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Lütkemann, Joachim: Von dem seeligen Seelen-Durst : Eine Leich-Sermon/ bey der Leichbegängniß Der ... Anna Wienkamps ... Wolfenbüttel, 1652.

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Wir haben gesehen nicht allein das hochgewünschte Gut derUsus 1. ad redargutionen. gläubigen Seelen / sondern auch was für ein hertzlich Verlangen ein gläubiger Christ nach diesen Gute trage / und wie jhm darnach dürstet. Nun were zu wünschen / daß dadurch unsere Seelen müchten beweget seyn / nach nichts als nach GOtt zu dürsten / denn wir erfaren leider / daß den Menschen Kindern nicht dürstet nach dem Wasser / das den Durst stillen kan. Wolte GOtt wir erkenten solche Thorheit. Betriegerey ists mit der Welt / und mit allen was drinnen. Sie macht manchen die Hoffnung zu grossen Reichthum / hohen Ehren / ansehnlichen ämptern / und wenn er lang genug darnach gelauffen / macht sie jhn zum Betler / und stost jhn in Schmach und Schanden. Wie viel tausend Menschen haben all jhr Thun darauf gerichtet / daß sie nur einen Namen in der Welt möchten erlangen / deren doch jtz kein Mensch gedenckt? Und wenn denn schon alle Welt von mir wüst zu reden / was weres mehr? Was Nutzes hat meine Seele davon / wenn sie muß davon faren? Geschicht es / daß ein Weltkind so viel an jrrdischen Glück gewinnet / als ein Mensch gewinnen kan / so vermag doch ein einiger Widerwille jhm alle Lust benemen / die alle sein Glückseligkeit jm gemacht hat. Der stoltze Haman hatte / was ein Mensch wünschen möchte / ein einiges war jhm zu widern / daß von einem einigen Juden jhm nicht gnugsam Ehre geschah / das konte jhn mehr betrüben als all seine Glückseligkeit erfrewen / diese Schande muß dieser Weltling selber bekennen / darum / als er einsmals seinen Freunden die Herrligkeit seines ReichthumsEsth. 5, 15. und sein gros Ansehen erzehlte / sprach er: An den allen habe ich kein Genüge / so lang ich sehe den Juden ans Königs Thor sitzen. Sie so wenig mach dein Hertz befridigen alles Welt-Guth daran du dein Hertz hangest. Dazu weistu nicht / wie lang du es habest / was du von der Welt erlanget hast. Kurtz und unbeständig ist aller Menschen Wollfart. Drum ist die Welt

Wir haben gesehen nicht allein das hochgewünschte Gut derUsus 1. ad redargutionẽ. gläubigẽ Seelen / sondern auch was für ein hertzlich Verlangen ein gläubiger Christ nach diesen Gute trage / und wie jhm darnach dürstet. Nun were zu wünschen / daß dadurch unsere Seelen müchten beweget seyn / nach nichts als nach GOtt zu dürsten / denn wir erfaren leider / daß den Menschen Kindern nicht dürstet nach dem Wasser / das den Durst stillen kan. Wolte GOtt wir erkenten solche Thorheit. Betriegerey ists mit der Welt / und mit allen was drinnen. Sie macht manchen die Hoffnung zu grossen Reichthum / hohen Ehren / ansehnlichen ämptern / und wenn er lang genug darnach gelauffen / macht sie jhn zum Betler / und stost jhn in Schmach und Schanden. Wie viel tausend Menschen haben all jhr Thun darauf gerichtet / daß sie nur einen Namen in der Welt möchten erlangen / deren doch jtz kein Mensch gedenckt? Und wenn deñ schon alle Welt võ mir wüst zu reden / was weres mehr? Was Nutzes hat meine Seele davon / wenn sie muß davon faren? Geschicht es / daß ein Weltkind so viel an jrrdischen Glück gewinnet / als ein Mensch gewinnen kan / so vermag doch ein einiger Widerwille jhm alle Lust benemen / die alle sein Glückseligkeit jm gemacht hat. Der stoltze Haman hatte / was ein Mensch wünschen möchte / ein einiges war jhm zu widern / daß von einem einigen Juden jhm nicht gnugsam Ehre geschah / das konte jhn mehr betrüben als all seine Glückseligkeit erfrewen / diese Schande muß dieser Weltling selber bekennen / darum / als er einsmals seinen Freunden die Herrligkeit seines ReichthumsEsth. 5, 15. und sein gros Ansehen erzehlte / sprach er: An den allen habe ich kein Genüge / so lang ich sehe den Judẽ ans Königs Thor sitzen. Sie so wenig mach dein Hertz befridigen alles Welt-Guth daran du dein Hertz hangest. Dazu weistu nicht / wie lang du es habest / was du von der Welt erlanget hast. Kurtz und unbeständig ist aller Menschen Wollfart. Drum ist die Welt

