Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

nicht, so lasse ich euch so lange prügeln, bis ihr sie gebt.
Ihr habt gesagt, daß ihr Mittel besitzt, euer Geld un-
sichtbar zu machen; ihr habt also viel bei euch, und ich
habe das Mittel, eure Piaster wieder sichtbar zu machen!"

Halef that, als erschrecke er.

"Herr, thust du es wirklich nicht billiger?"

"Nein."

"So müssen wir es dir geben!"

"Ihr Schurken, jetzt sehe ich, daß ihr viel Geld bei
euch habt! Nun werdet ihr nicht für zwölftausend Piaster
frei, sondern ihr müßt das geben, was ich zuerst verlangte,
nämlich fünfzehntausend."

"Verzeihe, Herr, das ist zu wenig!"

Der Hauptmann sah den kleinen Hadschi Halef ganz
erstaunt an.

"Wie meinst du das, Kerl?"

"Ich meine, daß ein jeder von uns mehr wert ist,
als fünfzehntausend Piaster. Erlaube, daß wir die fünf-
zigtausend geben!"

"Mensch, bist du verrückt?"

"Oder hunderttausend!"

Der Bäckermeister-Jüs Baschi blies ganz ratlos die
Backen auf, blickte dem Lieutenant in das hagere Gesicht
und fragte ihn:

"Lieutenant, was sagst du?"

Dieser hatte den Mund offen und gestand freimütig:

"Nichts, ganz und gar nichts!"

"Ich auch nichts! Diese Menschen müssen ungeheuer
reich sein!"

Dann wandte er sich wieder zu Halef:

"Wo habt ihr das Geld?"

"Mußt du es wissen?"

"Ja."

nicht, ſo laſſe ich euch ſo lange prügeln, bis ihr ſie gebt.
Ihr habt geſagt, daß ihr Mittel beſitzt, euer Geld un-
ſichtbar zu machen; ihr habt alſo viel bei euch, und ich
habe das Mittel, eure Piaſter wieder ſichtbar zu machen!“

Halef that, als erſchrecke er.

„Herr, thuſt du es wirklich nicht billiger?“

„Nein.“

„So müſſen wir es dir geben!“

„Ihr Schurken, jetzt ſehe ich, daß ihr viel Geld bei
euch habt! Nun werdet ihr nicht für zwölftauſend Piaſter
frei, ſondern ihr müßt das geben, was ich zuerſt verlangte,
nämlich fünfzehntauſend.“

„Verzeihe, Herr, das iſt zu wenig!“

Der Hauptmann ſah den kleinen Hadſchi Halef ganz
erſtaunt an.

„Wie meinſt du das, Kerl?“

„Ich meine, daß ein jeder von uns mehr wert iſt,
als fünfzehntauſend Piaſter. Erlaube, daß wir die fünf-
zigtauſend geben!“

„Menſch, biſt du verrückt?“

„Oder hunderttauſend!“

Der Bäckermeiſter-Jüs Baſchi blies ganz ratlos die
Backen auf, blickte dem Lieutenant in das hagere Geſicht
und fragte ihn:

„Lieutenant, was ſagſt du?“

Dieſer hatte den Mund offen und geſtand freimütig:

„Nichts, ganz und gar nichts!“

„Ich auch nichts! Dieſe Menſchen müſſen ungeheuer
reich ſein!“

Dann wandte er ſich wieder zu Halef:

„Wo habt ihr das Geld?“

„Mußt du es wiſſen?“

„Ja.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="32"/>
nicht, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e ich euch &#x017F;o lange prügeln, bis ihr &#x017F;ie gebt.<lb/>
Ihr habt ge&#x017F;agt, daß ihr Mittel be&#x017F;itzt, euer Geld un-<lb/>
&#x017F;ichtbar zu machen; ihr habt al&#x017F;o viel bei euch, und ich<lb/>
habe das Mittel, eure Pia&#x017F;ter wieder &#x017F;ichtbar zu machen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Halef that, als er&#x017F;chrecke er.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr, thu&#x017F;t du es wirklich nicht billiger?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So mü&#x017F;&#x017F;en wir es dir geben!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ihr Schurken, jetzt &#x017F;ehe ich, daß ihr viel Geld bei<lb/>
euch habt! Nun werdet ihr nicht für zwölftau&#x017F;end Pia&#x017F;ter<lb/>
frei, &#x017F;ondern ihr müßt das geben, was ich zuer&#x017F;t verlangte,<lb/>
nämlich fünfzehntau&#x017F;end.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Verzeihe, Herr, das i&#x017F;t zu wenig!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Hauptmann &#x017F;ah den kleinen Had&#x017F;chi Halef ganz<lb/>
er&#x017F;taunt an.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie mein&#x017F;t du das, Kerl?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich meine, daß ein jeder von uns mehr wert i&#x017F;t,<lb/>
als fünfzehntau&#x017F;end Pia&#x017F;ter. Erlaube, daß wir die fünf-<lb/>
zigtau&#x017F;end geben!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Men&#x017F;ch, bi&#x017F;t du verrückt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Oder hunderttau&#x017F;end!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Bäckermei&#x017F;ter-Jüs Ba&#x017F;chi blies ganz ratlos die<lb/>
Backen auf, blickte dem Lieutenant in das hagere Ge&#x017F;icht<lb/>
und fragte ihn:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Lieutenant, was &#x017F;ag&#x017F;t du?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er hatte den Mund offen und ge&#x017F;tand freimütig:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nichts, ganz und gar nichts!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich auch nichts! Die&#x017F;e Men&#x017F;chen mü&#x017F;&#x017F;en ungeheuer<lb/>
reich &#x017F;ein!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Dann wandte er &#x017F;ich wieder zu Halef:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo habt ihr das Geld?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mußt du es wi&#x017F;&#x017F;en?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0046] nicht, ſo laſſe ich euch ſo lange prügeln, bis ihr ſie gebt. Ihr habt geſagt, daß ihr Mittel beſitzt, euer Geld un- ſichtbar zu machen; ihr habt alſo viel bei euch, und ich habe das Mittel, eure Piaſter wieder ſichtbar zu machen!“ Halef that, als erſchrecke er. „Herr, thuſt du es wirklich nicht billiger?“ „Nein.“ „So müſſen wir es dir geben!“ „Ihr Schurken, jetzt ſehe ich, daß ihr viel Geld bei euch habt! Nun werdet ihr nicht für zwölftauſend Piaſter frei, ſondern ihr müßt das geben, was ich zuerſt verlangte, nämlich fünfzehntauſend.“ „Verzeihe, Herr, das iſt zu wenig!“ Der Hauptmann ſah den kleinen Hadſchi Halef ganz erſtaunt an. „Wie meinſt du das, Kerl?“ „Ich meine, daß ein jeder von uns mehr wert iſt, als fünfzehntauſend Piaſter. Erlaube, daß wir die fünf- zigtauſend geben!“ „Menſch, biſt du verrückt?“ „Oder hunderttauſend!“ Der Bäckermeiſter-Jüs Baſchi blies ganz ratlos die Backen auf, blickte dem Lieutenant in das hagere Geſicht und fragte ihn: „Lieutenant, was ſagſt du?“ Dieſer hatte den Mund offen und geſtand freimütig: „Nichts, ganz und gar nichts!“ „Ich auch nichts! Dieſe Menſchen müſſen ungeheuer reich ſein!“ Dann wandte er ſich wieder zu Halef: „Wo habt ihr das Geld?“ „Mußt du es wiſſen?“ „Ja.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/46
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/46>, abgerufen am 18.04.2024.