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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Die Liebe schaffen kan? Und was kan die versagen/
Die nebst Genieß der Lust mag grünen Sammet tragen?

185
Ibrah. Ach leider! Liebeßzwang schaft Gallen-herbe Luft/
Flöß't Wermuth auf den Mund/ und Eckel in die Brust
Das Saltz im Lieben ist verwechselte Begierde;
Vertauschte Gegenhold. Die Rosen schönster Zierde
Verliern den Purper-Glantz/ ihr Bisam der verraucht/
190Wenn Gramhaft Eckel sie/ mit kaltem Gift' anhaucht;
Hartneckigkeit kan auch leicht eine Magd ergeben:
Daß sie sich einen Korb dem Herren wagt zu geben.
Sechierp. Zu dieser Thorheit ist des Mufti Kind zu zart.
Ibrah. Auf Rebenstöcken wächst oft eine Schleen-Arth.
195
Sechierp. Die Anmuth sicht ihr selbst lebendig aus den Augen.
Ibrah. Nicht iede Biene kan aus Kräutern Honig saugen.
Sechierp. Was geht dem Jbrahim an Hold und Liebreitz ab?
Ibrah. Wie? daß uns Sisigamb ein sauer Auge gab?
Sechierp. Die Augen Ambrens zihn selbst auf die Jagt nach Liebe.
200
Ibrah. Der Himmel ist hier dem oft helle/ jenem trübe.
Sechierp. Die Niedrigen ist feil/ gib't Fürsten leichten Kauf.
Capachi. Der Mufti komm't/ und wil dem Käyser warten auf.
Ibrah. Führ' ihn herein. Ach! was wird er für Post uns bringen!
Sechierp. Wer Fürsten selbst bringt Post/ sag't meist von gutten Dingen.
205
Ibrah. Wird Jbrahim vergnüg't durch deine Bottschaft seyn?
Mufti. Was uns der Morgen spar't/ bring't oft der Mittag ein.
Ibrah. Was? wil dein Kind die Lieb' auf fernes Ziel versparen?
Mufti. Die Einfalt räth' ihr diß. Der Witz komm't nicht für Jahren.
Ibrah. So schläg't si[e] ihres Herrn Genade gantz in Wind?
210
Mufti. Jch selbst betrauer' es: daß sie so taub und blind.
Ibrah. Du hast/ verdammter Hund/ sie selbst hierzu verhetzet.
Mufti. Jch sterbe/ hat sie ihr den Kopf nicht aufgesetzet.
Ibrah. Mit was entschuldig't sie so trotze Missethat?
Mufti. Mit dem: daß schon der Fürst fünf Söhne lebend hat.
215
Ibrah. Was hat sie über die sich Ursach zu beschweren?
Mufti. Sie würde Kinder doch dem Tode nur gebehren.
Ibrah. Diß Gift hat deine Zung' ihr selbst geflößet ein.
Mufti. Wo diß versührlich ist/ so mag's halß-brüchig seyn.
Ibrah. Wie/ daß du dich nicht müh'st den Wahn ihr zubenehmen?
220
Mufti. Jch muß des Mahumeds Gesätzen mich bequämen.
Ibrah. Entdecke/ mit was Er der Käyser Eh verwarf?
Mufti. Er setzte: daß sein Kind kein Vater zwingen darf.
Ibrah. Verfluchter Bösewicht! stracks weich' uns vom Gesichte!
Achmet. Beschimpfung/ Haß und Schmach sind meist des Hofes Früchte.
Ibrah. Verteufelter/ sag's sol die Sebel lohnen dir?
Achmet. Der Sultan ziehe Gnad' erholter Schärffe für.
Ibrah. Du selbst solst heute noch uns seinen Schedel holen.
Achmet. Der Käyser selbst erweg': Ob's Rathsam/ was besohlen.
Ibrah. Die Schuld verdient: daß er zerstampt im Mörsel sey.
230
Achmet. Die Stats-Beschaffenheit läß't oft Verbrecher frey.
Ibrah. Was ist's/ daß uns die Hand hält/ und in Schrancken sätzet?
Achmet. Weil Volck und Pöfel ihn für gar zu heilig schätzet.
Ibrah. Noch heiliger sind wir der Muselmänner Haupt.
Achmet. Diß hat dem Mufti selbst den Obersitz erlaubt.
235
Ibrah. Sol unser Höffligkeit beschirmen sein Verbrechen?
Achmet. Man muß auf größ're doch ein linder Urtheil sprechen.
Ibrah. Die Würde größ't die Schuld/ und schärft des Richters Schwerdt.
Achmet. Der herschet mit Vernunft/ der nicht zu scharf verfährt.
Ibrah. So sag' ihm: daß er nicht sol unser Antlitz sehen.
