Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

als Cirkulationsmittel für ihre Konsumtion in Cirkulation werfen, und
wovon Jedem wieder ein gewisser Theil aus der Cirkulation zurückfliesst,
ist durchaus nichts Mysteriöses. Aber dieser Geldfonds besteht dann ge-
rade als Cirkulationsfonds durch die Versilberung des Mehrwerths, keines-
wegs aber als latentes Geldkapital.

Betrachtet man die Sache, wie sie sich in der Wirklichkeit ereignet,
so besteht das latente Geldkapital, das zu spätrem Gebrauch aufgehäuft wird:

1) Aus Depositen in Banken; und es ist eine verhältnissmäßig ge-
ringe Geldsumme, worüber die Bank wirklich verfügt. Es ist hier nur
nominell Geldkapital aufgehäuft. Was wirklich aufgehäuft ist sind Geld-
fordrungen, die nur deswegen versilberbar sind (soweit sie je versilbert
werden) weil ein Gleichgewicht zwischen dem zurückgeforderten und dem
eingelegten Geld stattfindet. Was sich als Geld in den Händen der Bank
befindet, ist relativ nur eine kleine Summe.

2) Aus Staatspapieren. Diese sind überhaupt kein Kapital, sondern
blosse Schuldforderungen auf das jährliche Produkt der Nation.

3) Aus Aktien. Soweit kein Schwindel, sind sie Besitztitel auf,
einer Korporation gehöriges, wirkliches Kapital und Anweisung auf den
daraus jährlich fliessenden Mehrwerth.

In allen diesen Fällen besteht keine Aufhäufung von Geld, sondern,
was auf der einen Seite als Aufhäufung von Geldkapital, erscheint auf
der andren als beständige, wirkliche Verausgabung von Geld. Ob das
Geld von dem verausgabt wird, dem es gehört, oder von andren, seinen
Schuldnern, ändert nichts an der Sache.

Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist die Schatzbildung
als solche nie Zweck, sondern Resultat entweder einer Stockung der Cir-
kulation -- indem grössre Geldmassen als gewöhnlich die Schatzform an-
nehmen -- oder der durch den Umschlag bedingten Anhäufungen, oder
endlich: der Schatz ist nur Bildung von Geldkapital, einstweilen in la-
tenter Form, bestimmt als produktives Kapital zu fungiren.

Wenn daher auf der einen Seite ein Theil des in Geld realisirten
Mehrwerths der Cirkulation entzogen und als Schatz aufgehäuft wird, so
wird gleichzeitig beständig ein andrer Theil des Mehrwerths in produk-
tives Kapital verwandelt. Mit Ausnahme der Vertheilung zuschüssigen
Edelmetalls unter die Kapitalistenklasse findet die Aufhäufung in Geldform
nie gleichzeitig an allen Punkten statt.


22*

als Cirkulationsmittel für ihre Konsumtion in Cirkulation werfen, und
wovon Jedem wieder ein gewisser Theil aus der Cirkulation zurückfliesst,
ist durchaus nichts Mysteriöses. Aber dieser Geldfonds besteht dann ge-
rade als Cirkulationsfonds durch die Versilberung des Mehrwerths, keines-
wegs aber als latentes Geldkapital.

Betrachtet man die Sache, wie sie sich in der Wirklichkeit ereignet,
so besteht das latente Geldkapital, das zu spätrem Gebrauch aufgehäuft wird:

1) Aus Depositen in Banken; und es ist eine verhältnissmäßig ge-
ringe Geldsumme, worüber die Bank wirklich verfügt. Es ist hier nur
nominell Geldkapital aufgehäuft. Was wirklich aufgehäuft ist sind Geld-
fordrungen, die nur deswegen versilberbar sind (soweit sie je versilbert
werden) weil ein Gleichgewicht zwischen dem zurückgeforderten und dem
eingelegten Geld stattfindet. Was sich als Geld in den Händen der Bank
befindet, ist relativ nur eine kleine Summe.

