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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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Nachfrage und Angebot von Leihkapital wäre identisch mit Nach-
frage und Angebot von Kapital überhaupt (obgleich diese letztere
Phrase absurd ist; für den Industriellen oder Kaufmann ist die
Waare eine Form seines Kapitals, aber er verlangt doch nie
Kapital als solches, sondern stets nur diese specielle Waare als
solche, kauft und zahlt sie als Waare, Korn oder Baumwolle, unab-
hängig von der Rolle, die sie im Kreislauf seines Kapitals einzu-
nehmen hat), wenn es keine Geldverleiher gäbe, und statt deren
die verleihenden Kapitalisten im Besitz von Maschinerie, Roh-
stoff etc. wären, und sie diese ausliehen oder vermietheten, wie
jetzt Häuser, an die industriellen Kapitalisten, die selbst Eigner
eines Theils dieser Gegenstände sind. Unter solchen Umständen
wäre die Zufuhr von Leihkapital identisch mit Zufuhr von Produk-
tionselementen für den industriellen Kapitalisten, von Waaren für
den Kaufmann. Es ist aber klar, dass dann die Theilung des
Profits zwischen Leiher und Borger zunächst ganz abhängen würde
von dem Verhältniss, worin dies Kapital geliehen ist, und worin
es Eigenthum dessen, der es anwendet.

Nach Herrn Weguelin (B. A. 1857) ist der Zinsfuss bestimmt
durch "die Masse des unbeschäftigten Kapitals;" (252); ist "nur
ein Index der Masse des unbeschäftigten Kapitals, das Anlage
sucht" (271); später heisst dies unbeschäftigte Kapital "floating
capital" (485) und darunter versteht er "Noten der Bank von
England und andre Cirkulationsmittel im Lande; z. B. die Noten
der Provinzialbanken und die im Lande vorhandne Münze ... ich
schliesse unter floating capital auch die Reserven der Banken ein"
(502, 503), und später auch Barrengold (503). So sagt derselbe
Weguelin, dass die Bank von England grossen Einfluss auf den
Zinsfuss hat zu Zeiten "wo wir" [die B. v. E.] thatsächlich den
grössten Theil des unbeschäftigten Kapitals in unsrer Hand haben
(1198), während nach obigen Aussagen des Herrn Overstone die
Bank von England "kein Platz für Kapital ist." Ferner sagt
Weguelin: "Nach meiner Ansicht wird die Diskontorate regulirt
durch die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande. Die
Menge des unbeschäftigten Kapitals ist repräsentirt durch die Re-
serve der B. v. E., die thatsächlich eine Metallreserve ist. Wenn
also der Metallschatz vermindert wird, vermindert dies die Menge
des unbeschäftigten Kapitals im Lande und steigert also den Werth
des noch vorhandnen Rests." (1258.) J. Stuart Mill sagt 1102:
"Die Bank ist genöthigt, um ihr banking department solvent zu
erhalten, ihr Möglichstes zu thun, die Reserve dieses Departements

Nachfrage und Angebot von Leihkapital wäre identisch mit Nach-
frage und Angebot von Kapital überhaupt (obgleich diese letztere
Phrase absurd ist; für den Industriellen oder Kaufmann ist die
Waare eine Form seines Kapitals, aber er verlangt doch nie
Kapital als solches, sondern stets nur diese specielle Waare als
solche, kauft und zahlt sie als Waare, Korn oder Baumwolle, unab-
hängig von der Rolle, die sie im Kreislauf seines Kapitals einzu-
nehmen hat), wenn es keine Geldverleiher gäbe, und statt deren
die verleihenden Kapitalisten im Besitz von Maschinerie, Roh-
stoff etc. wären, und sie diese ausliehen oder vermietheten, wie
jetzt Häuser, an die industriellen Kapitalisten, die selbst Eigner
eines Theils dieser Gegenstände sind. Unter solchen Umständen
wäre die Zufuhr von Leihkapital identisch mit Zufuhr von Produk-
tionselementen für den industriellen Kapitalisten, von Waaren für
den Kaufmann. Es ist aber klar, dass dann die Theilung des
Profits zwischen Leiher und Borger zunächst ganz abhängen würde
von dem Verhältniss, worin dies Kapital geliehen ist, und worin
es Eigenthum dessen, der es anwendet.