240
Achmet. Was mir der Käyser schaft/ sol Augenblicks geschehen.
Ibrah. Ja. Aber was geschicht/ was Oßman wünsch't und schafft!
Dem Ost und West gehorcht/ dem mangelt Stärck und Kraft/
Ein Bier zehn-jähricht Kind liebreitzend zubezwingen!
Sechierp. Zu hohen Gipfeln muß man durch viel Müh sich schwingen/
245Die güld'nen Aepfel sind von Drachen meist bewacht!
Doch Fleiß/ Gedult und Zeit hat stets zu wege bracht/
Den Lorber-reichen Krantz der Tugend auf zu setzen.
Ibrah. Was mühstu dich mich noch mit Träumen zuergetzen?
Sechierp. Wie viel ist noch verspiel't? des gramen Vaters Wort.
250.Wo wahr ist/ was er rühm't. Kein Demant wird durchbohrt
Durch Amboß-harte Schläg'? Ein Tiger wird gezähmet
Durch Glimpf/ mit Fässeln nicht. Und liebe wird gesämet
Mit
Die Liebe ſchaffen kan? Und was kan die verſagen/
Die nebſt Genieß der Luſt mag gruͤnen Sammet tragen?

185
Ibrah. Ach leider! Liebeßzwang ſchaft Gallen-herbe Luft/
Floͤß’t Wermuth auf den Mund/ und Eckel in die Bruſt
Das Saltz im Lieben iſt verwechſelte Begierde;
Vertauſchte Gegenhold. Die Roſen ſchoͤnſter Zierde
Verliern den Purper-Glantz/ ihr Biſam der verraucht/
190Wenn Gramhaft Eckel ſie/ mit kaltem Gift’ anhaucht;
Hartneckigkeit kan auch leicht eine Magd ergeben:
Daß ſie ſich einen Korb dem Herren wagt zu geben.
Sechierp. Zu dieſer Thorheit iſt des Mufti Kind zu zart.
Ibrah. Auf Rebenſtoͤcken waͤchſt oft eine Schleen-Arth.
195
Sechierp. Die Anmuth ſicht ihr ſelbſt lebendig aus den Augen.
Ibrah. Nicht iede Biene kan aus Kraͤutern Honig ſaugen.
Sechierp. Was geht dem Jbrahim an Hold und Liebreitz ab?
Ibrah. Wie? daß uns Siſigamb ein ſauer Auge gab?
Sechierp. Die Augen Ambrens zihn ſelbſt auf die Jagt nach Liebe.
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Ibrah. Der Himmel iſt hier dem oft helle/ jenem truͤbe.
Sechierp. Die Niedrigen iſt feil/ gib’t Fuͤrſten leichten Kauf.
Capachi. Der Mufti komm’t/ und wil dem Kaͤyſer warten auf.
Ibrah. Fuͤhr’ ihn herein. Ach! was wird er fuͤr Poſt uns bringen!
Sechierp. Wer Fuͤrſten ſelbſt bringt Poſt/ ſag’t meiſt von gutten Dingen.
205
Ibrah. Wird Jbrahim vergnuͤg’t durch deine Bottſchaft ſeyn?
Mufti. Was uns der Morgen ſpar’t/ bring’t oft der Mittag ein.
Ibrah. Was? wil dein Kind die Lieb’ auf fernes Ziel verſparen?
Mufti. Die Einfalt raͤth’ ihr diß. Der Witz komm’t nicht fuͤr Jahren.
Ibrah. So ſchlaͤg’t ſi[e] ihres Herrn Genade gantz in Wind?
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Mufti. Jch ſelbſt betrauer’ es: daß ſie ſo taub und blind.
Ibrah. Du haſt/ verdammter Hund/ ſie ſelbſt hierzu verhetzet.
Mufti. Jch ſterbe/ hat ſie ihr den Kopf nicht aufgeſetzet.
Ibrah. Mit was entſchuldig’t ſie ſo trotze Miſſethat?
Mufti. Mit dem: daß ſchon der Fuͤrſt fuͤnf Soͤhne lebend hat.
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Ibrah. Was hat ſie uͤber die ſich Urſach zu beſchweren?
Mufti. Sie wuͤrde Kinder doch dem Tode nur gebehren.
Ibrah. Diß Gift hat deine Zung’ ihr ſelbſt gefloͤßet ein.
Mufti. Wo diß verſuͤhrlich iſt/ ſo mag’s halß-bruͤchig ſeyn.
Ibrah. Wie/ daß du dich nicht muͤh’ſt den Wahn ihr zubenehmen?
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Mufti. Jch muß des Mahumeds Geſaͤtzen mich bequaͤmen.
Ibrah. Entdecke/ mit was Er der Kaͤyſer Eh verwarf?
