Opfer ihm beſtimm’t/ Eh als zur Braut ihm werd’/ und daß ich ſeine Sebel Eh’ als die Lippen kuͤß’/ in dem der Dunſt und Nebel Des Lebens jener Welt/ darinnen weder wohl Noch uͤbel uns wird ſeyn/ Mich mehr ergetzen ſol/ Als ſeines Purpers Glantz. Wil man mir dis verſagen/ So wil ich Lebenslang als reine Jungfrau tragen/ Nach der Calender Arth an Ohren Ring’ aus Stahl/ Zu Kleidern Pferde: Haar; Ja tauſend Angſt und Quaal Geduldig ſtehen aus; krieg’ ich nur dieſen Segen: Daß ich mich nimmermehr zum Jbrahim darff legen. Calpare. Was macht ſo bitter dir den Liebes-Zucker an? Ambre. Ach! ſie erwege doch: Ob der recht lieben kan/ Und Liebens wuͤrdig iſt/ der ſtuͤndlich Lieb’ und Bruͤnſte Mit friſchem Wechſeln kuͤhl’t/ der ſtets durch theure Kuͤnſte Der Geilheit Oel einfloͤß’t/ der aͤrger bren’t und gluͤh’t Als ein Sardanapal/ als Cajus und Avit; Die Greuel unſrer Lehr’/ und Scheuſal’ aller Zeiten. Ja man laß uns vergnuͤgt’ ins Sultans Bette ſchreiten/ Der Armuth Weſten-Wind auf unſren Bruͤſten ſpiel’n; Laß’ unſre Seele gar der Aepfel Vorſchmack fuͤhln/ Die zweyfach nach dem Bruch im Paradiſe bluͤhen; So moͤgen wir doch nicht dem Hertzeleid entfliehen: Daß ich fuͤr Grimm und Tod nur Kinder kan gebehrn/ Die auf die Schlachtbanck pflegt der Blutt-Durſt zu gewehrn Der Bruͤder/ wo ſie noch der Vaͤter Rach entrinnen. Er ſelbſt/ Herr Vater/ wird ſich unſchwer noch entſinnen/ Aufs dritten Machmets Grimm und grauſe Moͤrderthat; Der mit den Elt’ſten Sohn auch deſſen Mutter hat Aus ſchluͤpfrichem Verdacht recht-henckriſch aufgerieben; So ſuͤſſe Fruͤchte traͤg’t der Groß-Herrn groſſes Lieben! Mufti. Du mein hertzliebſtes Kind/ du meiner Augenluſt/ Jch lobe deinen Schluß. Mir iſt zu wohl bewuſt Das Wermuth-bittre Gift/ daß dieſer Bieſam decket; Was fuͤr ein Drachen-Maul in Engel-Larven ſtecket. Befeſtige dein Hertz/ auf Zufall/ Tod und Leid. Ja

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/34>, abgerufen am 18.04.2024.