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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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die verwandelte Form von Kapital (Waare, darunter auch Arbeits-
kraft eingeschlossen) vorgestellt hätte, würde es nicht ein Kapital
von 100 £, sondern nur fünf Forderungen auf je 20 £ konstituiren.

In Ländern von entwickeltem Kredit können wir annehmen, dass
alles zur Verleihung disponible Geldkapital in der Form von
Depositen bei Banken und Geldverleihern existirt. Dies gilt
wenigstens für das Geschäft im Ganzen und Grossen. Zudem wird
in guten Geschäftszeiten, ehe die eigentliche Spekulation losgelassen
wird, bei leichtem Kredit und wachsendem Vertrauen der grösste
Theil der Cirkulationsfunktionen durch einfache Kreditübertragung
erledigt, ohne Dazwischenkunft von Metall- oder papiernem Geld.

Die blosse Möglichkeit grosser Depositenbeträge, bei relativ ge-
ringem Quantum von Cirkulationsmitteln, hängt einzig ab:

1) von der Anzahl der Käufe und Zahlungen, die dasselbe Geld-
stück verrichtet;

2) der Anzahl seiner Rückwanderungen, worin es als Depositum
zu den Banken zurückkehrt, sodass seine wiederholte Funktion als
Kauf- und Zahlungsmittel vermittelt ist durch seine erneuerte Ver-
wandlung in Depositum. Z. B. ein Kleinhändler deponire wöchent-
lich beim Bankier 100 £ in Geld; der Bankier zahlt damit einen
Theil des Depositums des Fabrikanten aus; dieser zahlt es weg an
die Arbeiter; diese zahlen damit beim Kleinhändler, der es aufs
neue bei der Bank deponirt. Die vom Kleinhändler deponirten
100 £ haben also gedient, erstens ein Depositum des Fabrikanten
auszuzahlen, zweitens die Arbeiter zu zahlen, drittens den Klein-
händler selbst zu zahlen, viertens einen ferneren Theil des Geld-
kapitals desselben Kleinhändlers zu deponiren; denn am Schluss
von 20 Wochen, wenn er selbst nicht gegen dies Geld zu ziehn
hätte, hätte er so mit denselben 100 £ 2000 £ beim Bankier
deponirt.

Wie weit dies Geldkapital unbeschäftigt ist, zeigt sich nur im
Ab- und Zufluss der Reservefonds der Banken. Daher schliesst
Herr Weguelin, 1857 Gouverneur der Bank von England, dass das
Gold in der Bank von England das "einzige" Reservekapital ist:
"1258. Nach meiner Ansicht wird die Diskontrate thatsächlich
bestimmt durch den Belauf des unbeschäftigten Kapitals, das im
Land vorhanden ist. Der Betrag des unbeschäftigten Kapitals wird
repräsentirt durch die Reserve der Bank von England, die that-
sächlich eine Goldreserve ist. Wenn also das Gold abfliesst, so
vermindert dies den Betrag des unbeschäftigten Kapitals im Lande,
und steigert deshalb den Werth des noch übrigen Theils. -- 1364.

die verwandelte Form von Kapital (Waare, darunter auch Arbeits-
kraft eingeschlossen) vorgestellt hätte, würde es nicht ein Kapital
von 100 £, sondern nur fünf Forderungen auf je 20 £ konstituiren.

In Ländern von entwickeltem Kredit können wir annehmen, dass
alles zur Verleihung disponible Geldkapital in der Form von
Depositen bei Banken und Geldverleihern existirt. Dies gilt
wenigstens für das Geschäft im Ganzen und Grossen. Zudem wird
in guten Geschäftszeiten, ehe die eigentliche Spekulation losgelassen
wird, bei leichtem Kredit und wachsendem Vertrauen der grösste
Theil der Cirkulationsfunktionen durch einfache Kreditübertragung
erledigt, ohne Dazwischenkunft von Metall- oder papiernem Geld.