Mufti. Er ſetzte: daß ſein Kind kein Vater zwingen darf.
Ibrah. Verfluchter Boͤſewicht! ſtracks weich’ uns vom Geſichte!
Achmet. Beſchimpfung/ Haß und Schmach ſind meiſt des Hofes Fruͤchte.
Ibrah. Verteufelter/ ſag’s ſol die Sebel lohnen dir?
Achmet. Der Sultan ziehe Gnad’ erholter Schaͤrffe fuͤr.
Ibrah. Du ſelbſt ſolſt heute noch uns ſeinen Schedel holen.
Achmet. Der Kaͤyſer ſelbſt erweg’: Ob’s Rathſam/ was beſohlen.
Ibrah. Die Schuld verdient: daß er zerſtampt im Moͤrſel ſey.
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Achmet. Die Stats-Beſchaffenheit laͤß’t oft Verbrecher frey.
Ibrah. Was iſt’s/ daß uns die Hand haͤlt/ und in Schrancken ſaͤtzet?
Achmet. Weil Volck und Poͤfel ihn fuͤr gar zu heilig ſchaͤtzet.
Ibrah. Noch heiliger ſind wir der Muſelmaͤnner Haupt.
Achmet. Diß hat dem Mufti ſelbſt den Oberſitz erlaubt.
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Ibrah. Sol unſer Hoͤffligkeit beſchirmen ſein Verbrechen?
Achmet. Man muß auf groͤß’re doch ein linder Urtheil ſprechen.
Ibrah. Die Würde groͤß’t die Schuld/ und ſchaͤrft des Richters Schwerdt.
Achmet. Der herſchet mit Vernunft/ der nicht zu ſcharf verfaͤhrt.
Ibrah. So ſag’ ihm: daß er nicht ſol unſer Antlitz ſehen.
240
Achmet. Was mir der Kaͤyſer ſchaft/ ſol Augenblicks geſchehen.
Ibrah. Ja. Aber was geſchicht/ was Oßman wuͤnſch’t und ſchafft!
Dem Oſt und Weſt gehorcht/ dem mangelt Staͤrck und Kraft/
Ein Bier zehn-jaͤhricht Kind liebreitzend zubezwingen!
Sechierp. Zu hohen Gipfeln muß man durch viel Muͤh ſich ſchwingen/
245Die guͤld’nen Aepfel ſind von Drachen meiſt bewacht!
Doch Fleiß/ Gedult und Zeit hat ſtets zu wege bracht/
Den Lorber-reichen Krantz der Tugend auf zu ſetzen.
Ibrah. Was muͤhſtu dich mich noch mit Traͤumen zuergetzen?
Sechierp. Wie viel iſt noch verſpiel’t? des gramen Vaters Wort.
250.Wo wahr iſt/ was er ruͤhm’t. Kein Demant wird durchbohrt
Durch Amboß-harte Schlaͤg’? Ein Tiger wird gezaͤhmet
Durch Glimpf/ mit Faͤſſeln nicht. Und liebe wird geſaͤmet
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[18/0036] Die Liebe ſchaffen kan? Und was kan die verſagen/ Die nebſt Genieß der Luſt mag gruͤnen Sammet tragen? Ibrah. Ach leider! Liebeßzwang ſchaft Gallen-herbe Luft/ Floͤß’t Wermuth auf den Mund/ und Eckel in die Bruſt Das Saltz im Lieben iſt verwechſelte Begierde; Vertauſchte Gegenhold. Die Roſen ſchoͤnſter Zierde Verliern den Purper-Glantz/ ihr Biſam der verraucht/ Wenn Gramhaft Eckel ſie/ mit kaltem Gift’ anhaucht; Hartneckigkeit kan auch leicht eine Magd ergeben: Daß ſie ſich einen Korb dem Herren wagt zu geben. Sechierp. Zu dieſer Thorheit iſt des Mufti Kind zu zart. Ibrah. Auf Rebenſtoͤcken waͤchſt oft eine Schleen-Arth. Sechierp. Die Anmuth ſicht ihr ſelbſt lebendig aus den Augen. Ibrah. Nicht iede Biene kan aus Kraͤutern Honig ſaugen. Sechierp. Was geht dem Jbrahim an Hold und Liebreitz ab? Ibrah. Wie? daß uns Siſigamb ein ſauer Auge gab? Sechierp. Die Augen Ambrens zihn ſelbſt auf die Jagt nach Liebe. Ibrah. Der Himmel iſt hier dem oft helle/ jenem truͤbe. Sechierp. Die Niedrigen iſt feil/ gib’t Fuͤrſten leichten Kauf. Capachi. Der Mufti komm’t/ und wil dem