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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Dritte Buch.
Ein schrecklich ungeheur/ groß/ ungestalt und häßlich/
Der eines augs beraubt/ geht einher lang und gräßlich/
Trägt einen fichten banm in seiner rechten faust/
An selbten steurt er sich und immer haucht und braust.
Die schaffe gehn beyher/ das hält er seine freude
In seinem ungelück und tröstung in dem leide/
Die sackpeiff hänget ihm an halse/ drauff er kan
Mit unbeliebtem thon viel lieder stimmen an.
Als er nun kömmt ans meer und steiget in die fluten/
Wäscht er sein aug ihm ab/ das man sah hefftig bluten/
knirscht mit den zähnen sehr/ seufftzt tieff für zorn und grimm
Und schreitet mitten durch des meeres ungestümm.
Und geht ihm doch noch nicht das wasser an die seiten/
Wir aber/ da wir ihn so sehen noch von weiten/
Ergreiffen ohn verzug die flucht mit bangigkeit/
Und nehmen mit auffs schiff den man/ der uns sein leid
So kläglich truge für/ der gleichwol treuer massen
Sich hat umb uns verdient/ die wir so sicher sassen/
Da er uns warnete. Wir hauen ab das seil.
Und segeln durch das meer fein stille weg in eil.
Wir rudern für uns hin mit hefftigem bemühen:
Da hört er am geräusch der ruder/ daß wir fliehen;
Er macht sich hinden her/ verfolget uns/ wie er kan;
Da er nun keine macht mehr hat zu kommen an;
Noch durchs Jönsche meer kan folgen und ereilen/
Da hebt er schrecklich an zu schreien und zu heulen/
Daß meer und fluth erbebt. Das land Italien
Erzittert/ Etna auch wil gleichsam untergehn:
So
K 4
Das Dritte Buch.
Ein ſchrecklich ungeheur/ groß/ ungeſtalt und haͤßlich/
Der eines augs beraubt/ geht einher lang und graͤßlich/
Traͤgt einen fichten banm in ſeiner rechten fauſt/
An ſelbten ſteurt er ſich und immer haucht und brauſt.
Die ſchaffe gehn beyher/ das haͤlt er ſeine freude
In ſeinem ungeluͤck und troͤſtung in dem leide/
Die ſackpeiff haͤnget ihm an halſe/ drauff er kan
Mit unbeliebtem thon viel lieder ſtimmen an.
Als er nun koͤmmt ans meer und ſteiget in die fluten/
Waͤſcht er ſein aug ihm ab/ das man ſah hefftig bluten/
kniꝛſcht mit den zaͤhnẽ ſehꝛ/ ſeufftzt tieff fuͤꝛ zoꝛn und gꝛim̃
Und ſchreitet mitten durch des meeres ungeſtuͤmm.
Und geht ihm doch noch nicht das waſſer an die ſeiten/
Wir aber/ da wir ihn ſo ſehen noch von weiten/
Ergreiffen ohn verzug die flucht mit bangigkeit/
Und nehmen mit auffs ſchiff den man/ der uns ſein leid
So klaͤglich truge fuͤr/ der gleichwol treuer maſſen
Sich hat umb uns verdient/ die wir ſo ſicher ſaſſen/
Da er uns warnete. Wir hauen ab das ſeil.
Und ſegeln durch das meer fein ſtille weg in eil.
Wir rudern fuͤr uns hin mit hefftigem bemuͤhen:
Da hoͤrt er am geraͤuſch der ruder/ daß wir fliehen;
Er macht ſich hinden her/ verfolget uns/ wie er kan;
Da er nun keine macht mehr hat zu kommen an;
Noch durchs Joͤnſche meer kan folgen und ereilen/
Da hebt er ſchrecklich an zu ſchreien und zu heulen/
Daß meer und fluth erbebt. Das land Italien
Erzittert/ Etna auch wil gleichſam untergehn:
So
K 4
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[151/0173] Das Dritte Buch. Ein ſchrecklich ungeheur/ groß/ ungeſtalt und haͤßlich/ Der eines augs beraubt/ geht einher lang und graͤßlich/ Traͤgt einen fichten banm in ſeiner rechten fauſt/ An ſelbten ſteurt er ſich und immer haucht und brauſt. Die ſchaffe gehn beyher/ das haͤlt er ſeine freude In ſeinem ungeluͤck und troͤſtung in dem leide/ Die ſackpeiff haͤnget ihm an halſe/ drauff er kan Mit unbeliebtem thon viel lieder ſtimmen an. Als er nun koͤmmt ans meer und ſteiget in die fluten/ Waͤſcht er ſein aug ihm ab/ das man ſah hefftig bluten/ kniꝛſcht mit den zaͤhnẽ ſehꝛ/ ſeufftzt tieff fuͤꝛ zoꝛn und gꝛim̃ Und ſchreitet mitten durch des meeres ungeſtuͤmm. Und geht ihm doch noch nicht das waſſer an die ſeiten/ Wir aber/ da wir ihn ſo ſehen noch von weiten/ Ergreiffen ohn verzug die flucht mit bangigkeit/ Und nehmen mit auffs ſchiff den man/ der uns ſein leid So klaͤglich truge fuͤr/ der gleichwol treuer maſſen Sich hat umb uns verdient/ die wir ſo ſicher ſaſſen/ Da er uns warnete. Wir hauen ab das ſeil. Und ſegeln durch das meer fein ſtille weg in eil. Wir rudern fuͤr uns hin mit hefftigem bemuͤhen: Da hoͤrt er am geraͤuſch der ruder/ daß wir fliehen; Er macht ſich hinden her/ verfolget uns/ wie er kan; Da er nun keine macht mehr hat zu kommen an; Noch durchs Joͤnſche meer kan folgen und ereilen/ Da hebt er ſchrecklich an zu ſchreien und zu heulen/ Daß meer und fluth erbebt. Das land Italien Erzittert/ Etna auch wil gleichſam untergehn: So K 4

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/173>, abgerufen am 15.05.2024.