Nach Herrn Weguelin (B. A. 1857) ist der Zinsfuss bestimmt
durch „die Masse des unbeschäftigten Kapitals;“ (252); ist „nur
ein Index der Masse des unbeschäftigten Kapitals, das Anlage
sucht“ (271); später heisst dies unbeschäftigte Kapital „floating
capital“ (485) und darunter versteht er „Noten der Bank von
England und andre Cirkulationsmittel im Lande; z. B. die Noten
der Provinzialbanken und die im Lande vorhandne Münze … ich
schliesse unter floating capital auch die Reserven der Banken ein“
(502, 503), und später auch Barrengold (503). So sagt derselbe
Weguelin, dass die Bank von England grossen Einfluss auf den
Zinsfuss hat zu Zeiten „wo wir“ [die B. v. E.] thatsächlich den
grössten Theil des unbeschäftigten Kapitals in unsrer Hand haben
(1198), während nach obigen Aussagen des Herrn Overstone die
Bank von England „kein Platz für Kapital ist.“ Ferner sagt
Weguelin: „Nach meiner Ansicht wird die Diskontorate regulirt
durch die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande. Die
Menge des unbeschäftigten Kapitals ist repräsentirt durch die Re-
serve der B. v. E., die thatsächlich eine Metallreserve ist. Wenn
also der Metallschatz vermindert wird, vermindert dies die Menge
des unbeschäftigten Kapitals im Lande und steigert also den Werth
des noch vorhandnen Rests.“ (1258.) J. Stuart Mill sagt 1102:
„Die Bank ist genöthigt, um ihr banking department solvent zu
erhalten, ihr Möglichstes zu thun, die Reserve dieses Departements

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[57/0066] Nachfrage und Angebot von Leihkapital wäre identisch mit Nach- frage und Angebot von Kapital überhaupt (obgleich diese letztere Phrase absurd ist; für den Industriellen oder Kaufmann ist die Waare eine Form seines Kapitals, aber er verlangt doch nie Kapital als solches, sondern stets nur diese specielle Waare als solche, kauft und zahlt sie als Waare, Korn oder Baumwolle, unab- hängig von der Rolle, die sie im Kreislauf seines Kapitals einzu- nehmen hat), wenn es keine Geldverleiher gäbe, und statt deren die verleihenden Kapitalisten im Besitz von Maschinerie, Roh- stoff etc. wären, und sie diese ausliehen oder vermietheten, wie jetzt Häuser, an die industriellen Kapitalisten, die selbst Eigner eines Theils dieser Gegenstände sind. Unter solchen Umständen wäre die Zufuhr von Leihkapital identisch mit Zufuhr von Produk- tionselementen für den industriellen Kapitalisten, von Waaren für den Kaufmann. Es ist aber klar, dass dann die Theilung des Profits zwischen Leiher und Borger zunächst ganz abhängen würde von dem Verhältniss, worin dies Kapital geliehen ist, und worin es Eigenthum dessen, der es anwendet. Nach Herrn Weguelin (B. A. 1857) ist der Zinsfuss bestimmt durch „die Masse des unbeschäftigten Kapitals;“ (252); ist „nur ein Index der Masse des unbeschäftigten Kapitals, das Anlage sucht“ (271); später heisst dies unbeschäftigte Kapital „floating capital“ (485) und darunter versteht er „Noten der Bank von England und andre Cirkulationsmittel im Lande; z. B. die Noten der Provinzialbanken und die im Lande vorhandne Münze … ich schliesse unter floating capital auch die Reserven der Banken ein“ (502, 503), und später auch Barrengold (503). So sagt derselbe Weguelin, dass die Bank von England grossen Einfluss auf den Zinsfuss hat zu Zeiten „wo wir“ [die B. v. E.] thatsächlich den grössten Theil des unbeschäftigten Kapitals in unsrer Hand haben (1198), während nach obigen Aussagen des Herrn Overstone die Bank von England „kein Platz für Kapital ist.“ Ferner sagt Weguelin: „Nach meiner Ansicht wird die Diskontorate regulirt durch die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande. Die Menge des unbeschäftigten Kapitals ist repräsentirt durch die Re- serve der B. v. E., die thatsächlich eine Metallreserve ist. Wenn also der Metallschatz vermindert wird, vermindert dies die Menge des unbeschäftigten Kapitals im Lande und steigert also den Werth des noch vorhandnen Rests.“ (1258.) J. Stuart Mill sagt 1102: „Die Bank ist genöthigt, um ihr banking department solvent zu erhalten, ihr Möglichstes zu thun, die Reserve dieses Departements

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/66>, abgerufen am 29.03.2024.