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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Erstes Kapitel.
den nun das Prisma derart entzwei, dass das eine Stück
die Länge 2m, das zweite 2n erhält. Wir können dies
ohne Störung des Gleichgewichts thun, wenn wir zuvor die
Enden der beiden Stücke hart an dem Schnitt durch Fäden
an der Stange befestigen. Wir können nun auch alle vor-
handenen Fäden entfernen, wenn wir zuvor die beiden
Prismenstücke in deren Mitte an der Stange aufhängen.
Da die ganze Länge der Stange 2(m+n), so beträgt
eine jede Hälfte m+n. Es ist also die Distanz des Auf-
hängepunktes des rechten Prismenstückes vom Auf-
hängepunkte der Stange n, des linken aber m. Die
Erfahrung, dass es auf das Gewicht und nicht auf die
[Abbildung] Fig. 7.
Form der Körper ankommt, ist leicht gemacht. Somit
ist klar, dass das Gleichgewicht noch besteht, wenn
irgendein Gewicht von der Grösse 2m auf einer Seite
in der Entfernung n und irgendein Gewicht von der
Grösse 2n auf der andern Seite in der Entfernung m
aufgehängt wird. Die instinctiven Erkenntnisselemente
treten bei dieser Ableitung noch mehr hervor als bei
jener von Archimedes.

Man kann übrigens an dieser schönen Betrachtung
noch einen Rest der Schwerfälligkeit erkennen, die be-
sonders den Forschern des Alterthums eigen ist.

Wie ein neuerer Physiker dieselbe Sache aufgefasst
hat, sehen wir an folgender Betrachtung von Lagrange.
Er sagt: Wir denken uns ein homogenes horizontales
Prisma in der Mitte aufgehängt. Dasselbe stellen wir
uns in die Prismen von den Längen 2m und 2n ge-
theilt vor. Beachten wir nun die Schwerpunkte dieser
Stücke, in welchen wir uns Gewichte proportional 2m
und 2n angreifend denken können, so haben dieselben
die Abstände n und m vom Stützpunkt. Diese kurze

Erstes Kapitel.
den nun das Prisma derart entzwei, dass das eine Stück
die Länge 2m, das zweite 2n erhält. Wir können dies
ohne Störung des Gleichgewichts thun, wenn wir zuvor die
Enden der beiden Stücke hart an dem Schnitt durch Fäden
an der Stange befestigen. Wir können nun auch alle vor-
handenen Fäden entfernen, wenn wir zuvor die beiden
Prismenstücke in deren Mitte an der Stange aufhängen.
Da die ganze Länge der Stange 2(m+n), so beträgt
eine jede Hälfte m+n. Es ist also die Distanz des Auf-
hängepunktes des rechten Prismenstückes vom Auf-
hängepunkte der Stange n, des linken aber m. Die
Erfahrung, dass es auf das Gewicht und nicht auf die
[Abbildung] Fig. 7.
Form der Körper ankommt, ist leicht gemacht. Somit
ist klar, dass das Gleichgewicht noch besteht, wenn
irgendein Gewicht von der Grösse 2m auf einer Seite
in der Entfernung n und irgendein Gewicht von der
Grösse 2n auf der andern Seite in der Entfernung m
aufgehängt wird. Die instinctiven Erkenntnisselemente
treten bei dieser Ableitung noch mehr hervor als bei
jener von Archimedes.

Man kann übrigens an dieser schönen Betrachtung
noch einen Rest der Schwerfälligkeit erkennen, die be-
sonders den Forschern des Alterthums eigen ist.

Wie ein neuerer Physiker dieselbe Sache aufgefasst
hat, sehen wir an folgender Betrachtung von Lagrange.
Er sagt: Wir denken uns ein homogenes horizontales
Prisma in der Mitte aufgehängt. Dasselbe stellen wir
uns in die Prismen von den Längen 2m und 2n ge-
theilt vor. Beachten wir nun die Schwerpunkte dieser
Stücke, in welchen wir uns Gewichte proportional 2m
und 2n angreifend denken können, so haben dieselben
die Abstände n und m vom Stützpunkt. Diese kurze

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[12/0024] Erstes Kapitel. den nun das Prisma derart entzwei, dass das eine Stück die Länge 2m, das zweite 2n erhält. Wir können dies ohne Störung des Gleichgewichts thun, wenn wir zuvor die Enden der beiden Stücke hart an dem Schnitt durch Fäden an der Stange befestigen. Wir können nun auch alle vor- handenen Fäden entfernen, wenn wir zuvor die beiden Prismenstücke in deren Mitte an der Stange aufhängen. Da die ganze Länge der Stange 2(m+n), so beträgt eine jede Hälfte m+n. Es ist also die Distanz des Auf- hängepunktes des rechten Prismenstückes vom Auf- hängepunkte der Stange n, des linken aber m. Die Erfahrung, dass es auf das Gewicht und nicht auf die [Abbildung Fig. 7.] Form der Körper ankommt, ist leicht gemacht. Somit ist klar, dass das Gleichgewicht noch besteht, wenn irgendein Gewicht von der Grösse 2m auf einer Seite in der Entfernung n und irgendein Gewicht von der Grösse 2n auf der andern Seite in der Entfernung m aufgehängt wird. Die instinctiven Erkenntnisselemente treten bei dieser Ableitung noch mehr hervor als bei jener von Archimedes. Man kann übrigens an dieser schönen Betrachtung noch einen Rest der Schwerfälligkeit erkennen, die be- sonders den Forschern des Alterthums eigen ist. Wie ein neuerer Physiker dieselbe Sache aufgefasst hat, sehen wir an folgender Betrachtung von Lagrange. Er sagt: Wir denken uns ein homogenes horizontales Prisma in der Mitte aufgehängt. Dasselbe stellen wir uns in die Prismen von den Längen 2m und 2n ge- theilt vor. Beachten wir nun die Schwerpunkte dieser Stücke, in welchen wir uns Gewichte proportional 2m und 2n angreifend denken können, so haben dieselben die Abstände n und m vom Stützpunkt. Diese kurze

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/24>, abgerufen am 29.03.2024.