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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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England] "hat einen neuen Rückgang erfahren, verursacht haupt-
sächlich durch einen Druck auf den Markt für Rimessen gegen
den Erlös bedeutender Verkäufe von [brasilischen] Staatsfonds für
englische Rechnung." Englisches Kapital, das im Ausland in ver-
schiednen Werthpapieren angelegt worden, als der Zinsfuss hier sehr
niedrig, wurde so zurückgebracht, als der Zinsfuss gestiegen war.



Handelsbilanz von England.

Indien allein hat an 5 Mill. Tribut zu zahlen, für "gute Re-
gierung", Zinsen und Dividenden von britischem Kapital etc., wobei
gar nicht berechnet sind die Summen, die jährlich heimgesandt
werden, theils von Beamten als Ersparnisse aus ihrem Gehalt, theils
durch englische Kaufleute als Theil ihrer Profite, um in England
angelegt zu werden. Von jeder britischen Kolonie sind aus den-
selben Gründen fortwährend grosse Rimessen zu machen. Die
meisten Banken in Australien, Westindien, Kanada sind mit bri-
tischem Kapital gegründet, die Dividenden sind in England zu
zahlen. Ebenso besitzt England viel auswärtige Staatspapiere, euro-
päische, nord- und südamerikanische, wovon es die Zinsen zu
empfangen hat. Dazu kommt dann noch seine Betheiligung bei
ausländischen Eisenbahnen, Kanälen, Bergwerken etc., mit den ent-
sprechenden Dividenden. Die Rimessen gegen alle diese Posten
werden fast ausschliesslich in Produkten gemacht, über den Betrag
der englischen Ausfuhr hinaus. Was andrerseits von England ins
Ausland geht an Besitzer englischer Werthpapiere und an Verzehr
für Engländer im Ausland, ist dagegen verschwindend.

Die Frage, soweit sie die Handelsbilanz und die Wechselkurse
betrifft, ist "in jedem gegebnen Moment eine Frage der Zeit. In
der Regel ... gibt England lange Kredite auf seine Ausfuhr,
während die Einfuhren baar bezahlt werden. In gewissen Mo-
menten hat dieser Unterschied der Usance eine bedeutende Wirkung
auf die Kurse. Zu einer Zeit wo unsre Ausfuhren sehr beträchtlich
zunehmen, wie 1850, muss eine fortwährende Ausdehnung der An-
lage von britischem Kapital im Gang sein ... so können die Ri-
messen von 1850 gegen Waaren gemacht werden, die 1849 exportirt
wurden. Aber wenn 1850 die Ausfuhren die von 1849 um 6 Mill.
übersteigen, so muss die praktische Wirkung sein, dass mehr Geld
ausser Landes gesandt ist, zu diesem Betrag, als im selben Jahr
zurückgeflossen; und in dieser Weise wird eine Wirkung hervor-
gebracht auf die Kurse und den Zinsfuss. Sobald dagegen unser
Geschäft in einer Krise deprimirt, und unsre Ausfuhr sehr einge-

England] „hat einen neuen Rückgang erfahren, verursacht haupt-
sächlich durch einen Druck auf den Markt für Rimessen gegen
den Erlös bedeutender Verkäufe von [brasilischen] Staatsfonds für
englische Rechnung.“ Englisches Kapital, das im Ausland in ver-
schiednen Werthpapieren angelegt worden, als der Zinsfuss hier sehr
niedrig, wurde so zurückgebracht, als der Zinsfuss gestiegen war.



Handelsbilanz von England.

Indien allein hat an 5 Mill. Tribut zu zahlen, für „gute Re-
gierung“, Zinsen und Dividenden von britischem Kapital etc., wobei
gar nicht berechnet sind die Summen, die jährlich heimgesandt
werden, theils von Beamten als Ersparnisse aus ihrem Gehalt, theils
durch englische Kaufleute als Theil ihrer Profite, um in England
angelegt zu werden. Von jeder britischen Kolonie sind aus den-
selben Gründen fortwährend grosse Rimessen zu machen. Die
meisten Banken in Australien, Westindien, Kanada sind mit bri-
tischem Kapital gegründet, die Dividenden sind in England zu
zahlen. Ebenso besitzt England viel auswärtige Staatspapiere, euro-
päische, nord- und südamerikanische, wovon es die Zinsen zu
empfangen hat. Dazu kommt dann noch seine Betheiligung bei
ausländischen Eisenbahnen, Kanälen, Bergwerken etc., mit den ent-
sprechenden Dividenden. Die Rimessen gegen alle diese Posten
werden fast ausschliesslich in Produkten gemacht, über den Betrag
der englischen Ausfuhr hinaus. Was andrerseits von England ins
Ausland geht an Besitzer englischer Werthpapiere und an Verzehr
für Engländer im Ausland, ist dagegen verschwindend.