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                     nach nichts als nach GOtt zu dürsten / denn wir erfaren leider / daß den
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                     gewinnen kan / so vermag doch ein einiger Widerwille jhm alle Lust benemen / die
                     alle sein Glückseligkeit jm gemacht hat. Der stoltze Haman hatte / was ein
                     Mensch wünschen möchte / ein einiges war jhm zu widern / daß von einem einigen
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[15/0021] Wir haben gesehen nicht allein das hochgewünschte Gut der gläubigẽ Seelen / sondern auch was für ein hertzlich Verlangen ein gläubiger Christ nach diesen Gute trage / und wie jhm darnach dürstet. Nun were zu wünschen / daß dadurch unsere Seelen müchten beweget seyn / nach nichts als nach GOtt zu dürsten / denn wir erfaren leider / daß den Menschen Kindern nicht dürstet nach dem Wasser / das den Durst stillen kan. Wolte GOtt wir erkenten solche Thorheit. Betriegerey ists mit der Welt / und mit allen was drinnen. Sie macht manchen die Hoffnung zu grossen Reichthum / hohen Ehren / ansehnlichen ämptern / und wenn er lang genug darnach gelauffen / macht sie jhn zum Betler / und stost jhn in Schmach und Schanden. Wie viel tausend Menschen haben all jhr Thun darauf gerichtet / daß sie nur einen Namen in der Welt möchten erlangen / deren doch jtz kein Mensch gedenckt? Und wenn deñ schon alle Welt võ mir wüst zu reden / was weres mehr? Was Nutzes hat meine Seele davon / wenn sie muß davon faren? Geschicht es / daß ein Weltkind so viel an jrrdischen Glück gewinnet / als ein Mensch gewinnen kan / so vermag doch ein einiger Widerwille jhm alle Lust benemen / die alle sein Glückseligkeit jm gemacht hat. Der stoltze Haman hatte / was ein Mensch wünschen möchte / ein einiges war jhm zu widern / daß von einem einigen Juden jhm nicht gnugsam Ehre geschah / das konte jhn mehr betrüben als all seine Glückseligkeit erfrewen / diese Schande muß dieser Weltling selber bekennen / darum / als er einsmals seinen Freunden die Herrligkeit seines Reichthums und sein gros Ansehen erzehlte / sprach er: An den allen habe ich kein Genüge / so lang ich sehe den Judẽ ans Königs Thor sitzen. Sie so wenig mach dein Hertz befridigen alles Welt-Guth daran du dein Hertz hangest. Dazu weistu nicht / wie lang du es habest / was du von der Welt erlanget hast. Kurtz und unbeständig ist aller Menschen Wollfart. Drum ist die Welt Usus 1. ad redargutionẽ. Esth. 5, 15.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Von dem seeligen Seelen-Durst : Eine Leich-Sermon/ bey der Leichbegängniß Der ... Anna Wienkamps ... Wolfenbüttel, 1652, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_seelendurst_1652/21>, abgerufen am 18.04.2024.