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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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praktischen Rechnen des Kaufmanns sind keineswegs dasselbe, und so ver-
wickelte er sich in den Umschlagsberechnungen der Art, dass neben Un-
vollendetem schließlich manches Unrichtige und Widersprechende herauskam.
Ich habe in den oben abgedruckten Tabellen nur das einfachste und arith-
metisch Richtige beibehalten, und zwar hauptsächlich aus folgendem Grund.

Die unsichern Resultate dieser mühsamen Rechnerei haben Marx
veranlasst, einem -- nach meiner Ansicht -- thatsächlich wenig wichtigen
Umstand eine unverdiente Wichtigkeit beizulegen. Ich meine das, was er
"Freisetzung" von Geldkapital nennt. Der wirkliche Sachverhalt, unter
den oben angenommenen Voraussetzungen, ist dieser:

Einerlei, welches das Größenverhältniss von Arbeitsperiode und Um-
laufszeit, also das von Kapital I zu Kapital II, -- nach Ablauf des ersten
Umschlags kehrt dem Kapitalisten, in regelmäßigen Intervallen von der
Länge der Arbeitsperiode, das für je eine Arbeitsperiode nöthige Kapital
-- also eine Summe gleich Kapital I -- in Geldform zurück.

Ist die Arbeitsperiode = 5 Wochen, Umlaufszeit = 4 Wochen,
Kapital I = 500 £, so fließt jedesmal eine Geldsumme von 500 £
zurück: Ende der 9., der 14., der 19., der 24., der 29. Woche u. s. w.

Ist die Arbeitsperiode = 6 Wochen, Umlaufszeit = 3 Wochen,
Kapital I = 600 £, so fließen je 600 £ zurück: Ende der 9., der
15., der 21., der 27., der 33. Woche u. s. w.

Endlich, ist die Arbeitsperiode = 4 Wochen, Umlaufszeit = 5
Wochen, Kapital I = 400 £, so erfolgt Rückfluss von je 400 £:
Ende der 9., der 13., der 17., der 21., der 25. Woche u. s. w.

Ob und wie viel von diesem zurückgeflossnen Geld für die laufende
Arbeitsperiode überschüssig, also freigesetzt ist, macht keinen Unterschied.
Es wird vorausgesetzt, dass die Produktion ununterbrochen auf dem lau-
fenden Maßstab vorangeht, und damit dies erfolge, muss das Geld vor-
handen sein, also rückfließen, ob "freigesetzt" oder nicht. Wird die Pro-
duktion unterbrochen, so hört auch die Freisetzung auf.

Mit andern Worten: Es erfolgt allerdings Freisetzung von Geld, also
Bildung von latentem, nur potentiellem Kapital in Geldform; aber unter
allen Umständen und nicht nur unter den im Text näher präcisirten
speciellen Bedingungen; und sie erfolgt auf größerem als auf dem im
Text angenommenen Maßstab. Mit Beziehung auf das cirkulirende Ka-
pital I befindet sich der industrielle Kapitalist am Ende jeden Umschlags

praktischen Rechnen des Kaufmanns sind keineswegs dasselbe, und so ver-
wickelte er sich in den Umschlagsberechnungen der Art, dass neben Un-
vollendetem schließlich manches Unrichtige und Widersprechende herauskam.
Ich habe in den oben abgedruckten Tabellen nur das einfachste und arith-
metisch Richtige beibehalten, und zwar hauptsächlich aus folgendem Grund.

Die unsichern Resultate dieser mühsamen Rechnerei haben Marx
veranlasst, einem — nach meiner Ansicht — thatsächlich wenig wichtigen
Umstand eine unverdiente Wichtigkeit beizulegen. Ich meine das, was er
„Freisetzung“ von Geldkapital nennt. Der wirkliche Sachverhalt, unter
den oben angenommenen Voraussetzungen, ist dieser:

Einerlei, welches das Größenverhältniss von Arbeitsperiode und Um-
laufszeit, also das von Kapital I zu Kapital II, — nach Ablauf des ersten
Umschlags kehrt dem Kapitalisten, in regelmäßigen Intervallen von der
Länge der Arbeitsperiode, das für je eine Arbeitsperiode nöthige Kapital
— also eine Summe gleich Kapital I — in Geldform zurück.

Ist die Arbeitsperiode = 5 Wochen, Umlaufszeit = 4 Wochen,
Kapital I = 500 £, so fließt jedesmal eine Geldsumme von 500 £
zurück: Ende der 9., der 14., der 19., der 24., der 29. Woche u. s. w.

