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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Milz.
schliesslich pinselförmig in Capillaren, welche auf dem Milzbalken verlaufen,
insofern sie nicht in das Innere der Milzbläschen eingehen. Der weitere
Verlauf der Lumina zunächst jenseits dieser Capillaren ist nicht vollkommen
klar, weil es nemlich nicht gelingt, eine Injektionsmasse durch die Ar-
terie in die Vene oder durch letztere in erstere zu treiben, ohne die Ge-
fässe zu zerreissen. Man vermuthet, dass die Capillaren sich in grössere,
von sehr dünnen Wandungen bekleidete Säcke ergiessen, und dass aus
diesen kleine Venen entspringen, welche sich rasch zu den grossen Stäm-
men sammeln. Daneben ist aber auch die Meinung ausgesprochen, dass
die Capillaren in die Räume zwischen den Balken aus- und diese wieder
in die Venen einmündeten, so dass der gesammte zwischen den Balken
freibleibende Hohlraum von den Venensäcken eingenommen würde. Die
Wandungen der Blutgefässe und namentlich die der feinen Venenäste
sind sehr dünn, auf ihrer innern Fläche mit einer Oberhaut aus Spindel-
zellen bekleidet und in ihrer Media mit Muskelzellen versehen. -- Die
grössern Lymphgefässstämme folgen den Blutgefässen; über ihre An-
fänge steht nur so viel fest, dass ein Theil derselben aus dem Mark
und ein anderer von der Milzoberfläche sich sammelt. -- Die Nerven,
welche von sehr vielen Remak'schen Fasern begleitet werden, folgen
den Arterien, an deren feinsten Zweigen sie noch aufzufinden sind, wie
und wo sie enden, ist noch aufzudecken. -- Die Milzbläschen sind kleine
kugelartige Kapseln, welche vorzugsweise von Lymphkörperchen, feinen
Kernen und einer geringeren Menge von Flüssigkeit ausgefüllt sind, zwi-
schen denen sich ein Capillarnetz aus Blutgefässen ausbreitet; dieses
zieht seinen Ursprung aus einem besondern kleinen Arterienästchen, wel-
ches die Kapsel des Bläschens durchbohrt. Die Milzbläschen, welche
ihre Lagerungsstätte in den Scheiden an den Aesten der Arterienpinsel
haben, sollen ihren Hohlraum in den Lymphgefässen öffnen. Diese An-
nahme, welche aus ihrem, den Lymphdrüsen analogen Bau hervorgegan-
gen ist, würde, wie es scheint, bewiesen sein, wenn sich die Beobach-
tung von Gerlach bestätigt, welcher die in ihren Arterien injizirte
Leimmasse in die Lymphgefässe übergehen sah, wenn die ersteren in
Folge des Injektionsdruckes gerissen waren. -- Das Mark, welches man
aus den durchschnittenen Hohlräumen der Milz auspressen kann, stellt
eine weiche röthliche Masse dar. In seiner sparsamen Flüssigkeit sind
zahlreiche, feste und geformte Gebilde vorhanden, welche weitaus zum
grössten Theil aus den im Blutgefässe und Milzbläschen enthaltenen Zel-
lenformen bestehen, nemlich: aus Kernen, Lymph- und Blutkörperchen
und Epithelialzellen der Gefässwand. Dazu gesellen sich aber sehr häufig
als besondere Gestalten grössere Zellen, welche Blutkörperchen oder Blut-
körperchen ähnliche Formen einschliessen, welche letztere sich, obwohl
sie verschrumpften Blutscheiben sehr ähnlich sehen, durch ihre chemi-
schen Reaktionen sehr weit von ihnen entfernen. Dann erscheinen Zellen

