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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Die sie der Haft macht frey.
Ibrah. Schnur-stracks verfüget ihr
Jn eure Zimmer euch/ nur laß't die Kinder hier.
Fatima. Ach! dieser Donnerschlag durchdringet Seel und Hertze!
200
Alima. Mein Haupt und Geist wird mir verrück't von Angst und Schmertze.
Kiosem. Was soll'n die Kinder ihm alleine?
Ibrah. Wer hat Recht
Zu forschen/ was wir thun?
Kiosem. Ein schlechter Sclav und Knecht
Frag't mehrmals seinen Herrn dem Herren selbst zu Gutte.
Ibrah. Der Vorwitz sol mir hier mit seinem eig'nen Blutte
205Selbst seine Schuld bezahl'n.
Fatima. Der Sultan wehre nicht:
Daß Müttern/ wie wir sind/ das Mutter-Hertze bricht.
Ibrah. Sind diese Kinder hier nicht unser mehr als euer?
Alima. Jn Mutter Brüsten brenn't' ein grösser Liebes-Feuer.
Ibrah. Was träum't euch: daß der Fürst wird wider Liebe thun?
210
Fatima. Wer lieb't/ der eyfert auch/ und Argwohn läß't nicht ruhn
Ein Hertze/ wo sich schon für das Gesichte stellet
Ein Schatten der Gefahr.
Ibrah. Sag't: auß was Grund euch fällei
Ein Argwohns-Schatten für?
Alima. Auch eine Henne gib't
Auf ihre Jungen acht/ wenn sich ein Wölcklein trüb't/
215Wenn sich ein Sperber läß't auch nur von ferne blicken.
Wir finden uns bestürtzt. Denn Jbrahm's Augen schicken
Auf seine Zweig und uns gewohnte Strahlen nicht
Und holden Liebesreitz. Zorn/ Rach und Eyfer bricht
Auß iedem Blick herfür.
Ibrah. Wahr ist's. Sie sollen sterben/
220Jhr aufgeopfert Blutt/ sol diese Sebel färben!
Kiosem. Mein Fürst/ mein Sohn/ ist er bey Witz und bey Vernunft?
Ibrah. Mißbrauchstu frevelnde schon deine Wiederkunft?
Fatim. Alima Hilf Himmel! halt! ach! halt!
Ibrah. Wolt ihr Gewalt hier üben?
Kiosem. Die sündigen in nichts/ die so sehr hertzlich lieben.
225
Ibrah. Laß't uns mit diesem frey/ was unser ist/ gebahr'n.
Fatima. Laß uns die Sebeleh durch unsre Brüste fahr'n!
Ibrah. Sol ihr und euer Blutt zusammen sich vermengen?
Hagar. Ja! meine Glieder soll'n diß Schwerdt mit Lust besprengen/
Jch wil die Adern mir selbst schneiden morsch entzwey:
230Daß meine Leiche nur ihr Lebens-Pfeiler sey.
Der Fürst erwäge doch: kein Geyer friß't die Jungen;
Und er wil/ die von ihm auß seiner Hüft entsprungen/
Die Antheil seines Blut'ts/ ja seine Seele sind/
Als Knechte schlachten ab. Was kan ein solches Kind/
235Das selbst die Unschuld ist/ und nichts nicht kan verbrechen/
Ja das/ was Sünde sey/ noch nicht weiß außzusprechen/
Für Lasters schuldig seyn?
Ibrah. Solln wir dir Rechenschaft
Von unserm Rathschluß thun?
Fatima. Entfäll't nun alle Kraft
Der ärm'sten Fatima? kan mehr kein Strahl mehr brennen
240Der Augen/ die der Fürst zwey Sonnen pfleg't zu nennen?
Weil sie für liebreitz itzt mit Thränen schwanger geh'n.
Jst der vor schöne Mund dem Sultan nicht mehr schön?
Weil kein beweglich Wortt ihm kan sein Hertz durchschneiden/
Jst diese Brust/ die vor ein Köcher seiner Freuden
245Sein Jrrdisch Himmel war; Geist-Trieb- und Anmuth-leer;
Und tausend Seufzer kwäll'n auß ihren Klippen her?
