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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Erste Buch.
Denn dir sey hiemit kund/ daß deine reisgesellen
Sich werden wieder ein/ mit sampt den schiffen stellen/
Ja schon vorhanden sind und bracht in sicherheit/
Nach dem itzt auffgehört der winde grimmigkeit.
Es wehre denn umbsonst die kunst zu propheceyen/
Die man gelehret aus der vögel flug und schreyen;
Schau: wie der schwänen zwölff in lüfften schwingen sich/
Und mit gewohntem flug sich üben freudiglich.
Schau! wie der adler sie am offenbaren himmel
Aufftreibt und sie verstört mit gehlingen getümmel;
Itzt fliegen sie herab in langer reyh und zahl
Zur erd/ und scheinen dranzu reichen allzumal.
Wie spielen sie so schön mit rauschendem geflügel/
Wie schwingen sie sich hin und her umb berg und hügel/
Und irren in der lufft mit lieblichem gesang/
Ja oder was es sey mit angenehmen klang.
So dencke/ daß es sey bewand mit deinen schiffen
Und junger manschafft/ die entweder sind begriffen
Im Haven/ oder doch mit gantzer segelsmacht
Im selbtem fahren an; Darumb sey nur bedacht
Ohn säumnüß deinen weg gerade hin zu nehmen/
Und dich nicht weiter so zu kümmern und zu grämen.
Mit diesem wandt sie sich: da blickt an ihr herfür
Wie eine schöne roß des nackens weise zier.
Auch ihre haare fast wie ambra lieblich rochen:
Den rock ließ sie hin ab so tieff bis an die knochen;
Da sahe man sie bald an ihrem gang und pracht
Für eine Göttin an und was sey ihre macht.
Eneas/
Das Erſte Buch.
Denn dir ſey hiemit kund/ daß deine reiſgeſellen
Sich werden wieder ein/ mit ſampt den ſchiffen ſtellen/
Ja ſchon vorhanden ſind und bracht in ſicherheit/
Nach dem itzt auffgehoͤrt der winde grimmigkeit.
Es wehre denn umbſonſt die kunſt zu propheceyen/
Die man gelehret aus der voͤgel flug und ſchreyen;
Schau: wie der ſchwaͤnẽ zwoͤlff in luͤfften ſchwingẽ ſich/
Und mit gewohntem flug ſich uͤben freudiglich.
Schau! wie der adler ſie am offenbaren himmel
Aufftreibt und ſie verſtoͤrt mit gehlingen getuͤmmel;
Itzt fliegen ſie herab in langer reyh und zahl
Zur erd/ und ſcheinen dranzu reichen allzumal.
Wie ſpielen ſie ſo ſchoͤn mit rauſchendem gefluͤgel/
Wie ſchwingen ſie ſich hin und her umb berg und huͤgel/
Und irren in der lufft mit lieblichem geſang/
Ja oder was es ſey mit angenehmen klang.
So dencke/ daß es ſey bewand mit deinen ſchiffen
Und junger manſchafft/ die entweder ſind begriffen
Im Haven/ oder doch mit gantzer ſegelsmacht
Im ſelbtem fahren an; Darumb ſey nur bedacht
Ohn ſaͤumnuͤß deinen weg gerade hin zu nehmen/
Und dich nicht weiter ſo zu kuͤmmern und zu graͤmen.
Mit dieſem wandt ſie ſich: da blickt an ihr herfuͤr
Wie eine ſchoͤne roß des nackens weiſe zier.
Auch ihre haare faſt wie ambra lieblich rochen:
Den rock ließ ſie hin ab ſo tieff bis an die knochen;
Da ſahe man ſie bald an ihrem gang und pracht
Fuͤr eine Goͤttin an und was ſey ihre macht.
Eneas/
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[28/0050] Das Erſte Buch. Denn dir ſey hiemit kund/ daß deine reiſgeſellen Sich werden wieder ein/ mit ſampt den ſchiffen ſtellen/ Ja ſchon vorhanden ſind und bracht in ſicherheit/ Nach dem itzt auffgehoͤrt der winde grimmigkeit. Es wehre denn umbſonſt die kunſt zu propheceyen/ Die man gelehret aus der voͤgel flug und ſchreyen; Schau: wie der ſchwaͤnẽ zwoͤlff in luͤfften ſchwingẽ ſich/ Und mit gewohntem flug ſich uͤben freudiglich. Schau! wie der adler ſie am offenbaren himmel Aufftreibt und ſie verſtoͤrt mit gehlingen getuͤmmel; Itzt fliegen ſie herab in langer reyh und zahl Zur erd/ und ſcheinen dranzu reichen allzumal. Wie ſpielen ſie ſo ſchoͤn mit rauſchendem gefluͤgel/ Wie ſchwingen ſie ſich hin und her umb berg und huͤgel/ Und irren in der lufft mit lieblichem geſang/ Ja oder was es ſey mit angenehmen klang. So dencke/ daß es ſey bewand mit deinen ſchiffen Und junger manſchafft/ die entweder ſind begriffen Im Haven/ oder doch mit gantzer ſegelsmacht Im ſelbtem fahren an; Darumb ſey nur bedacht Ohn ſaͤumnuͤß deinen weg gerade hin zu nehmen/ Und dich nicht weiter ſo zu kuͤmmern und zu graͤmen. Mit dieſem wandt ſie ſich: da blickt an ihr herfuͤr Wie eine ſchoͤne roß des nackens weiſe zier. Auch ihre haare faſt wie ambra lieblich rochen: Den rock ließ ſie hin ab ſo tieff bis an die knochen; Da ſahe man ſie bald an ihrem gang und pracht Fuͤr eine Goͤttin an und was ſey ihre macht. Eneas/

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/50>, abgerufen am 29.04.2024.