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Lütkemann, Joachim: Von dem seeligen Seelen-Durst : Eine Leich-Sermon/ bey der Leichbegängniß Der ... Anna Wienkamps ... Wolfenbüttel, 1652.

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spricht: Wenu werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe? Eignetlich; Wenn werd ich hineingehen / daß ich erscheine für GOttes Angesicht? Das ists darnach der Seelen verlanget; Für GOttes Angesicht stehen / GOttes Angesicht anschawen / ist aller gläubigen Seelen Begierd und Verlangen.

GOtt hat nicht ein Angesicht wie ein Mensch / denn er ist ein Geist / doch wird er in heiliger Schrifft abgemahlet / als der zu weiln den Rücken / zu weiln sein Angesicht zu uns kehret. Es heist aber GOttes Angesicht das jenige / dadurch sich GOtt uns zuerkennen gibt / vnd seine Gegenwart bezeuget / denn wie man einen Menschen kennet bey seinem Angesicht / so hat auch GOtt etwas für die gläubige Seele / dabey sie jhren GOtt erkennet und sagen kan: Das ist mein GOtt; Also hies die Lade des Bundes im alten Testament des HErrn Angesicht / wenn jemand ins Heiligthumb trat / so hies es / er erscheine für dem Angesicht des HErrn. Heute zur Zeit des newen Testamentes hat GOtt seine Gegenwart nicht verbunden an einen gewissen Ort / er unterläst dennoch nicht über uns sein Angesicht leuchten zu lassen / wir müssen einen bessern Gnadenstul haben.

Auff zweyerley Weise läst uns GOtt sein Angesicht sehen / zu erst / in einem Spiegel / zum andern in der Klarheit / beyde Art begreifft Paulus / wenn er spricht: Wir sehen itz durch einen 1. Corinth. 13, 12.Spiegel durch ein dunckels Wort / denn aber von Angesicht zu Angesicht. Die erste Art gehöret zu diesem Leben / und ist unvollkommen / denn da seynd die Creaturen / und unser sterblicher Leib / als ein Vorhang / dadurch die Seele verhindert wird / daß sie GOtt in seiner Klarheit nicht anschawen kan / doch erkennet sie GOtt als ein Bildnis und in einem Spiegel. In den Creaturen zwar / hat GOtt sich etlicher massen abgebildet / darinnen man GOttes Macht / Güte / Weiß-

spricht: Wenu werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe? Eignetlich; Wenn werd ich hineingehen / daß ich erscheine für GOttes Angesicht? Das ists darnach der Seelen verlanget; Für GOttes Angesicht stehen / GOttes Angesicht anschawen / ist aller gläubigen Seelen Begierd und Verlangen.

GOtt hat nicht ein Angesicht wie ein Mensch / denn er ist ein Geist / doch wird er in heiliger Schrifft abgemahlet / als der zu weiln den Rücken / zu weiln sein Angesicht zu uns kehret. Es heist aber GOttes Angesicht das jenige / dadurch sich GOtt uns zuerkennen gibt / vnd seine Gegenwart bezeuget / denn wie man einen Menschen kennet bey seinem Angesicht / so hat auch GOtt etwas für die gläubige Seele / dabey sie jhren GOtt erkennet und sagen kan: Das ist mein GOtt; Also hies die Lade des Bundes im alten Testament des HErrn Angesicht / wenn jemand ins Heiligthumb trat / so hies es / er erscheine für dem Angesicht des HErrn. Heute zur Zeit des newen Testamentes hat GOtt seine Gegenwart nicht verbunden an einen gewissen Ort / er unterläst dennoch nicht über uns sein Angesicht leuchten zu lassen / wir müssen einen bessern Gnadenstul haben.

Auff zweyerley Weise läst uns GOtt sein Angesicht sehen / zu erst / in einem Spiegel / zum andern in der Klarheit / beyde Art begreifft Paulus / wenn er spricht: Wir sehen itz durch einen 1. Corinth. 13, 12.Spiegel durch ein dunckels Wort / denn aber von Angesicht zu Angesicht. Die erste Art gehöret zu diesem Leben / und ist unvollkommen / denn da seynd die Creaturen / und unser sterblicher Leib / als ein Vorhang / dadurch die Seele verhindert wird / daß sie GOtt in seiner Klarheit nicht anschawen kan / doch erkennet sie GOtt als ein Bildnis und in einem Spiegel. In den Creaturen zwar / hat GOtt sich etlicher massen abgebildet / darinnen man GOttes Macht / Güte / Weiß-

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[8/0014] spricht: Wenu werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe? Eignetlich; Wenn werd ich hineingehen / daß ich erscheine für GOttes Angesicht? Das ists darnach der Seelen verlanget; Für GOttes Angesicht stehen / GOttes Angesicht anschawen / ist aller gläubigen Seelen Begierd und Verlangen. GOtt hat nicht ein Angesicht wie ein Mensch / denn er ist ein Geist / doch wird er in heiliger Schrifft abgemahlet / als der zu weiln den Rücken / zu weiln sein Angesicht zu uns kehret. Es heist aber GOttes Angesicht das jenige / dadurch sich GOtt uns zuerkennen gibt / vnd seine Gegenwart bezeuget / denn wie man einen Menschen kennet bey seinem Angesicht / so hat auch GOtt etwas für die gläubige Seele / dabey sie jhren GOtt erkennet und sagen kan: Das ist mein GOtt; Also hies die Lade des Bundes im alten Testament des HErrn Angesicht / wenn jemand ins Heiligthumb trat / so hies es / er erscheine für dem Angesicht des HErrn. Heute zur Zeit des newen Testamentes hat GOtt seine Gegenwart nicht verbunden an einen gewissen Ort / er unterläst dennoch nicht über uns sein Angesicht leuchten zu lassen / wir müssen einen bessern Gnadenstul haben. Auff zweyerley Weise läst uns GOtt sein Angesicht sehen / zu erst / in einem Spiegel / zum andern in der Klarheit / beyde Art begreifft Paulus / wenn er spricht: Wir sehen itz durch einen Spiegel durch ein dunckels Wort / denn aber von Angesicht zu Angesicht. Die erste Art gehöret zu diesem Leben / und ist unvollkommen / denn da seynd die Creaturen / und unser sterblicher Leib / als ein Vorhang / dadurch die Seele verhindert wird / daß sie GOtt in seiner Klarheit nicht anschawen kan / doch erkennet sie GOtt als ein Bildnis und in einem Spiegel. In den Creaturen zwar / hat GOtt sich etlicher massen abgebildet / darinnen man GOttes Macht / Güte / Weiß- 1. Corinth. 13, 12.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Von dem seeligen Seelen-Durst : Eine Leich-Sermon/ bey der Leichbegängniß Der ... Anna Wienkamps ... Wolfenbüttel, 1652, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_seelendurst_1652/14>, abgerufen am 23.04.2024.