Der edle Zimmetbaum träg't desto bessern Zimmet/
Je öfter man von ihm die kräft'ge Rind' abnimmet:
Gall-Aepfel aber bring't ein Weib das ander Jahr/
250Wo gleich die erste Frucht Granaten-Blühte war.
Ach! leider! drumb so fall't/ ihr Kinder/ ihm zu Füssen!
Besänstig't Grimm und Schwerdt mit Thränen-reichen Küssen!
Fall't! und umbarmt sein Knie/ eh ihr durch's Swerdt hinfall't.
Fallt! bittet! biß ihm auch das Vater-Hertze wall't!
255Geh/ schönster Machmet/ geh umb dich ihm außzusöhnen!
Geh wirf das Haupt/ das man zum Käyser noch wird krönen/
Dem Vater unterm Fuß! Geh du auch Bajazeth/
Jn dem Fürst Jbrahim selbst abgebildet steht!
Ibrah. Wag't ihr beym Winseln euch die Armen uns zu halten?
260Jch schwer es: daß ihr all auch solt/ wie sie erkalten/
Wo ihr noch euren Arm/ ja eine Lippe regt.
Kiosem. Der Fürst besinne sich/ auf wen sein Donner schlägt?
Ibrah. Thun wir/ was unerhöhr't; Da selbst hast zu gesehen/
Als Amurath den Halß dem Sohne ließ verdrehen.

265
Kiosem. Durch vor verübten Mord hatt er den Tod verkerb't,
Ibrah Hat kein unschuldig Blutt nie deine Faust gefärb't?
Der
Die ſie der Haft macht frey.
Ibrah. Schnur-ſtracks verfuͤget ihr
Jn eure Zimmer euch/ nur laß’t die Kinder hier.
Fatima. Ach! dieſer Donnerſchlag durchdringet Seel und Hertze!
200
Alima. Mein Haupt und Geiſt wird mir verruͤck’t von Angſt und Schmertze.
Kioſem. Was ſoll’n die Kinder ihm alleine?
Ibrah. Wer hat Recht
Zu forſchen/ was wir thun?
Kioſem. Ein ſchlechter Sclav und Knecht
Frag’t mehrmals ſeinen Herrn dem Herren ſelbſt zu Gutte.
Ibrah. Der Vorwitz ſol mir hier mit ſeinem eig’nen Blutte
205Selbſt ſeine Schuld bezahl’n.
Fatima. Der Sultan wehre nicht:
Daß Muͤttern/ wie wir ſind/ das Mutter-Hertze bricht.
Ibrah. Sind dieſe Kinder hier nicht unſer mehr als euer?
Alima. Jn Mutter Bruͤſten brenn’t’ ein groͤſſer Liebes-Feuer.
Ibrah. Was traͤum’t euch: daß der Fuͤrſt wird wider Liebe thun?
210
Fatima. Wer lieb’t/ der eyfert auch/ und Argwohn laͤß’t nicht ruhn
Ein Hertze/ wo ſich ſchon fuͤr das Geſichte ſtellet
Ein Schatten der Gefahr.
Ibrah. Sag’t: auß was Grund euch faͤllei
Ein Argwohns-Schatten fuͤr?
Alima. Auch eine Henne gib’t
Auf ihre Jungen acht/ wenn ſich ein Woͤlcklein truͤb’t/
215Wenn ſich ein Sperber laͤß’t auch nur von ferne blicken.
Wir finden uns beſtuͤrtzt. Denn Jbrahm’s Augen ſchicken
Auf ſeine Zweig und uns gewohnte Strahlen nicht
Und holden Liebesreitz. Zorn/ Rach und Eyfer bricht
Auß iedem Blick herfuͤr.
Ibrah. Wahr iſt’s. Sie ſollen ſterben/
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Kioſem. Mein Fuͤrſt/ mein Sohn/ iſt er bey Witz und bey Vernunft?
Ibrah. Mißbrauchſtu frevelnde ſchon deine Wiederkunft?
Fatim. Alima Hilf Himmel! halt! ach! halt!
Ibrah. Wolt ihr Gewalt hier uͤben?
Kioſem. Die ſuͤndigen in nichts/ die ſo ſehr hertzlich lieben.