Die Frage, soweit sie die Handelsbilanz und die Wechselkurse
betrifft, ist „in jedem gegebnen Moment eine Frage der Zeit. In
der Regel … gibt England lange Kredite auf seine Ausfuhr,
während die Einfuhren baar bezahlt werden. In gewissen Mo-
menten hat dieser Unterschied der Usance eine bedeutende Wirkung
auf die Kurse. Zu einer Zeit wo unsre Ausfuhren sehr beträchtlich
zunehmen, wie 1850, muss eine fortwährende Ausdehnung der An-
lage von britischem Kapital im Gang sein … so können die Ri-
messen von 1850 gegen Waaren gemacht werden, die 1849 exportirt
wurden. Aber wenn 1850 die Ausfuhren die von 1849 um 6 Mill.
übersteigen, so muss die praktische Wirkung sein, dass mehr Geld
ausser Landes gesandt ist, zu diesem Betrag, als im selben Jahr
zurückgeflossen; und in dieser Weise wird eine Wirkung hervor-
gebracht auf die Kurse und den Zinsfuss. Sobald dagegen unser
Geschäft in einer Krise deprimirt, und unsre Ausfuhr sehr einge-

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[130/0139] England] „hat einen neuen Rückgang erfahren, verursacht haupt- sächlich durch einen Druck auf den Markt für Rimessen gegen den Erlös bedeutender Verkäufe von [brasilischen] Staatsfonds für englische Rechnung.“ Englisches Kapital, das im Ausland in ver- schiednen Werthpapieren angelegt worden, als der Zinsfuss hier sehr niedrig, wurde so zurückgebracht, als der Zinsfuss gestiegen war. Handelsbilanz von England. Indien allein hat an 5 Mill. Tribut zu zahlen, für „gute Re- gierung“, Zinsen und Dividenden von britischem Kapital etc., wobei gar nicht berechnet sind die Summen, die jährlich heimgesandt werden, theils von Beamten als Ersparnisse aus ihrem Gehalt, theils durch englische Kaufleute als Theil ihrer Profite, um in England angelegt zu werden. Von jeder britischen Kolonie sind aus den- selben Gründen fortwährend grosse Rimessen zu machen. Die meisten Banken in Australien, Westindien, Kanada sind mit bri- tischem Kapital gegründet, die Dividenden sind in England zu zahlen. Ebenso besitzt England viel auswärtige Staatspapiere, euro- päische, nord- und südamerikanische, wovon es die Zinsen zu empfangen hat. Dazu kommt dann noch seine Betheiligung bei ausländischen Eisenbahnen, Kanälen, Bergwerken etc., mit den ent- sprechenden Dividenden. Die Rimessen gegen alle diese Posten werden fast ausschliesslich in Produkten gemacht, über den Betrag der englischen Ausfuhr hinaus. Was andrerseits von England ins Ausland geht an Besitzer englischer Werthpapiere und an Verzehr für Engländer im Ausland, ist dagegen verschwindend. Die Frage, soweit sie die Handelsbilanz und die Wechselkurse betrifft, ist „in jedem gegebnen Moment eine Frage der Zeit. In der Regel … gibt England lange Kredite auf seine Ausfuhr, während die Einfuhren baar bezahlt werden. In gewissen Mo- menten hat dieser Unterschied der Usance eine bedeutende Wirkung auf die Kurse. Zu einer Zeit wo unsre Ausfuhren sehr beträchtlich zunehmen, wie 1850, muss eine fortwährende Ausdehnung der An- lage von britischem Kapital im Gang sein … so können die Ri- messen von 1850 gegen Waaren gemacht werden, die 1849 exportirt wurden. Aber wenn 1850 die Ausfuhren die von 1849 um 6 Mill. übersteigen, so muss die praktische Wirkung sein, dass mehr Geld ausser Landes gesandt ist, zu diesem Betrag, als im selben Jahr zurückgeflossen; und in dieser Weise wird eine Wirkung hervor- gebracht auf die Kurse und den Zinsfuss. Sobald dagegen unser Geschäft in einer Krise deprimirt, und unsre Ausfuhr sehr einge-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/139>, abgerufen am 16.04.2024.