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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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II. Bestandtheile, Ersatz, Reparatur, Akkumulation
des fixen Kapitals
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In derselben Kapitalanlage haben die einzelnen Elemente des fixen
Kapitals eine verschiedne Lebenszeit, daher auch verschiedne Umschlags-
zeiten. In einer Eisenbahn z. B. haben Schienen, Schwellen, Erdarbeiten,
Bahnhofsgebäude, Brücken, Tunnels, Lokomotiven und Wagen verschiedne
Funktionsdauer und Reproduktionszeit, also auch das in ihnen vorge-
schossne Kapital verschiedne Umschlagszeiten. Während einer langen
Reihe von Jahren bedürfen die Gebäude, die Perrons, Wasserbehälter, Via-
dukte, Tunnels, Bodeneinschnitte und Dämme, kurz alles was im englischen
Eisenbahnwesen als works of art bezeichnet wird, keiner Erneurung. Die
hauptsächlichsten Gegenstände des Verschleisses sind der Schienenweg und
das Transportmaterial (rolling stock).

Ursprünglich, bei der Errichtung der modernen Eisenbahnen, war
es vorherrschende Meinung, genährt durch die ausgezeichnetsten praktischen
Ingenieure, dass die Dauer einer Eisenbahn sekulär wäre und der Ver-
schleiß der Schienen so durchaus unmerklich, dass er für alle finan-
ziellen und praktischen Zwecke ausser Acht zu lassen sei; 100--150
Jahre wurden als Lebenszeit guter Schienen betrachtet. Es stellte sich
aber bald heraus, dass die Lebensdauer einer Schiene, die natürlich von
der Geschwindigkeit der Lokomotiven, dem Gewicht und der Anzahl der
Züge, der Dicke der Schienen selbst und einer Masse andrer Nebenum-
stände abhängt, im Durchschnitt 20 Jahre nicht überschritt. In einzelnen
Bahnhöfen, Centren grosses Verkehrs, verschleissen die Schienen sogar
jedes Jahr. Gegen 1867 fing man an Stahlschienen einzuführen, die un-
gefähr doppelt so viel kosteten wie Eisenschienen, dafür aber mehr als
doppelt so lange dauern. Die Lebensdauer der Holzschwellen währte
12--15 Jahre. Bei dem Betriebsmaterial stellte sich ein bedeutend
grössrer Verschleiss heraus für Güterwagen als für Passagierwagen. Die
Lebensdauer einer Lokomotive wurde 1867 auf 10--12 Jahre berechnet.

Der Verschleiss wird bewirkt erstlich durch den Gebrauch selbst.
Im allgemeinen verschleissen die Schienen im Verhältniss zur Anzahl der
Züge (R. C., No. 17,645). 22) Bei vermehrter Geschwindigkeit wuchs

22) Die mit R. C. bezeichneten Citate sind aus: Royal Commission on
Railways. Minutes of Evidence taken before the Commissioners. Presented
to both Houses of Parliament. London 1867. -- Die Fragen und Antworten
sind numerirt und die Nummern hier angeführt.
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II. Bestandtheile, Ersatz, Reparatur, Akkumulation
des fixen Kapitals
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In derselben Kapitalanlage haben die einzelnen Elemente des fixen
Kapitals eine verschiedne Lebenszeit, daher auch verschiedne Umschlags-
zeiten. In einer Eisenbahn z. B. haben Schienen, Schwellen, Erdarbeiten,
Bahnhofsgebäude, Brücken, Tunnels, Lokomotiven und Wagen verschiedne
Funktionsdauer und Reproduktionszeit, also auch das in ihnen vorge-
schossne Kapital verschiedne Umschlagszeiten. Während einer langen
Reihe von Jahren bedürfen die Gebäude, die Perrons, Wasserbehälter, Via-
dukte, Tunnels, Bodeneinschnitte und Dämme, kurz alles was im englischen
Eisenbahnwesen als works of art bezeichnet wird, keiner Erneurung. Die
hauptsächlichsten Gegenstände des Verschleisses sind der Schienenweg und
das Transportmaterial (rolling stock).