Milz.
schliesslich pinselförmig in Capillaren, welche auf dem Milzbalken verlaufen,
insofern sie nicht in das Innere der Milzbläschen eingehen. Der weitere
Verlauf der Lumina zunächst jenseits dieser Capillaren ist nicht vollkommen
klar, weil es nemlich nicht gelingt, eine Injektionsmasse durch die Ar-
terie in die Vene oder durch letztere in erstere zu treiben, ohne die Ge-
fässe zu zerreissen. Man vermuthet, dass die Capillaren sich in grössere,
von sehr dünnen Wandungen bekleidete Säcke ergiessen, und dass aus
diesen kleine Venen entspringen, welche sich rasch zu den grossen Stäm-
men sammeln. Daneben ist aber auch die Meinung ausgesprochen, dass
die Capillaren in die Räume zwischen den Balken aus- und diese wieder
in die Venen einmündeten, so dass der gesammte zwischen den Balken
freibleibende Hohlraum von den Venensäcken eingenommen würde. Die
Wandungen der Blutgefässe und namentlich die der feinen Venenäste
sind sehr dünn, auf ihrer innern Fläche mit einer Oberhaut aus Spindel-
zellen bekleidet und in ihrer Media mit Muskelzellen versehen. — Die
grössern Lymphgefässstämme folgen den Blutgefässen; über ihre An-
fänge steht nur so viel fest, dass ein Theil derselben aus dem Mark
und ein anderer von der Milzoberfläche sich sammelt. — Die Nerven,
welche von sehr vielen Remak’schen Fasern begleitet werden, folgen
den Arterien, an deren feinsten Zweigen sie noch aufzufinden sind, wie
und wo sie enden, ist noch aufzudecken. — Die Milzbläschen sind kleine
kugelartige Kapseln, welche vorzugsweise von Lymphkörperchen, feinen
Kernen und einer geringeren Menge von Flüssigkeit ausgefüllt sind, zwi-
schen denen sich ein Capillarnetz aus Blutgefässen ausbreitet; dieses
zieht seinen Ursprung aus einem besondern kleinen Arterienästchen, wel-
ches die Kapsel des Bläschens durchbohrt. Die Milzbläschen, welche
ihre Lagerungsstätte in den Scheiden an den Aesten der Arterienpinsel
haben, sollen ihren Hohlraum in den Lymphgefässen öffnen. Diese An-
nahme, welche aus ihrem, den Lymphdrüsen analogen Bau hervorgegan-
gen ist, würde, wie es scheint, bewiesen sein, wenn sich die Beobach-
tung von Gerlach bestätigt, welcher die in ihren Arterien injizirte
Leimmasse in die Lymphgefässe übergehen sah, wenn die ersteren in
Folge des Injektionsdruckes gerissen waren. — Das Mark, welches man
aus den durchschnittenen Hohlräumen der Milz auspressen kann, stellt
eine weiche röthliche Masse dar. In seiner sparsamen Flüssigkeit sind
zahlreiche, feste und geformte Gebilde vorhanden, welche weitaus zum
grössten Theil aus den im Blutgefässe und Milzbläschen enthaltenen Zel-
lenformen bestehen, nemlich: aus Kernen, Lymph- und Blutkörperchen
und Epithelialzellen der Gefässwand. Dazu gesellen sich aber sehr häufig
als besondere Gestalten grössere Zellen, welche Blutkörperchen oder Blut-
körperchen ähnliche Formen einschliessen, welche letztere sich, obwohl
sie verschrumpften Blutscheiben sehr ähnlich sehen, durch ihre chemi-
schen Reaktionen sehr weit von ihnen entfernen. Dann erscheinen Zellen

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[213/0229] Milz. schliesslich pinselförmig in Capillaren, welche auf dem Milzbalken verlaufen, insofern sie nicht in das Innere der Milzbläschen eingehen. Der weitere Verlauf der Lumina zunächst jenseits dieser Capillaren ist nicht vollkommen klar, weil es nemlich nicht gelingt, eine Injektionsmasse durch die Ar- terie in die Vene oder durch letztere in erstere zu treiben, ohne die Ge- fässe zu zerreissen. Man vermuthet, dass die Capillaren sich in grössere, von sehr dünnen Wandungen bekleidete Säcke ergiessen, und dass aus diesen kleine Venen entspringen, welche sich rasch zu den grossen Stäm- men sammeln. Daneben ist aber auch die Meinung ausgesprochen, dass die Capillaren in die Räume zwischen den Balken aus- und diese wieder in die Venen einmündeten, so dass der gesammte zwischen den Balken freibleibende Hohlraum von den Venensäcken eingenommen würde. Die Wandungen der Blutgefässe und namentlich die der feinen Venenäste sind sehr dünn, auf ihrer innern Fläche mit einer Oberhaut aus Spindel- zellen bekleidet und in ihrer Media mit Muskelzellen versehen. — Die grössern Lymphgefässstämme folgen den Blutgefässen; über ihre An- fänge steht nur so viel fest, dass ein Theil derselben aus dem Mark und ein anderer von der Milzoberfläche sich sammelt. — Die Nerven, welche von sehr vielen Remak’schen Fasern begleitet werden, folgen den Arterien, an deren feinsten Zweigen sie noch aufzufinden sind, wie und wo sie enden, ist noch aufzudecken. — Die Milzbläschen sind kleine kugelartige Kapseln, welche vorzugsweise von Lymphkörperchen, feinen Kernen und einer geringeren Menge von Flüssigkeit ausgefüllt sind, zwi- schen denen sich ein Capillarnetz aus Blutgefässen ausbreitet; dieses zieht seinen Ursprung aus einem besondern kleinen Arterienästchen, wel- ches die Kapsel des Bläschens durchbohrt. Die Milzbläschen, welche ihre Lagerungsstätte in den Scheiden an den Aesten der Arterienpinsel haben, sollen ihren Hohlraum in den Lymphgefässen öffnen. Diese An- nahme, welche aus ihrem, den Lymphdrüsen analogen Bau hervorgegan- gen ist, würde, wie es scheint, bewiesen sein, wenn sich die Beobach- tung von Gerlach bestätigt, welcher die in ihren Arterien injizirte Leimmasse in die Lymphgefässe übergehen sah, wenn die ersteren in Folge des Injektionsdruckes gerissen waren. — Das Mark, welches man aus den durchschnittenen Hohlräumen der Milz auspressen kann, stellt eine weiche röthliche Masse dar. In seiner sparsamen Flüssigkeit sind zahlreiche, feste und geformte Gebilde vorhanden, welche weitaus zum grössten Theil aus den im Blutgefässe und Milzbläschen enthaltenen Zel- lenformen bestehen, nemlich: aus Kernen, Lymph- und Blutkörperchen und Epithelialzellen der Gefässwand. Dazu gesellen sich aber sehr häufig als besondere Gestalten grössere Zellen, welche Blutkörperchen oder Blut- körperchen ähnliche Formen einschliessen, welche letztere sich, obwohl sie verschrumpften Blutscheiben sehr ähnlich sehen, durch ihre chemi- schen Reaktionen sehr weit von ihnen entfernen. Dann erscheinen Zellen

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/229>, abgerufen am 18.04.2024.