225
Ibrah. Laß’t uns mit dieſem frey/ was unſer iſt/ gebahr’n.
Fatima. Laß uns die Sebeleh durch unſre Bruͤſte fahr’n!
Ibrah. Sol ihr und euer Blutt zuſammen ſich vermengen?
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Die Antheil ſeines Blut’ts/ ja ſeine Seele ſind/
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Fatima. Entfaͤll’t nun alle Kraft
Der aͤrm’ſten Fatima? kan mehr kein Strahl mehr brennen
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Jſt der vor ſchoͤne Mund dem Sultan nicht mehr ſchoͤn?
Weil kein beweglich Wortt ihm kan ſein Hertz durchſchneiden/
Jſt dieſe Bruſt/ die vor ein Koͤcher ſeiner Freuden
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Und tauſend Seufzer kwaͤll’n auß ihren Klippen her?
Der edle Zimmetbaum traͤg’t deſto beſſern Zimmet/
Je oͤfter man von ihm die kraͤft’ge Rind’ abnimmet:
Gall-Aepfel aber bring’t ein Weib das ander Jahr/
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Ach! leider! drumb ſo fall’t/ ihr Kinder/ ihm zu Fuͤſſen!
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Fall’t! und umbarmt ſein Knie/ eh ihr durch’s Swerdt hinfall’t.
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Geh wirf das Haupt/ das man zum Kaͤyſer noch wird kroͤnen/
Dem Vater unterm Fuß! Geh du auch Bajazeth/
Jn dem Fuͤrſt Jbrahim ſelbſt abgebildet ſteht!
Ibrah. Wag’t ihr beym Winſeln euch die Armen uns zu halten?
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Wo ihr noch euren Arm/ ja eine Lippe regt.
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Ibrah. Thun wir/ was unerhoͤhr’t; Da ſelbſt haſt zu geſehen/
Als Amurath den Halß dem Sohne ließ verdrehen.

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Kioſem. Durch vor veruͤbten Mord hatt er den Tod verkerb’t,
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Der
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[30/0048] Die ſie der Haft macht frey. Ibrah. Schnur-ſtracks verfuͤget ihr Jn eure Zimmer euch/ nur laß’t die Kinder hier. Fatima. Ach! dieſer Donnerſchlag durchdringet Seel und Hertze! Alima. Mein Haupt und Geiſt wird mir verruͤck’t von Angſt und Schmertze. Kioſem. Was ſoll’n die Kinder ihm alleine? Ibrah. Wer hat Recht Zu forſchen/ was wir thun? Kioſem. Ein ſchlechter Sclav und Knecht Frag’t mehrmals ſeinen Herrn dem Herren ſelbſt zu Gutte. Ibrah. Der Vorwitz ſol mir hier mit ſeinem eig’nen Blutte Selbſt ſeine Schuld bezahl’n. Fatima. Der Sultan wehre nicht: Daß Muͤttern/ wie wir ſind/ das Mutter-Hertze bricht. Ibrah. Sind dieſe Kinder hier nicht unſer mehr als euer? Alima. Jn Mutter Bruͤſten brenn’t’ ein groͤſſer Liebes-Feuer. Ibrah. Was traͤum’t euch: daß der Fuͤrſt wird wider Liebe thun? Fatima. Wer lieb’t/ der eyfert auch/ und Argwohn laͤß’t nicht ruhn Ein Hertze/ wo ſich ſchon fuͤr das Geſichte ſtellet Ein Schatten der Gefahr. Ibrah. Sag’t: auß was Grund euch faͤllei Ein Argwohns-Schatten fuͤr? Alima. Auch eine Henne gib’t Auf ihre Jungen acht/ wenn ſich ein Woͤlcklein truͤb’t/ Wenn ſich ein