Ist die Arbeitsperiode = 6 Wochen, Umlaufszeit = 3 Wochen,
Kapital I = 600 £, so fließen je 600 £ zurück: Ende der 9., der
15., der 21., der 27., der 33. Woche u. s. w.

Endlich, ist die Arbeitsperiode = 4 Wochen, Umlaufszeit = 5
Wochen, Kapital I = 400 £, so erfolgt Rückfluss von je 400 £:
Ende der 9., der 13., der 17., der 21., der 25. Woche u. s. w.

Ob und wie viel von diesem zurückgeflossnen Geld für die laufende
Arbeitsperiode überschüssig, also freigesetzt ist, macht keinen Unterschied.
Es wird vorausgesetzt, dass die Produktion ununterbrochen auf dem lau-
fenden Maßstab vorangeht, und damit dies erfolge, muss das Geld vor-
handen sein, also rückfließen, ob „freigesetzt“ oder nicht. Wird die Pro-
duktion unterbrochen, so hört auch die Freisetzung auf.

Mit andern Worten: Es erfolgt allerdings Freisetzung von Geld, also
Bildung von latentem, nur potentiellem Kapital in Geldform; aber unter
allen Umständen und nicht nur unter den im Text näher präcisirten
speciellen Bedingungen; und sie erfolgt auf größerem als auf dem im
Text angenommenen Maßstab. Mit Beziehung auf das cirkulirende Ka-
pital I befindet sich der industrielle Kapitalist am Ende jeden Umschlags

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[269/0303] praktischen Rechnen des Kaufmanns sind keineswegs dasselbe, und so ver- wickelte er sich in den Umschlagsberechnungen der Art, dass neben Un- vollendetem schließlich manches Unrichtige und Widersprechende herauskam. Ich habe in den oben abgedruckten Tabellen nur das einfachste und arith- metisch Richtige beibehalten, und zwar hauptsächlich aus folgendem Grund. Die unsichern Resultate dieser mühsamen Rechnerei haben Marx veranlasst, einem — nach meiner Ansicht — thatsächlich wenig wichtigen Umstand eine unverdiente Wichtigkeit beizulegen. Ich meine das, was er „Freisetzung“ von Geldkapital nennt. Der wirkliche Sachverhalt, unter den oben angenommenen Voraussetzungen, ist dieser: Einerlei, welches das Größenverhältniss von Arbeitsperiode und Um- laufszeit, also das von Kapital I zu Kapital II, — nach Ablauf des ersten Umschlags kehrt dem Kapitalisten, in regelmäßigen Intervallen von der Länge der Arbeitsperiode, das für je eine Arbeitsperiode nöthige Kapital — also eine Summe gleich Kapital I — in Geldform zurück. Ist die Arbeitsperiode = 5 Wochen, Umlaufszeit = 4 Wochen, Kapital I = 500 £, so fließt jedesmal eine Geldsumme von 500 £ zurück: Ende der 9., der 14., der 19., der 24., der 29. Woche u. s. w. Ist die Arbeitsperiode = 6 Wochen, Umlaufszeit = 3 Wochen, Kapital I = 600 £, so fließen je 600 £ zurück: Ende der 9., der 15., der 21., der 27., der 33. Woche u. s. w. Endlich, ist die Arbeitsperiode = 4 Wochen, Umlaufszeit = 5 Wochen, Kapital I = 400 £, so erfolgt Rückfluss von je 400 £: Ende der 9., der 13., der 17., der 21., der 25. Woche u. s. w. Ob und wie viel von diesem zurückgeflossnen Geld für die laufende Arbeitsperiode überschüssig, also freigesetzt ist, macht keinen Unterschied. Es wird vorausgesetzt, dass die Produktion ununterbrochen auf dem lau- fenden Maßstab vorangeht, und damit dies erfolge, muss das Geld vor- handen sein, also rückfließen, ob „freigesetzt“ oder nicht. Wird die Pro- duktion unterbrochen, so hört auch die Freisetzung auf. Mit andern Worten: Es erfolgt allerdings Freisetzung von Geld, also Bildung von latentem, nur potentiellem Kapital in Geldform; aber unter allen Umständen und nicht nur unter den im Text näher präcisirten speciellen Bedingungen; und sie erfolgt auf größerem als auf dem im Text angenommenen Maßstab. Mit Beziehung auf das cirkulirende Ka- pital I befindet sich der industrielle Kapitalist am Ende jeden Umschlags

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/303>, abgerufen am 28.03.2024.