Die blosse Möglichkeit grosser Depositenbeträge, bei relativ ge-
ringem Quantum von Cirkulationsmitteln, hängt einzig ab:

1) von der Anzahl der Käufe und Zahlungen, die dasselbe Geld-
stück verrichtet;

2) der Anzahl seiner Rückwanderungen, worin es als Depositum
zu den Banken zurückkehrt, sodass seine wiederholte Funktion als
Kauf- und Zahlungsmittel vermittelt ist durch seine erneuerte Ver-
wandlung in Depositum. Z. B. ein Kleinhändler deponire wöchent-
lich beim Bankier 100 £ in Geld; der Bankier zahlt damit einen
Theil des Depositums des Fabrikanten aus; dieser zahlt es weg an
die Arbeiter; diese zahlen damit beim Kleinhändler, der es aufs
neue bei der Bank deponirt. Die vom Kleinhändler deponirten
100 £ haben also gedient, erstens ein Depositum des Fabrikanten
auszuzahlen, zweitens die Arbeiter zu zahlen, drittens den Klein-
händler selbst zu zahlen, viertens einen ferneren Theil des Geld-
kapitals desselben Kleinhändlers zu deponiren; denn am Schluss
von 20 Wochen, wenn er selbst nicht gegen dies Geld zu ziehn
hätte, hätte er so mit denselben 100 £ 2000 £ beim Bankier
deponirt.

Wie weit dies Geldkapital unbeschäftigt ist, zeigt sich nur im
Ab- und Zufluss der Reservefonds der Banken. Daher schliesst
Herr Weguelin, 1857 Gouverneur der Bank von England, dass das
Gold in der Bank von England das „einzige“ Reservekapital ist:
„1258. Nach meiner Ansicht wird die Diskontrate thatsächlich
bestimmt durch den Belauf des unbeschäftigten Kapitals, das im
Land vorhanden ist. Der Betrag des unbeschäftigten Kapitals wird
repräsentirt durch die Reserve der Bank von England, die that-
sächlich eine Goldreserve ist. Wenn also das Gold abfliesst, so
vermindert dies den Betrag des unbeschäftigten Kapitals im Lande,
und steigert deshalb den Werth des noch übrigen Theils. — 1364.

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[38/0047] die verwandelte Form von Kapital (Waare, darunter auch Arbeits- kraft eingeschlossen) vorgestellt hätte, würde es nicht ein Kapital von 100 £, sondern nur fünf Forderungen auf je 20 £ konstituiren. In Ländern von entwickeltem Kredit können wir annehmen, dass alles zur Verleihung disponible Geldkapital in der Form von Depositen bei Banken und Geldverleihern existirt. Dies gilt wenigstens für das Geschäft im Ganzen und Grossen. Zudem wird in guten Geschäftszeiten, ehe die eigentliche Spekulation losgelassen wird, bei leichtem Kredit und wachsendem Vertrauen der grösste Theil der Cirkulationsfunktionen durch einfache Kreditübertragung erledigt, ohne Dazwischenkunft von Metall- oder papiernem Geld. Die blosse Möglichkeit grosser Depositenbeträge, bei relativ ge- ringem Quantum von Cirkulationsmitteln, hängt einzig ab: 1) von der Anzahl der Käufe und Zahlungen, die dasselbe Geld- stück verrichtet; 2) der Anzahl seiner Rückwanderungen, worin es als Depositum zu den Banken zurückkehrt, sodass seine wiederholte Funktion als Kauf- und Zahlungsmittel vermittelt ist durch seine erneuerte Ver- wandlung in Depositum. Z. B. ein Kleinhändler deponire wöchent- lich beim Bankier 100 £ in Geld; der Bankier zahlt damit einen Theil des Depositums des Fabrikanten aus; dieser zahlt es weg an die Arbeiter; diese zahlen damit beim Kleinhändler, der es aufs neue bei der Bank deponirt. Die vom Kleinhändler deponirten 100 £ haben also gedient, erstens ein Depositum des Fabrikanten auszuzahlen, zweitens die Arbeiter zu zahlen, drittens den Klein- händler selbst zu zahlen, viertens einen ferneren Theil des Geld- kapitals desselben Kleinhändlers zu deponiren; denn am Schluss von 20 Wochen, wenn er selbst nicht gegen dies Geld zu ziehn hätte, hätte er so mit denselben 100 £ 2000 £ beim Bankier deponirt. Wie weit dies Geldkapital unbeschäftigt ist, zeigt sich nur im Ab- und Zufluss der Reservefonds der Banken. Daher schliesst Herr Weguelin, 1857 Gouverneur der Bank von England, dass das Gold in der Bank von England das „einzige“ Reservekapital ist: „1258. Nach meiner Ansicht wird die Diskontrate thatsächlich bestimmt durch den Belauf des unbeschäftigten Kapitals, das im Land vorhanden ist. Der Betrag des unbeschäftigten Kapitals wird repräsentirt durch die Reserve der Bank von England, die that- sächlich eine Goldreserve ist. Wenn also das Gold abfliesst, so vermindert dies den Betrag des unbeschäftigten Kapitals im Lande, und steigert deshalb den Werth des noch übrigen Theils. — 1364.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/47>, abgerufen am 28.03.2024.