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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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und ich mit in das Zimmer trate, hielt Dn. Consul
einen Brief in der Hand, und nachdem er dreimal aus¬
gespucket, hube er an: "willstu noch leugnen du verstockte
Hex? horch mal zu, was der alte Ritter Hans von Nien¬
kerken an das Gerichte schreibt!" Und hierauf las er
uns für: daß sein Sohn also verstürzt sei, über die Sage
so die vermaledeiete Hexe auf ihn gethan, daß er von
Stund an krank worden wäre, und ihme, dem Vater
ginge es auch nicht besser. Sein Sohn Rüdiger, wäre
wohl einige Mal, wenn es der Weg so gefüget, beim
Pastore Schweidler eingekehret mit dem er auf einer
Reise Kundschaft gemachet, schwüre aber, daß er schwarz
werden wölle, wenn er jemalen mit der verfluchten Teu¬
felshuren, seiner Tochter, irgend eine Kurzweil oder Nar¬
rentheiding betrieben, geschweige Nachts auf dem Berg
gewest wäre, und sie dort umbhalset hätte.

Auf solche erschröckliche Botschaft fielen wir Beide
(verstehe mein Töchterlein und ich) zu gleicher Zeit in
Unmacht, angesehen wir auf den Junker annoch unsere
letzte Hoffnung gesetzet, und weiß ich nicht, was man wei¬
ters mit mir fürgenommen. Denn als ich wieder bei
mir kam, stund der Krüger Conrad Seep über mir, und
hielt mir einen Trichter zwüschen den Zähnen in welchen
er mir eine Biersuppen einkellete, und hatte ich mich
niemalen elender in meinem Leben befunden, wannen¬
hero Meister Seep mich auch wie ein klein Kindlein aus¬
ziehen und zu Bette bringen mußte.


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und ich mit in das Zimmer trate, hielt Dn. Consul
einen Brief in der Hand, und nachdem er dreimal aus¬
geſpucket, hube er an: „willſtu noch leugnen du verſtockte
Hex? horch mal zu, was der alte Ritter Hans von Nien¬
kerken an das Gerichte ſchreibt!“ Und hierauf las er
uns für: daß ſein Sohn alſo verſtürzt ſei, über die Sage
ſo die vermaledeiete Hexe auf ihn gethan, daß er von
Stund an krank worden wäre, und ihme, dem Vater
ginge es auch nicht beſſer. Sein Sohn Rüdiger, wäre
wohl einige Mal, wenn es der Weg ſo gefüget, beim
Pastore Schweidler eingekehret mit dem er auf einer
Reiſe Kundſchaft gemachet, ſchwüre aber, daß er ſchwarz
werden wölle, wenn er jemalen mit der verfluchten Teu¬
felshuren, ſeiner Tochter, irgend eine Kurzweil oder Nar¬
rentheiding betrieben, geſchweige Nachts auf dem Berg
geweſt wäre, und ſie dort umbhalſet hätte.

Auf ſolche erſchröckliche Botſchaft fielen wir Beide
(verſtehe mein Töchterlein und ich) zu gleicher Zeit in
Unmacht, angeſehen wir auf den Junker annoch unſere
letzte Hoffnung geſetzet, und weiß ich nicht, was man wei¬
ters mit mir fürgenommen. Denn als ich wieder bei
mir kam, ſtund der Krüger Conrad Seep über mir, und
hielt mir einen Trichter zwüſchen den Zähnen in welchen
er mir eine Bierſuppen einkellete, und hatte ich mich
niemalen elender in meinem Leben befunden, wannen¬
hero Meiſter Seep mich auch wie ein klein Kindlein aus¬
ziehen und zu Bette bringen mußte.


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[161/0177] und ich mit in das Zimmer trate, hielt Dn. Consul einen Brief in der Hand, und nachdem er dreimal aus¬ geſpucket, hube er an: „willſtu noch leugnen du verſtockte Hex? horch mal zu, was der alte Ritter Hans von Nien¬ kerken an das Gerichte ſchreibt!“ Und hierauf las er uns für: daß ſein Sohn alſo verſtürzt ſei, über die Sage ſo die vermaledeiete Hexe auf ihn gethan, daß er von Stund an krank worden wäre, und ihme, dem Vater ginge es auch nicht beſſer. Sein Sohn Rüdiger, wäre wohl einige Mal, wenn es der Weg ſo gefüget, beim Pastore Schweidler eingekehret mit dem er auf einer Reiſe Kundſchaft gemachet, ſchwüre aber, daß er ſchwarz werden wölle, wenn er jemalen mit der verfluchten Teu¬ felshuren, ſeiner Tochter, irgend eine Kurzweil oder Nar¬ rentheiding betrieben, geſchweige Nachts auf dem Berg geweſt wäre, und ſie dort umbhalſet hätte. Auf ſolche erſchröckliche Botſchaft fielen wir Beide (verſtehe mein Töchterlein und ich) zu gleicher Zeit in Unmacht, angeſehen wir auf den Junker annoch unſere letzte Hoffnung geſetzet, und weiß ich nicht, was man wei¬ ters mit mir fürgenommen. Denn als ich wieder bei mir kam, ſtund der Krüger Conrad Seep über mir, und hielt mir einen Trichter zwüſchen den Zähnen in welchen er mir eine Bierſuppen einkellete, und hatte ich mich niemalen elender in meinem Leben befunden, wannen¬ hero Meiſter Seep mich auch wie ein klein Kindlein aus¬ ziehen und zu Bette bringen mußte. 11

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/177>, abgerufen am 24.04.2024.