Kaͤyſer warten auf. Ibrah. Fuͤhr’ ihn herein. Ach! was wird er fuͤr Poſt uns bringen! Sechierp. Wer Fuͤrſten ſelbſt bringt Poſt/ ſag’t meiſt von gutten Dingen. Ibrah. Wird Jbrahim vergnuͤg’t durch deine Bottſchaft ſeyn? Mufti. Was uns der Morgen ſpar’t/ bring’t oft der Mittag ein. Ibrah. Was? wil dein Kind die Lieb’ auf fernes Ziel verſparen? Mufti. Die Einfalt raͤth’ ihr diß. Der Witz komm’t nicht fuͤr Jahren. Ibrah. So ſchlaͤg’t ſie ihres Herrn Genade gantz in Wind? Mufti. Jch ſelbſt betrauer’ es: daß ſie ſo taub und blind. Ibrah. Du haſt/ verdammter Hund/ ſie ſelbſt hierzu verhetzet. Mufti. Jch ſterbe/ hat ſie ihr den Kopf nicht aufgeſetzet. Ibrah. Mit was entſchuldig’t ſie ſo trotze Miſſethat? Mufti. Mit dem: daß ſchon der Fuͤrſt fuͤnf Soͤhne lebend hat. Ibrah. Was hat ſie uͤber die ſich Urſach zu beſchweren? Mufti. Sie wuͤrde Kinder doch dem Tode nur gebehren. Ibrah. Diß Gift hat deine Zung’ ihr ſelbſt gefloͤßet ein. Mufti. Wo diß verſuͤhrlich iſt/ ſo mag’s halß-bruͤchig ſeyn. Ibrah. Wie/ daß du dich nicht muͤh’ſt den Wahn ihr zubenehmen? Mufti. Jch muß des Mahumeds Geſaͤtzen mich bequaͤmen. Ibrah. Entdecke/ mit was Er der Kaͤyſer Eh verwarf? Mufti. Er ſetzte: daß ſein Kind kein Vater zwingen darf. Ibrah. Verfluchter Boͤſewicht! ſtracks weich’ uns vom Geſichte! Achmet. Beſchimpfung/ Haß und Schmach ſind meiſt des Hofes Fruͤchte. Ibrah. Verteufelter/ ſag’s ſol die Sebel lohnen dir? Achmet. Der Sultan ziehe Gnad’ erholter Schaͤrffe fuͤr. Ibrah. Du ſelbſt ſolſt heute noch uns ſeinen Schedel holen. Achmet. Der Kaͤyſer ſelbſt erweg’: Ob’s Rathſam/ was beſohlen. Ibrah. Die Schuld verdient: daß er zerſtampt im Moͤrſel ſey. Achmet. Die Stats-Beſchaffenheit laͤß’t oft Verbrecher frey. Ibrah. Was iſt’s/ daß uns die Hand haͤlt/ und in Schrancken ſaͤtzet? Achmet. Weil Volck und Poͤfel ihn fuͤr gar zu heilig ſchaͤtzet. Ibrah. Noch heiliger ſind wir der Muſelmaͤnner Haupt. Achmet. Diß hat dem Mufti ſelbſt den Oberſitz erlaubt. Ibrah. Sol unſer Hoͤffligkeit beſchirmen ſein Verbrechen? Achmet. Man muß auf groͤß’re doch ein linder Urtheil ſprechen. Ibrah. Die Würde groͤß’t die Schuld/ und ſchaͤrft des Richters Schwerdt. Achmet. Der herſchet mit Vernunft/ der nicht zu ſcharf verfaͤhrt. Ibrah. So ſag’ ihm: daß er nicht ſol unſer Antlitz ſehen. Achmet. Was mir der Kaͤyſer ſchaft/ ſol Augenblicks geſchehen. Ibrah. Ja. Aber was geſchicht/ was Oßman wuͤnſch’t und ſchafft! Dem Oſt und Weſt gehorcht/ dem mangelt Staͤrck und Kraft/ Ein Bier zehn-jaͤhricht Kind liebreitzend zubezwingen! Sechierp. Zu hohen Gipfeln muß man durch viel Muͤh ſich ſchwingen/ Die guͤld’nen Aepfel ſind von Drachen meiſt bewacht! Doch Fleiß/ Gedult und Zeit hat ſtets zu wege bracht/ Den Lorber-reichen Krantz der Tugend auf zu ſetzen. Ibrah. Was muͤhſtu dich mich noch mit Traͤumen zuergetzen? Sechierp. Wie viel iſt noch verſpiel’t? des gramen Vaters Wort. Wo wahr iſt/ was er ruͤhm’t. Kein Demant wird durchbohrt Durch Amboß-harte Schlaͤg’? Ein Tiger wird gezaͤhmet Durch Glimpf/ mit Faͤſſeln nicht. Und liebe wird geſaͤmet Mit

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/36>, abgerufen am 24.04.2024.