2) Aus Staatspapieren. Diese sind überhaupt kein Kapital, sondern
blosse Schuldforderungen auf das jährliche Produkt der Nation.

3) Aus Aktien. Soweit kein Schwindel, sind sie Besitztitel auf,
einer Korporation gehöriges, wirkliches Kapital und Anweisung auf den
daraus jährlich fliessenden Mehrwerth.

In allen diesen Fällen besteht keine Aufhäufung von Geld, sondern,
was auf der einen Seite als Aufhäufung von Geldkapital, erscheint auf
der andren als beständige, wirkliche Verausgabung von Geld. Ob das
Geld von dem verausgabt wird, dem es gehört, oder von andren, seinen
Schuldnern, ändert nichts an der Sache.

Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist die Schatzbildung
als solche nie Zweck, sondern Resultat entweder einer Stockung der Cir-
kulation — indem grössre Geldmassen als gewöhnlich die Schatzform an-
nehmen — oder der durch den Umschlag bedingten Anhäufungen, oder
endlich: der Schatz ist nur Bildung von Geldkapital, einstweilen in la-
tenter Form, bestimmt als produktives Kapital zu fungiren.

Wenn daher auf der einen Seite ein Theil des in Geld realisirten
Mehrwerths der Cirkulation entzogen und als Schatz aufgehäuft wird, so
wird gleichzeitig beständig ein andrer Theil des Mehrwerths in produk-
tives Kapital verwandelt. Mit Ausnahme der Vertheilung zuschüssigen
Edelmetalls unter die Kapitalistenklasse findet die Aufhäufung in Geldform
nie gleichzeitig an allen Punkten statt.


