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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"Was betrifft es?"

"Höre!"

Er flüsterte ihm einige Worte in das Ohr, welche
den augenblicklichen Erfolg hatten, daß der Hauptmann
einen Schritt zurücktrat und den Sprecher mit einer ge-
wissen achtungsvollen Miene musterte. Später erfuhr ich,
daß der schlaue Halef geflüstert hatte: "Euern Geldbeutel
betrifft es!"

"Ist das wahr?" fragte der Offizier.

"Es ist wahr!"

"Wirst du darüber schweigen?"

"Wie das Grab!"

"Schwöre es mir!"

"Wie soll ich schwören?"

"Bei Allah und dem Barte des -- -- doch nein,
ihr seid ja Dschesidi. So schwöre es mir beim Teufel,
den ihr anbetet!"

"Nun wohl! Der Teufel weiß es, daß ich nachher
nichts sagen werde!"

"Aber er wird dich zerreißen, wenn du die Unwahr-
heit sagst! Komm, Mülasim; kommt, ihr beiden!"

Die vier Männer traten zum Feuer herbei; ich konnte
jedes ihrer Worte vernehmen.

"Nun, so rede!" gebot der Hauptmann.

"Laß uns frei! Wir werden dich bezahlen."

"Habt ihr Geld?"

"Wir haben Geld."

"Wißt ihr es nicht, daß dieses Geld bereits mir ge-
hört? Alles, was ihr bei euch führt, ist unser."

"Du wirst es nie finden. Wir kommen von Mekka
her, und wer eine solche Reise macht, der weiß sein Geld
zu verbergen."

"Ich werde es finden!"

„Was betrifft es?“

„Höre!“

Er flüſterte ihm einige Worte in das Ohr, welche
den augenblicklichen Erfolg hatten, daß der Hauptmann
einen Schritt zurücktrat und den Sprecher mit einer ge-
wiſſen achtungsvollen Miene muſterte. Später erfuhr ich,
daß der ſchlaue Halef geflüſtert hatte: „Euern Geldbeutel
betrifft es!“

„Iſt das wahr?“ fragte der Offizier.

„Es iſt wahr!“

„Wirſt du darüber ſchweigen?“

„Wie das Grab!“

„Schwöre es mir!“

„Wie ſoll ich ſchwören?“

„Bei Allah und dem Barte des — — doch nein,
ihr ſeid ja Dſcheſidi. So ſchwöre es mir beim Teufel,
den ihr anbetet!“

„Nun wohl! Der Teufel weiß es, daß ich nachher
nichts ſagen werde!“

„Aber er wird dich zerreißen, wenn du die Unwahr-
heit ſagſt! Komm, Mülaſim; kommt, ihr beiden!“

Die vier Männer traten zum Feuer herbei; ich konnte
jedes ihrer Worte vernehmen.

„Nun, ſo rede!“ gebot der Hauptmann.

„Laß uns frei! Wir werden dich bezahlen.“

„Habt ihr Geld?“

„Wir haben Geld.“

„Wißt ihr es nicht, daß dieſes Geld bereits mir ge-
hört? Alles, was ihr bei euch führt, iſt unſer.“

„Du wirſt es nie finden. Wir kommen von Mekka
her, und wer eine ſolche Reiſe macht, der weiß ſein Geld
zu verbergen.“

„Ich werde es finden!“

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[30/0044] „Was betrifft es?“ „Höre!“ Er flüſterte ihm einige Worte in das Ohr, welche den augenblicklichen Erfolg hatten, daß der Hauptmann einen Schritt zurücktrat und den Sprecher mit einer ge- wiſſen achtungsvollen Miene muſterte. Später erfuhr ich, daß der ſchlaue Halef geflüſtert hatte: „Euern Geldbeutel betrifft es!“ „Iſt das wahr?“ fragte der Offizier. „Es iſt wahr!“ „Wirſt du darüber ſchweigen?“ „Wie das Grab!“ „Schwöre es mir!“ „Wie ſoll ich ſchwören?“ „Bei Allah und dem Barte des — — doch nein, ihr ſeid ja Dſcheſidi. So ſchwöre es mir beim Teufel, den ihr anbetet!“ „Nun wohl! Der Teufel weiß es, daß ich nachher nichts ſagen werde!“ „Aber er wird dich zerreißen, wenn du die Unwahr- heit ſagſt! Komm, Mülaſim; kommt, ihr beiden!“ Die vier Männer traten zum Feuer herbei; ich konnte jedes ihrer Worte vernehmen. „Nun, ſo rede!“ gebot der Hauptmann. „Laß uns frei! Wir werden dich bezahlen.“ „Habt ihr Geld?“ „Wir haben Geld.“ „Wißt ihr es nicht, daß dieſes Geld bereits mir ge- hört? Alles, was ihr bei euch führt, iſt unſer.“ „Du wirſt es nie finden. Wir kommen von Mekka her, und wer eine ſolche Reiſe macht, der weiß ſein Geld zu verbergen.“ „Ich werde es finden!“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/44>, abgerufen am 19.04.2024.