Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite
XVIII.

Schmeichle dir nicht selber/ daß man es
auffrichtig meyne/ wann man etwas löb-
liches von dir sagt/ es ist genug solches zu
glauben/ wann man von den Worten zu
der That kommet. Man findet viel Leute/
welche von einander übels reden/ aber un-
terdessen auch keinem nichts gutes thun.
Man muß die Schmeicheley errathen kön-
nen/ und aufs Zukünfftige eine Probe thun/
und ihr nicht glauben/ als wann wir sehen/
daß sie eine Würckung hat.

XIX.

Es ist gefährlich einen Mann zu beleidi-
gen/ der sich an einem erhabenen Ort befin-
det/ und der einen grossen Vortheil über
dich hat: Jedoch ist es auch bißweilen ge-
fährlicher sich an seinen warhafften Freund
zu reiben/ weil er davor hält/ seine Reputa-
tion
werde dadurch geschmälert/ wann
man denjenigen angreifft/ dem er alle seine
Gedancken vertrauet: Derowegen wird
er sich mehr bemühen/ diese Unbillichkeit zu
rächen/ als wann man ihn an seiner eigenen
Person angegriffen hätte. Ein großmü-
thiger Mann ist gemeiniglich zu frieden/
wann er siehet/ daß er verpflichtet ist/ seinen

Freund
A 5
XVIII.

Schmeichle dir nicht ſelber/ daß man es
auffrichtig meyne/ wann man etwas loͤb-
liches von dir ſagt/ es iſt genug ſolches zu
glauben/ wann man von den Worten zu
der That kommet. Man findet viel Leute/
welche von einander uͤbels reden/ aber un-
terdeſſen auch keinem nichts gutes thun.
Man muß die Schmeicheley errathen koͤn-
nen/ und aufs Zukuͤnfftige eine Probe thun/
und ihr nicht glauben/ als wann wir ſehen/
daß ſie eine Wuͤrckung hat.

XIX.

Es iſt gefaͤhrlich einen Mann zu beleidi-
gen/ der ſich an einem erhabenen Ort befin-
det/ und der einen groſſen Vortheil uͤber
dich hat: Jedoch iſt es auch bißweilen ge-
faͤhrlicher ſich an ſeinen warhafften Freund
zu reiben/ weil er davor haͤlt/ ſeine Reputa-
tion
werde dadurch geſchmaͤlert/ wann
man denjenigen angreifft/ dem er alle ſeine
Gedancken vertrauet: Derowegen wird
er ſich mehr bemuͤhen/ dieſe Unbillichkeit zu
raͤchen/ als wann man ihn an ſeiner eigenen
Perſon angegriffen haͤtte. Ein großmuͤ-
thiger Mann iſt gemeiniglich zu frieden/
wann er ſiehet/ daß er verpflichtet iſt/ ſeinen

Freund
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0020" n="9"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Schmeichle dir nicht &#x017F;elber/ daß man es<lb/>
auffrichtig meyne/ wann man etwas lo&#x0364;b-<lb/>
liches von dir &#x017F;agt/ es i&#x017F;t genug &#x017F;olches zu<lb/>
glauben/ wann man von den Worten zu<lb/>
der That kommet. Man findet viel Leute/<lb/>
welche von einander u&#x0364;bels reden/ aber un-<lb/>
terde&#x017F;&#x017F;en auch keinem nichts gutes thun.<lb/>
Man muß die Schmeicheley errathen ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ und aufs Zuku&#x0364;nfftige eine Probe thun/<lb/>
und ihr nicht glauben/ als wann wir &#x017F;ehen/<lb/>
daß &#x017F;ie eine Wu&#x0364;rckung hat.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XIX.</hi> </head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t gefa&#x0364;hrlich einen Mann zu beleidi-<lb/>
gen/ der &#x017F;ich an einem erhabenen Ort befin-<lb/>
det/ und der einen gro&#x017F;&#x017F;en Vortheil u&#x0364;ber<lb/>
dich hat: Jedoch i&#x017F;t es auch bißweilen ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlicher &#x017F;ich an &#x017F;einen warhafften Freund<lb/>
zu reiben/ weil er davor ha&#x0364;lt/ &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Reputa-<lb/>
tion</hi> werde dadurch ge&#x017F;chma&#x0364;lert/ wann<lb/>
man denjenigen angreifft/ dem er alle &#x017F;eine<lb/>
Gedancken vertrauet: Derowegen wird<lb/>
er &#x017F;ich mehr bemu&#x0364;hen/ die&#x017F;e Unbillichkeit zu<lb/>
ra&#x0364;chen/ als wann man ihn an &#x017F;einer eigenen<lb/>
Per&#x017F;on angegriffen ha&#x0364;tte. Ein großmu&#x0364;-<lb/>
thiger Mann i&#x017F;t gemeiniglich zu frieden/<lb/>
wann er &#x017F;iehet/ daß er verpflichtet i&#x017F;t/ &#x017F;einen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Freund</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0020] XVIII. Schmeichle dir nicht ſelber/ daß man es auffrichtig meyne/ wann man etwas loͤb- liches von dir ſagt/ es iſt genug ſolches zu glauben/ wann man von den Worten zu der That kommet. Man findet viel Leute/ welche von einander uͤbels reden/ aber un- terdeſſen auch keinem nichts gutes thun. Man muß die Schmeicheley errathen koͤn- nen/ und aufs Zukuͤnfftige eine Probe thun/ und ihr nicht glauben/ als wann wir ſehen/ daß ſie eine Wuͤrckung hat. XIX. Es iſt gefaͤhrlich einen Mann zu beleidi- gen/ der ſich an einem erhabenen Ort befin- det/ und der einen groſſen Vortheil uͤber dich hat: Jedoch iſt es auch bißweilen ge- faͤhrlicher ſich an ſeinen warhafften Freund zu reiben/ weil er davor haͤlt/ ſeine Reputa- tion werde dadurch geſchmaͤlert/ wann man denjenigen angreifft/ dem er alle ſeine Gedancken vertrauet: Derowegen wird er ſich mehr bemuͤhen/ dieſe Unbillichkeit zu raͤchen/ als wann man ihn an ſeiner eigenen Perſon angegriffen haͤtte. Ein großmuͤ- thiger Mann iſt gemeiniglich zu frieden/ wann er ſiehet/ daß er verpflichtet iſt/ ſeinen Freund A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/20
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/20>, abgerufen am 29.04.2024.