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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Erste Buch.
Wir schweben in der irr/ sind beydes unerfahren
Der menschen und des lands/ was wir für dessen waren/
Sind (leider!) wir nicht mehr: wir haben auff dem meer
Erfahren sturm und bruch und grausames beschwer.
Hier ziehen wir herumb/ und wissen nicht waß leiden
Uns möchte künfftig noch von Göttern seyn bescheiden.
Drumb gib uns doch bericht: Wir wollen nach gebühr
Viel opffer und gebät dir danckbahr bringen für.
Drauff Venus/ zwar (sagt sie) acht ich mich solcher ehren
Zu wenig/ so viel kan ich aber euch belehren/
Daß brauch und sitte sey im lande Tyrien/
Daß auch die Jungfräulein mit pfeil und bogen gehn/
Und tragen rohte schuh/ die sie bis an die knyen/
Damit sie rüstig einhergehen/ können ziehen.
Was deine frag anlangt/ siehst du der Poener reich
Die Tyrier/ wie auch die stadt Carthag zugleich/
Doch grentzen Libyens: Ein volck von groben sitten/
Bey dem noch ehrbarkeit/ noch tugend wird gelitten/
Und sich nicht zwingen läßt. Die fürstin Dido hat/
Als sie gezogen war aus ihrer Tyrer stadt/
Daselbst das regiment/ nach dem sie muste fliehen
Für ihrem bruder selbst und seinem grimm entziehen
Ihr eignes wolergehn: die unbefügte schmach/
Die ihr von diesem dieb und wüterich geschach/
Ist zu erzehlen lang/ wenn man sie wolle führen
Nach allen umbstand aus. Drum wil ich nur berühren
Das hauptwerck an sich selbst. Ihr ehgemahl genand
Sichaeus groß und reich in der Phoenicer land
Durch
B 4
Das Erſte Buch.
Wir ſchweben in der irr/ ſind beydes unerfahren
Der menſchen und des lands/ was wir fuͤr deſſen waren/
Sind (leider!) wir nicht mehr: wir haben auff dem meer
Erfahren ſturm und bruch und grauſames beſchwer.
Hier ziehen wir herumb/ und wiſſen nicht waß leiden
Uns moͤchte kuͤnfftig noch von Goͤttern ſeyn beſcheiden.
Drumb gib uns doch bericht: Wir wollen nach gebuͤhr
Viel opffer und gebaͤt dir danckbahr bringen fuͤr.
Drauff Venus/ zwar (ſagt ſie) acht ich mich ſolcher ehrẽ
Zu wenig/ ſo viel kan ich aber euch belehren/
Daß brauch und ſitte ſey im lande Tyrien/
Daß auch die Jungfraͤulein mit pfeil und bogen gehn/
Und tragen rohte ſchuh/ die ſie bis an die knyen/
Damit ſie ruͤſtig einhergehen/ koͤnnen ziehen.
Was deine frag anlangt/ ſiehſt du der Poener reich
Die Tyrier/ wie auch die ſtadt Carthag zugleich/
Doch grentzen Libyens: Ein volck von groben ſitten/
Bey dem noch ehrbarkeit/ noch tugend wird gelitten/
Und ſich nicht zwingen laͤßt. Die fuͤrſtin Dido hat/
Als ſie gezogen war aus ihrer Tyrer ſtadt/
Daſelbſt das regiment/ nach dem ſie muſte fliehen
Fuͤr ihrem bruder ſelbſt und ſeinem grimm entziehen
Ihr eignes wolergehn: die unbefuͤgte ſchmach/
Die ihr von dieſem dieb und wuͤterich geſchach/
Iſt zu erzehlen lang/ wenn man ſie wolle fuͤhren
Nach allen umbſtand aus. Drum wil ich nur beruͤhren
Das hauptwerck an ſich ſelbſt. Ihr ehgemahl genand
Sichaeus groß und reich in der Phoenicer land
Durch
B 4
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[23/0045] Das Erſte Buch. Wir ſchweben in der irr/ ſind beydes unerfahren Der menſchen und des lands/ was wir fuͤr deſſen waren/ Sind (leider!) wir nicht mehr: wir haben auff dem meer Erfahren ſturm und bruch und grauſames beſchwer. Hier ziehen wir herumb/ und wiſſen nicht waß leiden Uns moͤchte kuͤnfftig noch von Goͤttern ſeyn beſcheiden. Drumb gib uns doch bericht: Wir wollen nach gebuͤhr Viel opffer und gebaͤt dir danckbahr bringen fuͤr. Drauff Venus/ zwar (ſagt ſie) acht ich mich ſolcher ehrẽ Zu wenig/ ſo viel kan ich aber euch belehren/ Daß brauch und ſitte ſey im lande Tyrien/ Daß auch die Jungfraͤulein mit pfeil und bogen gehn/ Und tragen rohte ſchuh/ die ſie bis an die knyen/ Damit ſie ruͤſtig einhergehen/ koͤnnen ziehen. Was deine frag anlangt/ ſiehſt du der Poener reich Die Tyrier/ wie auch die ſtadt Carthag zugleich/ Doch grentzen Libyens: Ein volck von groben ſitten/ Bey dem noch ehrbarkeit/ noch tugend wird gelitten/ Und ſich nicht zwingen laͤßt. Die fuͤrſtin Dido hat/ Als ſie gezogen war aus ihrer Tyrer ſtadt/ Daſelbſt das regiment/ nach dem ſie muſte fliehen Fuͤr ihrem bruder ſelbſt und ſeinem grimm entziehen Ihr eignes wolergehn: die unbefuͤgte ſchmach/ Die ihr von dieſem dieb und wuͤterich geſchach/ Iſt zu erzehlen lang/ wenn man ſie wolle fuͤhren Nach allen umbſtand aus. Drum wil ich nur beruͤhren Das hauptwerck an ſich ſelbſt. Ihr ehgemahl genand Sichaeus groß und reich in der Phoenicer land Durch B 4

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/45>, abgerufen am 29.04.2024.