22*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0373" n="339"/>
als Cirkulationsmittel für ihre Konsumtion in Cirkulation werfen, und<lb/>
wovon Jedem wieder ein gewisser Theil aus der Cirkulation zurückfliesst,<lb/>
ist durchaus nichts Mysteriöses. Aber dieser Geldfonds besteht dann ge-<lb/>
rade als Cirkulationsfonds durch die Versilberung des Mehrwerths, keines-<lb/>
wegs aber als latentes Geldkapital.</p><lb/>
              <p>Betrachtet man die Sache, wie sie sich in der Wirklichkeit ereignet,<lb/>
so besteht das latente Geldkapital, das zu spätrem Gebrauch aufgehäuft wird:</p><lb/>
              <p>1) Aus Depositen in Banken; und es ist eine verhältnissmäßig ge-<lb/>
ringe Geldsumme, worüber die Bank wirklich verfügt. Es ist hier nur<lb/>
nominell Geldkapital aufgehäuft. Was wirklich aufgehäuft ist sind Geld-<lb/>
fordrungen, die nur deswegen versilberbar sind (soweit sie je versilbert<lb/>
werden) weil ein Gleichgewicht zwischen dem zurückgeforderten und dem<lb/>
eingelegten Geld stattfindet. Was sich als Geld in den Händen der Bank<lb/>
befindet, ist relativ nur eine kleine Summe.</p><lb/>
              <p>2) Aus Staatspapieren. Diese sind überhaupt kein Kapital, sondern<lb/>
blosse Schuldforderungen auf das jährliche Produkt der Nation.</p><lb/>
              <p>3) Aus Aktien. Soweit kein Schwindel, sind sie Besitztitel auf,<lb/>
einer Korporation gehöriges, wirkliches Kapital und Anweisung auf den<lb/>
daraus jährlich fliessenden Mehrwerth.</p><lb/>
              <p>In allen diesen Fällen besteht keine Aufhäufung von Geld, sondern,<lb/>
was auf der einen Seite als Aufhäufung von Geldkapital, erscheint auf<lb/>
der andren als beständige, wirkliche Verausgabung von Geld. Ob das<lb/>
Geld von dem verausgabt wird, dem es gehört, oder von andren, seinen<lb/>
Schuldnern, ändert nichts an der Sache.</p><lb/>
              <p>Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist die Schatzbildung<lb/>
als solche nie Zweck, sondern Resultat entweder einer Stockung der Cir-<lb/>
kulation &#x2014; indem grössre Geldmassen als gewöhnlich die Schatzform an-<lb/>
nehmen &#x2014; oder der durch den Umschlag bedingten Anhäufungen, oder<lb/>
endlich: der Schatz ist nur Bildung von Geldkapital, einstweilen in la-<lb/>
tenter Form, bestimmt als produktives Kapital zu fungiren.</p><lb/>
              <p>Wenn daher auf der einen Seite ein Theil des in Geld realisirten<lb/>
Mehrwerths der Cirkulation entzogen und als Schatz aufgehäuft wird, so<lb/>
wird gleichzeitig beständig ein andrer Theil des Mehrwerths in produk-<lb/>
tives Kapital verwandelt. Mit Ausnahme der Vertheilung zuschüssigen<lb/>
Edelmetalls unter die Kapitalistenklasse findet die Aufhäufung in Geldform<lb/>
nie gleichzeitig an allen Punkten statt.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">22*</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0373] als Cirkulationsmittel für ihre Konsumtion in Cirkulation werfen, und wovon Jedem wieder ein gewisser Theil aus der Cirkulation zurückfliesst, ist durchaus nichts Mysteriöses. Aber dieser Geldfonds besteht dann ge- rade als Cirkulationsfonds durch die Versilberung des Mehrwerths, keines- wegs aber als latentes Geldkapital. Betrachtet man die Sache, wie sie sich in der Wirklichkeit ereignet, so besteht das latente Geldkapital, das zu spätrem Gebrauch aufgehäuft wird: 1) Aus Depositen in Banken; und es ist eine verhältnissmäßig ge- ringe Geldsumme, worüber die Bank wirklich verfügt. Es ist hier nur nominell Geldkapital aufgehäuft. Was wirklich aufgehäuft ist sind Geld- fordrungen, die nur deswegen versilberbar sind (soweit sie je versilbert werden) weil ein Gleichgewicht zwischen dem zurückgeforderten und dem eingelegten Geld stattfindet. Was sich als Geld in den Händen der Bank befindet, ist relativ nur eine kleine Summe. 2) Aus Staatspapieren. Diese sind überhaupt kein Kapital, sondern blosse Schuldforderungen auf das jährliche Produkt der Nation. 3) Aus Aktien. Soweit kein Schwindel, sind sie Besitztitel auf, einer Korporation gehöriges, wirkliches Kapital und Anweisung auf den daraus jährlich fliessenden Mehrwerth. In allen diesen Fällen besteht keine Aufhäufung von Geld, sondern, was auf der einen Seite als Aufhäufung von Geldkapital, erscheint auf der andren als beständige, wirkliche Verausgabung von Geld. Ob das Geld von dem verausgabt wird, dem es gehört, oder von andren, seinen Schuldnern, ändert nichts an der Sache. Auf Grundlage der kapitalistischen Produktion ist die Schatzbildung als solche nie Zweck, sondern Resultat entweder einer Stockung der Cir- kulation — indem grössre Geldmassen als gewöhnlich die Schatzform an- nehmen — oder der durch den Umschlag bedingten Anhäufungen, oder endlich: der Schatz ist nur Bildung von Geldkapital, einstweilen in la- tenter Form, bestimmt als produktives Kapital zu fungiren. Wenn daher auf der einen Seite ein Theil des in Geld realisirten Mehrwerths der Cirkulation entzogen und als Schatz aufgehäuft wird, so wird gleichzeitig beständig ein andrer Theil des Mehrwerths in produk- tives Kapital verwandelt. Mit Ausnahme der Vertheilung zuschüssigen Edelmetalls unter die Kapitalistenklasse findet die Aufhäufung in Geldform nie gleichzeitig an allen Punkten statt. 22*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/373
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/373>, abgerufen am 25.04.2024.