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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

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geschehen, die Schläge durch die Wetterableiter glück-
lich von den Gebäuden ab und in die Erde geleitet wor-
den seyen.

In Europa fieng man zwar auch bald an, diese
herrliche Franklinische Erfindung zu benutzen. Aber
das Werk wollte doch in diesem Lande, ob es gleich das
Land der Wissenschaften genannt zu werden verdient,
keinen rechten Fortgang bekommen. Nicht nur der
Pöbel, sondern auch Halbgelehrte widersetzten sich ei-
nem so heilsamen Unternehmen, und sahen es entweder
als eine gefährliche Sache, oder als einen Eingrif in die
göttliche Vorsehung und Strafgerechtigkeit an. Hät-
ten nicht Könige und Fürsten den Anfang mit Anle-
gung der Wetterableiter gemacht, und durch ihr Ansehen
und Gewalt dieses gute Werk befördert; so würden
wir ohne Zweifel in Europa noch keinen öffentlich auf-
gerichteten Wetterableiter aufweisen können. Es wür-
de für ein Staatsverbrechen und für eine Versuchung
Gottes angesehen worden seyn, wenn eine Privatperson
den Anfang mit Anlegung eines Wetterableiters hätte
machen wollen. Die Nachbarn würden schwere Klagen
erhoben, und der Pöbel mit Tumult gedrohet haben.
Die Gerichte, in denen nicht allezeit Naturforscher
präsidiren, würden entweder aus Unwissenheit ein der-
gleichen Unternehmen als gefährlich verdammt und un-
terdrückt haben; oder sie würden wenigstens der Rase-
rey eines aufgebrachten blinden Pöbels haben nachge-
ben müssen.

Ich erdichte hier nichts zur Schande unsers Va-
terlandes. Es sind That Sachen und es wäre mir ein
leichtes, dergleichen würkliche Auftritte anzuführen.
Bloß die Bewegungen, die in der Chur-Pfalz und in
Chur-Baiern über die Anlegung der Wetterableiter
entstanden sind, darf ich hier öffentlich melden, da sie

in

geſchehen, die Schlaͤge durch die Wetterableiter gluͤck-
lich von den Gebaͤuden ab und in die Erde geleitet wor-
den ſeyen.

In Europa fieng man zwar auch bald an, dieſe
herrliche Frankliniſche Erfindung zu benutzen. Aber
das Werk wollte doch in dieſem Lande, ob es gleich das
Land der Wiſſenſchaften genannt zu werden verdient,
keinen rechten Fortgang bekommen. Nicht nur der
Poͤbel, ſondern auch Halbgelehrte widerſetzten ſich ei-
nem ſo heilſamen Unternehmen, und ſahen es entweder
als eine gefaͤhrliche Sache, oder als einen Eingrif in die
goͤttliche Vorſehung und Strafgerechtigkeit an. Haͤt-
ten nicht Koͤnige und Fuͤrſten den Anfang mit Anle-
gung der Wetterableiter gemacht, und durch ihr Anſehen
und Gewalt dieſes gute Werk befoͤrdert; ſo wuͤrden
wir ohne Zweifel in Europa noch keinen oͤffentlich auf-
gerichteten Wetterableiter aufweiſen koͤnnen. Es wuͤr-
de fuͤr ein Staatsverbrechen und fuͤr eine Verſuchung
Gottes angeſehen worden ſeyn, wenn eine Privatperſon
den Anfang mit Anlegung eines Wetterableiters haͤtte
machen wollen. Die Nachbarn wuͤrden ſchwere Klagen
erhoben, und der Poͤbel mit Tumult gedrohet haben.
Die Gerichte, in denen nicht allezeit Naturforſcher
praͤſidiren, wuͤrden entweder aus Unwiſſenheit ein der-
gleichen Unternehmen als gefaͤhrlich verdammt und un-
terdruͤckt haben; oder ſie wuͤrden wenigſtens der Raſe-
rey eines aufgebrachten blinden Poͤbels haben nachge-
ben muͤſſen.

Ich erdichte hier nichts zur Schande unſers Va-
terlandes. Es ſind That Sachen und es waͤre mir ein
leichtes, dergleichen wuͤrkliche Auftritte anzufuͤhren.
Bloß die Bewegungen, die in der Chur-Pfalz und in
Chur-Baiern uͤber die Anlegung der Wetterableiter
entſtanden ſind, darf ich hier oͤffentlich melden, da ſie

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[10/0026] geſchehen, die Schlaͤge durch die Wetterableiter gluͤck- lich von den Gebaͤuden ab und in die Erde geleitet wor- den ſeyen. In Europa fieng man zwar auch bald an, dieſe herrliche Frankliniſche Erfindung zu benutzen. Aber das Werk wollte doch in dieſem Lande, ob es gleich das Land der Wiſſenſchaften genannt zu werden verdient, keinen rechten Fortgang bekommen. Nicht nur der Poͤbel, ſondern auch Halbgelehrte widerſetzten ſich ei- nem ſo heilſamen Unternehmen, und ſahen es entweder als eine gefaͤhrliche Sache, oder als einen Eingrif in die goͤttliche Vorſehung und Strafgerechtigkeit an. Haͤt- ten nicht Koͤnige und Fuͤrſten den Anfang mit Anle- gung der Wetterableiter gemacht, und durch ihr Anſehen und Gewalt dieſes gute Werk befoͤrdert; ſo wuͤrden wir ohne Zweifel in Europa noch keinen oͤffentlich auf- gerichteten Wetterableiter aufweiſen koͤnnen. Es wuͤr- de fuͤr ein Staatsverbrechen und fuͤr eine Verſuchung Gottes angeſehen worden ſeyn, wenn eine Privatperſon den Anfang mit Anlegung eines Wetterableiters haͤtte machen wollen. Die Nachbarn wuͤrden ſchwere Klagen erhoben, und der Poͤbel mit Tumult gedrohet haben. Die Gerichte, in denen nicht allezeit Naturforſcher praͤſidiren, wuͤrden entweder aus Unwiſſenheit ein der- gleichen Unternehmen als gefaͤhrlich verdammt und un- terdruͤckt haben; oder ſie wuͤrden wenigſtens der Raſe- rey eines aufgebrachten blinden Poͤbels haben nachge- ben muͤſſen. Ich erdichte hier nichts zur Schande unſers Va- terlandes. Es ſind That Sachen und es waͤre mir ein leichtes, dergleichen wuͤrkliche Auftritte anzufuͤhren. Bloß die Bewegungen, die in der Chur-Pfalz und in Chur-Baiern uͤber die Anlegung der Wetterableiter entſtanden ſind, darf ich hier oͤffentlich melden, da ſie in

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Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/26>, abgerufen am 28.03.2024.