Ursprünglich, bei der Errichtung der modernen Eisenbahnen, war
es vorherrschende Meinung, genährt durch die ausgezeichnetsten praktischen
Ingenieure, dass die Dauer einer Eisenbahn sekulär wäre und der Ver-
schleiß der Schienen so durchaus unmerklich, dass er für alle finan-
ziellen und praktischen Zwecke ausser Acht zu lassen sei; 100—150
Jahre wurden als Lebenszeit guter Schienen betrachtet. Es stellte sich
aber bald heraus, dass die Lebensdauer einer Schiene, die natürlich von
der Geschwindigkeit der Lokomotiven, dem Gewicht und der Anzahl der
Züge, der Dicke der Schienen selbst und einer Masse andrer Nebenum-
stände abhängt, im Durchschnitt 20 Jahre nicht überschritt. In einzelnen
Bahnhöfen, Centren grosses Verkehrs, verschleissen die Schienen sogar
jedes Jahr. Gegen 1867 fing man an Stahlschienen einzuführen, die un-
gefähr doppelt so viel kosteten wie Eisenschienen, dafür aber mehr als
doppelt so lange dauern. Die Lebensdauer der Holzschwellen währte
12—15 Jahre. Bei dem Betriebsmaterial stellte sich ein bedeutend
grössrer Verschleiss heraus für Güterwagen als für Passagierwagen. Die
Lebensdauer einer Lokomotive wurde 1867 auf 10—12 Jahre berechnet.

Der Verschleiss wird bewirkt erstlich durch den Gebrauch selbst.
Im allgemeinen verschleissen die Schienen im Verhältniss zur Anzahl der
Züge (R. C., No. 17,645). 22) Bei vermehrter Geschwindigkeit wuchs

22) Die mit R. C. bezeichneten Citate sind aus: Royal Commission on
Railways. Minutes of Evidence taken before the Commissioners. Presented
to both Houses of Parliament. London 1867. — Die Fragen und Antworten
sind numerirt und die Nummern hier angeführt.
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[147/0181] II. Bestandtheile, Ersatz, Reparatur, Akkumulation des fixen Kapitals. In derselben Kapitalanlage haben die einzelnen Elemente des fixen Kapitals eine verschiedne Lebenszeit, daher auch verschiedne Umschlags- zeiten. In einer Eisenbahn z. B. haben Schienen, Schwellen, Erdarbeiten, Bahnhofsgebäude, Brücken, Tunnels, Lokomotiven und Wagen verschiedne Funktionsdauer und Reproduktionszeit, also auch das in ihnen vorge- schossne Kapital verschiedne Umschlagszeiten. Während einer langen Reihe von Jahren bedürfen die Gebäude, die Perrons, Wasserbehälter, Via- dukte, Tunnels, Bodeneinschnitte und Dämme, kurz alles was im englischen Eisenbahnwesen als works of art bezeichnet wird, keiner Erneurung. Die hauptsächlichsten Gegenstände des Verschleisses sind der Schienenweg und das Transportmaterial (rolling stock). Ursprünglich, bei der Errichtung der modernen Eisenbahnen, war es vorherrschende Meinung, genährt durch die ausgezeichnetsten praktischen Ingenieure, dass die Dauer einer Eisenbahn sekulär wäre und der Ver- schleiß der Schienen so durchaus unmerklich, dass er für alle finan- ziellen und praktischen Zwecke ausser Acht zu lassen sei; 100—150 Jahre wurden als Lebenszeit guter Schienen betrachtet. Es stellte sich aber bald heraus, dass die Lebensdauer einer Schiene, die natürlich von der Geschwindigkeit der Lokomotiven, dem Gewicht und der Anzahl der Züge, der Dicke der Schienen selbst und einer Masse andrer Nebenum- stände abhängt, im Durchschnitt 20 Jahre nicht überschritt. In einzelnen Bahnhöfen, Centren grosses Verkehrs, verschleissen die Schienen sogar jedes Jahr. Gegen 1867 fing man an Stahlschienen einzuführen, die un- gefähr doppelt so viel kosteten wie Eisenschienen, dafür aber mehr als doppelt so lange dauern. Die Lebensdauer der Holzschwellen währte 12—15 Jahre. Bei dem Betriebsmaterial stellte sich ein bedeutend grössrer Verschleiss heraus für Güterwagen als für Passagierwagen. Die Lebensdauer einer Lokomotive wurde 1867 auf 10—12 Jahre berechnet. Der Verschleiss wird bewirkt erstlich durch den Gebrauch selbst. Im allgemeinen verschleissen die Schienen im Verhältniss zur Anzahl der Züge (R. C., No. 17,645). 22) Bei vermehrter Geschwindigkeit wuchs 22) Die mit R. C. bezeichneten Citate sind aus: Royal Commission on Railways. Minutes of Evidence taken before the Commissioners. Presented to both Houses of Parliament. London 1867. — Die Fragen und Antworten sind numerirt und die Nummern hier angeführt. 10*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/181>, abgerufen am 29.03.2024.