Sperber laͤß’t auch nur von ferne blicken. Wir finden uns beſtuͤrtzt. Denn Jbrahm’s Augen ſchicken Auf ſeine Zweig und uns gewohnte Strahlen nicht Und holden Liebesreitz. Zorn/ Rach und Eyfer bricht Auß iedem Blick herfuͤr. Ibrah. Wahr iſt’s. Sie ſollen ſterben/ Jhr aufgeopfert Blutt/ ſol dieſe Sebel faͤrben! Kioſem. Mein Fuͤrſt/ mein Sohn/ iſt er bey Witz und bey Vernunft? Ibrah. Mißbrauchſtu frevelnde ſchon deine Wiederkunft? Fatim. Alima Hilf Himmel! halt! ach! halt! Ibrah. Wolt ihr Gewalt hier uͤben? Kioſem. Die ſuͤndigen in nichts/ die ſo ſehr hertzlich lieben. Ibrah. Laß’t uns mit dieſem frey/ was unſer iſt/ gebahr’n. Fatima. Laß uns die Sebeleh durch unſre Bruͤſte fahr’n! Ibrah. Sol ihr und euer Blutt zuſammen ſich vermengen? Hagar. Ja! meine Glieder ſoll’n diß Schwerdt mit Luſt beſprengen/ Jch wil die Adern mir ſelbſt ſchneiden morſch entzwey: Daß meine Leiche nur ihr Lebens-Pfeiler ſey. Der Fuͤrſt erwaͤge doch: kein Geyer friß’t die Jungen; Und er wil/ die von ihm auß ſeiner Huͤft entſprungen/ Die Antheil ſeines Blut’ts/ ja ſeine Seele ſind/ Als Knechte ſchlachten ab. Was kan ein ſolches Kind/ Das ſelbſt die Unſchuld iſt/ und nichts nicht kan verbrechen/ Ja das/ was Suͤnde ſey/ noch nicht weiß außzuſprechen/ Fuͤr Laſters ſchuldig ſeyn? Ibrah. Solln wir dir Rechenſchaft Von unſerm Rathſchluß thun? Fatima. Entfaͤll’t nun alle Kraft Der aͤrm’ſten Fatima? kan mehr kein Strahl mehr brennen Der Augen/ die der Fuͤrſt zwey Sonnen pfleg’t zu nennen? Weil ſie fuͤr liebreitz itzt mit Thraͤnen ſchwanger geh’n. Jſt der vor ſchoͤne Mund dem Sultan nicht mehr ſchoͤn? Weil kein beweglich Wortt ihm kan ſein Hertz durchſchneiden/ Jſt dieſe Bruſt/ die vor ein Koͤcher ſeiner Freuden Sein Jrrdiſch Himmel war; Geiſt-Trieb- und Anmuth-leer; Und tauſend Seufzer kwaͤll’n auß ihren Klippen her? Der edle Zimmetbaum traͤg’t deſto beſſern Zimmet/ Je oͤfter man von ihm die kraͤft’ge Rind’ abnimmet: Gall-Aepfel aber bring’t ein Weib das ander Jahr/ Wo gleich die erſte Frucht Granaten-Bluͤhte war. Ach! leider! drumb ſo fall’t/ ihr Kinder/ ihm zu Fuͤſſen! Beſaͤnſtig’t Grimm und Schwerdt mit Thraͤnen-reichen Kuͤſſen! Fall’t! und umbarmt ſein Knie/ eh ihr durch’s Swerdt hinfall’t. Fallt! bittet! biß ihm auch das Vater-Hertze wall’t! Geh/ ſchoͤnſter Machmet/ geh umb dich ihm außzuſoͤhnen! Geh wirf das Haupt/ das man zum Kaͤyſer noch wird kroͤnen/ Dem Vater unterm Fuß! Geh du auch Bajazeth/ Jn dem Fuͤrſt Jbrahim ſelbſt abgebildet ſteht! Ibrah. Wag’t ihr beym Winſeln euch die Armen uns zu halten? Jch ſchwer es: daß ihr all auch ſolt/ wie ſie erkalten/ Wo ihr noch euren Arm/ ja eine Lippe regt. Kioſem. Der Fuͤrſt beſinne ſich/ auf wen ſein Donner ſchlaͤgt? Ibrah. Thun wir/ was unerhoͤhr’t; Da ſelbſt haſt zu geſehen/ Als Amurath den Halß dem Sohne ließ verdrehen. Kioſem. Durch vor veruͤbten Mord hatt er den Tod verkerb’t, Ibrah Hat kein unſchuldig Blutt nie deine Fauſt gefaͤrb’t? Der

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/48>, abgerufen am 25.04.2024.